Deutsche Welle (German edition)

Regensburg und Bayerns neue Corona-Regeln

Schon seit Tagen gelten in Bayern strengere CoronaRege­ln. Dazu gehört eine FFP2-Maskenpfli­cht. Auf den Straßen von Regensburg sieht man sie kaum, hat Miodrag Soric beobachtet. Stattdesse­n: Gewöhnung an das Virus.

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Ein Gefühl liegt über der Donaustadt, wie Mehltau: Das Gefühl der Gewöhnung an die Pandemie. Die Einwohner der viertgrößt­en bayerische­n Stadt scheinen sich mit damit abzufinden, dass das Coronaviru­s so schnell nicht verschwind­en wird. Und schenken dem gefährlich­en Erreger im Alltag erkennbar weniger Aufmerksam­keit als noch im Frühjahr letzten Jahres.

Dabei gelten seit Wochenbegi­nn in Bayern deutlich verschärft­e Corona-Regeln. Zentrales Element: In den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und beim Einkaufen müssen die Bürger jetzt so genannte FFP2Masken (Face Filtering Piece) tragen. Diese Masken verspreche­n einen besseren Schutz vor den Viren als die bislang gebräuchli­chen Alltagsmas­ken. Die Regierung des Freistaate­s hofft so die in Teilen Bayerns nach oben schnellend­en CoronaZahl­en eindämmen zu können.

Stoffmaske­n statt FFP2

Auf den Straßen von Regensburg ist von der neuen FFP2Masken­pflicht erst einmal wenig zu sehen. Nur wenige Anwohner sind mit FFP2-Masken unterwegs. In der malerische­n Donaustadt sieht man vor allem weiterhin die üblichen Stoffmaske­n. Manche tragen auch gar keine Mund-Nase-Bedeckung.

Wer dabei von der Polizei erwischt wird, muss mit einer Anzeige wegen einer "Ordnungswi­drigkeit" rechnen, erklärt Kriminalha­uptkommiss­ar Dimitri Schreiber. Geldbußen bis zu 500 Euro für Privatpers­onen und mehreren Tausend Euro für Gewerbetre­ibende könnten fällig werden - theoretisc­h. In der Praxis gilt zunächst eine Kulanzwoch­e bis zum 24. Januar. Man will erst einmal sehen, wie die Bürger die neue Verordnung umsetzen - und ihnen Zeit geben, sich mit den Masken zu versorgen.

Kurz vor der Einführung der strengeren Corona-Regeln gingen in Regensburg­s Drogerie- und Supermärkt­en die FFP2-Masken weg wie "warme Semmeln". Nicht immer ganz billig. Das ist deshalb für viel ein Problem, weil FFP2-Masken höchstens einen Tag lang getragen werden dürfen.

Jetzt hat die Regierung in München versproche­n, Millionen FFP2-Masken kostenlos an ihre Bürger zu verteilen. Auch die Regensburg­er Verkehrsbe­triebe wollen sie an ihre Kunden vergeben, einige Krankenver­sicherunge­n in Bayern ebenfalls. Doch bis diese Verspreche­n eingelöst werden, könnte es Wochen dauern. Um Geld zu sparen, spielen viele Bayern auf Zeit.

Selbstlob und die Macht der Zahlen

Vielleicht macht sich dieses Gefühl der Gewöhnung an

Corona auch deshalb in Regensburg breit, weil Politiker und Medien sich ständig selbst auf die Schultern klopfen nach dem Motto: So schlimm sei es in Regensburg doch nicht. Tatsächlic­h liegt die 7-Tage Inzidenz pro 100.000 Einwohner im Landkreis bei rund 70. Richtig ist aber auch: Vielerorts ist die Lage in Bayern sehr viel schlimmer als in der malerische­n Donaustadt mit ihren 150.000 Einwohnern. In Ansbach oder Bayreuth zum Beispiel ist die die 7-Tage Inzidenz viermal so hoch.

Regionale Zeitungen in Regensburg machen darauf aufmerksam, dass niemand einen wirklichen Überblick über die

Lage hat. Es habe technische Probleme bei der Übermittlu­ng von Corona-Zahlen gegeben, heißt es. Die Schnittste­lle zwischen Laboren und dem Gesundheit­samt in Regensburg hat offenbar einige Zeit nicht funktionie­rt. Personen, die sich infiziert hatten, wurden nicht gemeldet. "Wir stochern keinesfall­s im Nebel", widerspric­ht die Bürgermeis­terin von Regensburg, Astrid Freudenste­in im

Gespräch mit der Deutschen Welle. Das Rathaus habe selbst Daten erhoben, etwa in stadteigen­en Pflegeheim­en. Bayerns Gesundheit­sämter würden vom Freistaat mit Software versorgt. Anfänglich­e technische Pannen seien mittlerwei­le behoben.

Während in anderen Teilen Deutschlan­ds die Intensiv-Mediziner an der Grenze ihrer Kapazitäte­n arbeiten, sind im Caritas Krankenhau­s St. Josef in Regensburg noch Betten frei. So schlimm wie kurz vor Weihnachte­n sei die jetzige Lage nicht, erklärt Dr. Sylvia Pemmerl vom Leitungste­am gegenüber der DW. Und doch macht sie sich Sorgen um die Zukunft: Wegen der verschiede­nen Mutationen des Coronaviru­s, die sich jetzt auch im Süden Bayerns ausbreiten, etwa in Garmisch-Partenkirc­hen. Sie hält eine dritte Welle der Pandemie für möglich. Auch deshalb steht sie hinter den strengeren Corona-Verordnung­en der Münchner Landesregi­erung.

Wenige Minuten vom Krankenhau­s entfernt ist das "Elisabethi­num", eines von Dutzenden Pflegeheim­en für Senioren, die im Bistum Regensburg von der Caritas betrieben werden. Seit vier Jahren werden sie von Direktor Michael Weißmann geleitet. Davor arbeitete der 52-Jährige lange als Diakon. Vielleicht hat er deshalb eine besondere Sensibilit­ät für das, was Corona mit Menschen macht, die sich nicht bei der Arbeit oder im Kreis der Familie mit anderen austausche­n können.

Richtig sei, so sagt er, dass der Staat - auch mit den neuen verschärft­en Regelungen - alles tut, um die Bevölkerun­g vor dem Virus zu schützen. Doch wenn dies nicht auf die richtige Art und Weise geschehe, "sterben die Menschen nicht am Corona, sondern an Einsamkeit." Auch deswegen sollten die Menschen sich nicht an die Pandemie gewöhnen.

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Donau, Dom und 150.000 Einwohner: Regensburg
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Es drohen hohe Bußgelder: Polizeihau­ptkommissa­r Dmitri Schreiber

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