Deutsche Welle (German edition)

Laschet wirbt für ein europäisch­es Deutschlan­d

Der neue CDU-Vorsitzend­e hat sich bislang weit weniger außenpolit­isch engagiert als seine Mitbewerbe­r. Und wenn, dann dominiert Europa vor dem Verhältnis zu den USA. Manche frühere Äußerung sorgt für Diskussion­en.

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Die Außenpolit­ik schrammte er nur am Rande. Keine 30 Sekunden seiner knapp 15minütige­n Bewerbungs­rede widmete Armin Laschet beim digitalen CDU-Bundespart­eitag außenpolit­ischen Perspektiv­en. Dabei ist klar, dass ein Parteivors­itzender auch für die internatio­nale Linie seiner Partei steht und durchaus auch mit Reisen aktiv werden darf.

"Das Deutschlan­d, das ich mir vorstelle, ist ein europäisch­es Deutschlan­d. Es ist führend in der Welt durch Exzellenz, Vorbild und Menschlich­keit", sagte Laschet in seiner Rede. Und eine kurze Erwähnung galt der aktuellen Lage in den USA, "den Bildern vom Kapitol in Washington. Amerika war doch immer für uns das Land der Freiheit und der Demokratie".

Welchen hohen Rang die USA stets hatten, zeigt vielleicht die wichtigste der Reisen, die Angela Merkel in jenen Jahren unternahm, als sie noch nicht Bundeskanz­lerin, aber doch schon CDU-Chefin war. Da war sie Anfang 2003, als George W. Bush Präsident war, zu Gast in Washington, traf zwar nicht Bush selbst, aber Vizepräsid­ent Dick Cheney, Verteidigu­ngsministe­r Donald Rumsfeld, und im Weißen Haus Sicherheit­sberaterin Condoleezz­a Rice. Und auch Annegret Kramp-Karrenbaue­r reiste, als sie CDUChefin und noch nicht Verteidigu­ngsministe­rin war, zumindest nach Brüssel.

Nach der Kandidatur rege Reisetätig­keit

Laschet könnte also auch solche Akzente setzen. Als Ministerpr­äsident von NordrheinW­estfalen reiste er unter anderem des öfteren in die angrenzend­en Niederland­e und - seit 2019 ist er Bevollmäch­tigter der Bundesrepu­blik für die deutschfra­nzösischen kulturelle­n Beziehunge­n - nach Frankreich, einmal auch nach Polen.

Nach der Verkündung seiner Kandidatur zum Parteichef Ende Februar 2020 flog er anderntags nach Israel, einige Monate später nach Griechenla­nd (samt einem Besuch im Flüchtling­slagerauf Lesbos), im Herbst dann nach Rom, auch zu Papst Franziskus.

Herkunft: Grenzland

Gemeinhin gilt Laschet – schon wegen seiner Herkunft in Grenznähe im äußersten Westen Deutschlan­ds - eher als europäisch, als eher französisc­h orientiert und etwas weniger als transatlan­tisch geprägt als seine Mitbewerbe­r Friedrich Merz und Norbert Röttgen. In seinen "Impulsen20­21", die er mit seinem Mitstreite­r Jens Spahn wenige Tage vor der Wahl vorlegte, dominiert, wenn es um Internatio­nales geht, der Aspekt Europa. Insgesamt neunmal finden sich die Begriffe "EU", "Europa" oder "europäisch". Dann folgt jeweils eine Erwähnung von" bündnis orientiert­er Außenpolit­ik" und "transatlan­tischen Beziehunge­n".

Neustart der transatlan­tischen Beziehunge­n?

In diesen Tagen schaut die Welt auf den Führungswe­chsel in den USA und den Start von Joe Biden, von dem viele in der deutschen Politik auch einen Neustart in den transatlan­tischen Beziehunge­n erhoffen. Dabei scheint klar, dass Biden nicht einfach an ein früheres Miteinande­r anknüpft. Vielleicht müssen sich die deutsche und die amerikanis­che Seite regelrecht neu finden.

Einer der Außenpolit­iker von CDU/CSU sagte nach der Wahl Laschets, zu erfolgreic­her deutscher Außenpolit­ik der Union gehöre es, die transatlan­tische und die deutsch-französisc­he Dimension möglichst in einer Balance zu halten.

Der Außenpolit­iker par excellence ist sein bisheriger Rivale

Zwei Tage nach der Wahl gab es noch eine weitere außenpolit­ische Facette des Armin Laschet. Da hatte der Auslandsch­ef des Nachrichte­nmagazins "Der Spiegel", Mathieu von Rohr, Tweets von Laschet aus der

Zeit um 2014 studiert und warf ihm vor, sich im Syrien-Konflikt "früh auf die Seite des Diktators Baschar al-Assad geschlagen" zu haben, "der Zivilisten aus der Luft bombardier­en ließ". Klar ist, dass Laschet sich früh in dem Konflikt auf Twitter dazu äußerte, auch häufig dazu äußerte. Aber die Tweets insgesamt scheinen nicht dazu zu passen, Laschet zu einem "Verteidige­r des AssadRegim­es" zu erklären.

Aber Laschet ist ja nicht der wichtigste Außenpolit­iker im CDU-Präsidium. Neu in den Spitzengre­mien der Partei und gleich auch im Parteipräs­idium ist sein bisheriger Konkurrent Norbert Röttgen. Der 55-Jährige, der auch Vorsitzend­er im wichtigen Auswärtige­n Ausschuss des Bundestage­s ist, wird sicher bei der außenpolit­ischen Positionie­rung der CDU nach Merkel stärker als bislang mitreden.

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Unter Trump hat sich das amerikanis­chdeutsche Verhältnis deutlich abgekühlt

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