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Tschechiens Piraten auf dem Weg zur Regierungspartei?
Die tschechischen Piraten sind die erfolgreichste Piratenpartei der Welt. Sie stellen den Bürgermeister von Prag und die drittstärkste Fraktion im Abgeordnetenhaus. Experten meinen, sie könnten die nächste Wahl gewinnen.
Glaubt man den Umfragen, dann sind sie mittlerweile die zweitbeliebteste politische Partei in der Tschechischen Republik. Sicher ist: Die tschechischen Piraten stellen mit Zdeněk Hřib den Bürgermeister der Hauptstadt Prag und sind zudem die drittstärkste Fraktion im Abgeordnetenhaus, der zweiten Kammer des Parlaments. Der Pirat Marcel Kolaja ist zudem einer der Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments.
Damit ist die tschechische Piratenpartei der Star in der europäischen Piratenbewegung. Die entstand vor ca. 10 Jahren im Kampf für ein freies Internet. Nach einem hoffnungsvollen Start aber kamen die meisten Piratenparteien in den meisten Ländern nicht über ihr ursprüngliche Thema hinaus. Heute sind Piraten außer in Tschechien nur noch in Island und Luxemburg im Parlament vertreten. Die tschechischen Piraten haben ein vollwertiges Parteiprogramm für alle Politikbereiche.
Am 13. Januar 2021 haben sich Tschechiens Piraten nun mit der „Bewegung der Bürgermeister und Unabhängigen" (STAN) auf eine Zusammenarbeit im Wahlkampf für die am 8. und 9. Oktober 2021 anstehenden Wahlen geeinigt. Laut Umfragen hat die neue Koalition die Unterstützung von knapp dreißig Prozent der Wähler - und ist damit populärer als die ANOBewegung des Premierministers und Oligarchen Andrej Babiš, der die tschechische politische Szene seit mehr als sechs Jahren beherrscht und zur Zeit um die 26 Prozent der Stimmen erhalten würde.
Sollten Piraten und STAN die Abstimmung Anfang Oktober wirklich gewinnen, wird die stärkere der beiden Parteien die Regierung führen. "Ich würde gerne in der Regierung sitzen, in der Ivan Bartoš Premierminister ist", bekennt STAN-Vorsitzender Vít Rakušan bereits jetzt im tschechischen Rundfunk. Bartoš, ein 40jähriger Informatiker mit zwei Doktortiteln und neun Jahren Erfahrung an der Spitze der Piratenpartei, sei "mit der nötigen Intelligenz, ausreichend Kompetenzen und dem Engagement ausgestattet, das nötig ist, um höchste Führungsposition auszufüllen", so Rakušan weiter.
Experten in Tschechien halten einen Wahlsieg des Bündnisses für durchaus möglich. "Es kann sogar sein, dass ihr Wahlergebnis noch höher liegt, als die einfache Summe der Wähler beider Parteien", sagt Politikwissenschaftler Tomáš Lebeda von der Palacký-Universität in Olomouc gegenüber der DW. Das gelte besonders dann, wenn es vor den Wahlen so aussieht, als hätten Piraten und STAN eine Chance zu gewinnen. "Es gibt eine große Gruppe unter den tschechischen Wählern, die immer für den Favoriten stimmen", erklärt Lebeda.
Auch Lubomír Skopeček von der Masaryk-Universität in Brno meint, dass das Wahlbündnis aus Piraten jund STAN die BabišPartei ANO noch weiter überholen könnte - wegen Corona: "Weil die jetzige Regierung die Virus-Krise nicht unter Kontrolle kriegt, befinden wir uns in einer Situation, in der die Koalition aus Piraten und STAN wirklich ein Konkurrent sein könnte, der ANO schlagen kann." Die Tschechische Republik wies in den vergangenen Monaten den höchsten Anstieg an CoronaInfizierungen weltweit auf. Bei der Zahl der Todesfälle ist das Land führend in Europa.
Laut Politikwissenschaftler Lebeda sind die tschechischen Piraten so erfolgreich, weil sie die "Nachfrage der Wähler nach neuen Parteien" erfüllen. "Die Menschen hier wurden von den traditionellen politischen Parteien enttäuscht und wollen mit neuen, unkonventionellen Gruppierungen experimentieren", so Lebeda gegenüber der DW.
Dafür eigenen sich die tschechischen Piraten für Lebeda auch deshalb, weil sie im Gegensatz zu den meisten anderen Piraten in Europa keine eindeutig linke Formation sind. "Diejenigen meist jungen Tschechen, die den größten Teil der PiratenWählerbasis im Land bilden, stufen sich eher als liberal ein denn als links."
Das hielt Premier Andrej Babiš nicht davon ab, die neue politische Konkurrenz vor kurzem als "Migration unterstützende, neokommunistische Partei" und ihre Mitglieder als "extreme Linke und Neomarxisten" zu bezeichnen. Piraten-Vorsitzender Ivan Bartoš reagierte ironisch: "Es freut mich, dass dies von einem Mann gesagt wird, der ohne Skrupel mit den Ex-Kommunisten regiert, Agent der Staatssicherheit und Mitglied der kommunistischen Partei war."
