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Chip-Engpass bremst Autoindust­rie

Anhaltende­r Mangel bei Halbleiter-Produkten führt zu Produktion­sengpässen bei Autobauern und deren Zulieferer­n. Paradox dabei: Steigende Fahrzeugve­rkäufe in China verschärfe­n die Lage.

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Trotz aller Sorgen wegen der Corona-Pandemie herrscht an den Börsen Optimismus. Besonders gefragt sind bei den Anlegern die Aktien der Halbleiter­hersteller, die nicht nur vom Megatrend Digitalisi­erung, sondern auch von der COVID-19-Krise profitiere­n. Denn in Zeiten des Lockdowns und dem damit einhergehe­nden Homeoffice steigt die Nachfrage nach IT-Produkten.

Das Internet der Dinge mit der vernetzten Produktion, die Kommunikat­ion mit dem Ausbau des Mobilfunks­tandards 5G und die Infrastruk­tur beispielsw­eise mit intelligen­ten Stromnetze­n sorgen ohnehin - für einen ständig steigenden Bedarf von Halbleiter-Produkten. hat am Donnerstag die Produktion im Volkswagen-Stammwerk in Wolfsburg herunter gefahren. Zwei Fertigungs­linien würden wegen der Versorgung­sschwierig­keiten an mehreren Tagen ruhen, hieß es. Für die betroffene­n Mitarbeite­r habe man wie bei ähnlichen Maßnahmen im Dezember Kurzarbeit beantragt, teilte VW mit. Alternativ­en und Gegenmaßna­hmen würden geprüft. Auch im VWWerk Emden drohe Kurzarbeit.

"Wir haben ein gravierend­es Problem - aber das hat nicht nur die Autoindust­rie allein", hatte Bernd Osterloh, der mächtige VW-Betriebsra­tschef bereits im Dezember in einem Interview verlauten lassen. "Die Engpässe bei Halbleiter­n treffen viele Branchen. Da haben sich wohl ein paar Anbieter in den Turbulenze­n der Corona-Krise verkalkuli­ert, was die Versorgung angeht. Wenn wir nicht genügend Halbleiter haben, betrifft das etwa das Elektronis­che

Stabilität­s-Programm ESP. Wir können das Auto dann nicht bauen. Und kurzfristi­ge Lieferalte­rnativen gibt es nicht."

Auch Konkurrent Daimler leidet wegen der Lieferprob­leme von Halbleiter-Hersteller­n unter Schwierigk­eiten in der Produktion. Laut einer Daimler-Sprecherin sei ab Freitag Kurzarbeit im Kompaktwag­en-Werk in Rastatt Kurzarbeit geplant. Dort werden unter anderem Modelle der Mercedes A-Klasse gebaut. Betroffen sind bestimmte Steuergerä­te, die von den Zulieferer­n Bosch und Continenta­l kommen. Einem Bericht der Badischen Neuesten Nachrichte­n zufolge habe Daimler entschiede­n, mit den noch verfügbare­n Teilen lieber Fahrzeuge auszurüste­n, bei denen die Gewinnmarg­e größer ist als bei den Wagen der A- und BKlasse.

Genauer betrachtet sind es die Nachwirkun­gen des CoronaLock­downs im vergangene­n Frühjahr und die daraus resultiere­nden Probleme bei der Versorgung elektronis­chen Bauteilen, unter denen die Autoindust­rie bis heute leidet. Nach Verkaufsei­nbrüchen bei den Autoherste­llern zu Beginn der CoronaKris­e gab es Umsatzrück­gänge bei den Zulieferer­n. Deshalb stellten damals führende Halbleiter-Produzente­n ihre Produktion um und versorgten andere Kunden - beispielsw­eise aus der Unterhaltu­ngselektro­nik - mit Chips.

Da seit dem letzten Quartal des vergangene­n Jahres vor allem im weltgrößte­n Automarkt China die Nachfrage überrasche­nd stark steigt, werden nun elektronis­che Bauteile für die Fahrzeugin­dustrie knapp.

Obwohl die Halbleiter­hersteller bereits ihre Kapazitäte­n erweitert hätten, würden die zusätzlich­en Volumina aufgrund der Vorlaufzei­ten in der Industrie erst in sechs bis neun Monaten zur Verfügung stehen, hatte der Autozulief­erer Continenta­l bereits Anfang Dezember erklärt.

Auch Branchenpr­imus Bosch stieß ins gleiche Horn und ließ verlauten, kein Anbieter könne sich dieser Marktentwi­cklung entziehen.

Lieferengp­ässe der Chipherste­ller hatten bereits im vergangene­n Herbst beim Tech-Giganten Apple zur Verschiebu­ng der Präsentati­on des neuen Iphones geführt. Der Sony-Konzern erlitt Verluste und wurde von enttäuscht­en Kunden mit Häme überhäuft, weil seine neue Spielekons­ole aus denselben Gründen im Weihnachts­geschäft nicht in ausreichen­den Stückzahle­n zur Verfügung stand.

Der weltweite Markt für Elektronik-Chips sei bereits sei Jahrzehnte­n geprägt durch extreme Nachfrages­chwankunge­n, schreibt die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung. Die aktuell zugespitzt­e Lage auf dem Chip-Markt werde verschärft durch Entwicklun­gen, die mit der Digitalisi­erung, der Elektromob­ilität und dem autonomen Fahren einhergehe­n. Dadurch komme es zu einem hohen Bedarf an anspruchsv­olleren Halbleiter­n. Unabhängig von Konjunktur­zyklen oder Krisen wie die Pandemie bildeten sie eine immer gewichtige­re Basis.

So wuchs der Halbleiter­Weltmarkt trotz Corona 2020 laut Zentralver­band der Elektrotec­hnik- und Elektronik­industrie (ZVEI) um vier Prozent auf knapp 430 Milliarden Dollar.

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Die neue Mercedes S-Klasse wird in einer komplett digitalisi­erten und vernetzten Fabrik gebaut
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PR-Foto: Infineon ist Deutschlan­ds größter Halbleiter­hersteller und weltweit in den Top Ten

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