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"Wellerman": Warum ein 200 Jahre alter Song viral geht
Bei TikTok begeistert der Shanty "Wellerman" Millionen. Offenbar spricht das Seemannslied aus dem 19. Jahrhundert in Pandemiezeiten vielen aus der Seele.
Den Song von Seeleuten, die auf ihren Walfischfängern ausharren und sehnsüchtig auf den Nachschub von Proviant wie Zucker, Rum und Tee warten, stimmten die Menschen schon vor zwei Jahrhunderten an. Dass er 2021 auf Plattformen wie TikTok durch die Decke geht und zum kulturellen Phänomen avanciert, hat wohl mit der Pandemie-Situation zu tun, die die Welt seit einiger Zeit zum Innehalten und Warten auf bessere
Zeiten zwingt.
Urheber des weltweiten "Wellerman"-Booms ist der schottische Briefträger Nathan Evans. Ende Dezember 2020 postete er seine Version des neuseeländischen Shantys. Zuvor hatte der 26-Jährige schon andere Seemannslieder hochgeladen, seine s c h wu n gvol l e Wel l er ma nInterpretation wurde nun zum viralen Hit. Über 157 Millionen
Likes hat er bei TikTok schon eingeheimst - und auch auf anderen Plattformen sozialer Medien ist sein Song ein Quotenrenner. Auf Twitter stellte er ihn ein mit dem Kommentar: "Ich hoffe, der Song gefällt euch. Ich schreibe übrigens auch selbst Musik und stelle sie auf Spotify. Sucht einfach auf allen Streaming-Diensten nach 'NathanEvanss'!
Auch Skeptiker, die "Wellerman" anfangs skeptisch gegenüber standen, kamen irgendwann zu dem Schluss: "Das hat was."
Die Wissenschaftsjournalistin Leigh Cowart glaubt, eine Erklärung gefunden zu haben, warum gemeinsam gesungene Seemannslieder derzeit so populär sind: "Wir Menschen genießen es sehr, Dinge gleichzeitig zu tun", twitterte sie. "Aber die meisten von uns mussten darauf wegen der Abstandsregeln monatelang verzichten."
Das 200 Jahre alte Shanty bringt aber nicht nur die Gefühle während der Pandemie überraschend gut auf den Punkt. Es beruhigt auch, wenn man sich den Sturm auf das US-Kapitol und das zweite ImpeachmentVerfahren gegen Donald Trump vor Augen führt. Und einfach nur denkt: "Alles wird gut."
Adaption ins Deutsche: Suzanne Cords.