Zentral im Programm und prägend für das Auftreten der Piraten im tschechischen Parlament ist die Antikorruptionspolitik. Keine politische Formation in Tschechien weißt so häufig darauf hin, dass Interessenkonflikte entstehen müssen, wenn der Premier eines Landes ein Oligarch und Medienmagnat ist - wie Tschechiens ANO- Premier Andrej Babiš. Auch, dass das von Babiš gegründete Unternehmen Agrofert-Gruppe einer der größten Empfänger von EU- Subventionen in Tschechien ist, machen die Piraten immer wieder zum Thema.
Die Piraten kritisieren auch die digitale Rückständigkeit der tschechischen Staatsverwaltung. Sie fordern, den Übergang zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft zu forcieren, ganz wie ihre Partner im Europäischen Parlament, die Fraktion der Grünen/ Europäische Freie Allianz. "Wir sind einer der liberalsten Teile dieser Fraktion", betont die tschechische Piraten-Europaabgeordnete Markéta Gregorová gegenüber der DW.
Die tschechischen Piraten setzen sich auch weiterhin für das ursprünglichen Ziele der Piratenbewegung ein: eine liberale Auslegung des Urheberrechtsschutzes im Internet. Sie kämpfen zudem für die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare. Mit den europäischen Grünen fordern sie radikale Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels bzw. zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der EU.
Überhaupt befürworten die tschechischen Piraten eine Stärkung der Europäischen Union. Vor allem das Europaparlament soll stärker werden. "Ich empfinde es als ein großes Demokratiedefizit, wenn der Gesetzgeber, das Europäische Parlament, keine eigenen Gesetze vorschlagen kann", betont Marcel Kolaja, Piraten-Europaabgeordneter und Vizepräsident des Europäischen Parlament.
Das westliche Verteidigungsbündnisses NATO sehen die tschechischen Piraten kritisch - ohne es abzulehnen. "Wir wollen, dass Europa eine unabhängigere Rolle in der NATO spielt", so Europaabgeordnete Markéta Gregorová gegenüber der DW. "Aber wir wollen auch, dass die Tschechische Republik Mitglied dieser Allianz bleibt."
toren stünden in der Pflicht, so Aberle.
Initiative "Land for Life Sierra Leone" im DW-Interview.
Das Unternehmen habe den Menschen dort großes Leid zugefügt - von den Sprengungen über Staubdunst, Wasserknappheit und wirtschaftlichen Entbehrungen. "Wenn Investmentgesellschaften ein Stück Land übernehmen und die Straßen verbarrikadieren, sodass Bauern, Fischer und andere Landnutzer keinen Zugang haben, erwarten die Menschen, dass alternative Lebensgrundlagen durch angemessene Lohnarbeit, KLeinstkredite für Frauen oder finanzielle Entschädigung bereitgestellt werden. Ohne diese gibt es immer Kummer und Groll, der später zu gewalttätigen Reaktionen führen kann," sagt Lebbie.
Mit der Zunahme von Unternehmens- und Finanzinvestitionen werde der Besitz und die Kontrolle von Land immer undurchsichtiger, sagte Ward Anseeuw, Analyst bei ILC und Mitautor des Berichts. "Landbesitz ist in Afrika in vielen Ländern Staatseigentum. Die Gemeinden bewirtschaften es lediglich. Sie können den Grund und Boden verwalten, mit Hilfe von Landkomitees." Aber oftmals funktioniere das Kollektiv nicht, zum Beispiel wenn ein lokaler Führer nach eigenem Interesse handele. Oder wenn es keine demokratischen Strukturen gebe, die die Regeln respektierten. Laut Anseeuw seien diesen Landkollektive aber zu begrüßen, wenn sichergestellt werde, dass sie alle Mitglieder vertreten.
Mehr Leitlinien seien auch positiv für Transparenz. "Die Verkäufe und Übergaben, die Preise und Größe der Flächen - dafür muss es Regeln geben", fügt er im DW-Interview hinzu. Regierungen, Investoren und der Privatsektor sollten noch stärker zur Verantwortung gezogen werden - dafür gebe es bereits Forderungen von Weltbank und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Da müsse Druck gemacht werden, dass Investoren und Regierungen ihre Projekte und Finanzierungen öffentlich machten, fordert Anseeuw.
Der Zivilgesellschaft mit ihren Initiativen, aber auch akademischen Institutionen käme eine wichtige Rolle zu: Sie sollen Landverkäufe und die Nutzung besser prüfen. Das gehe mit Verpflichtungen einher: Diesen Organisationen sollten auch Rechte eingeräumt werden, Landgeschäfte zu blockieren oder ein Vorkaufsrecht zu besitzen.
"Grundbesitz-Steuern könnten auch auferlegt werden. Das gibt es in vielen Ländern in den urbanen Zentren, nicht auf dem Land. Derartige Regulierungen sind wichtige Instrumente in einer stärker globalisierten Welt", findet Anseeuw. Das bedeute mehr Kontrolle über die Konzerne und Finanzakteure in der Landwirtschaft. Das Problem: "Wir haben es mit sehr mächtigen Akteuren zu tun."