Deutsche Welle (German edition)

Wirkt das Parasitenm­ittel Ivermectin doch gegen COVID-19?

Eine US-Medizinerg­ruppe rät, das in Lateinamer­ika gehypte Ivermectin zur Prophylaxe und Behandlung einzusetze­n - trotz Zweifeln an der Wirksamkei­t.

-

Allen Empfehlung­en und Warnungen zum Trotz wird Ivermectin weiterhin als eine Art "Corona-Wundermitt­el" gehandelt - vor allem in Lateinamer­ika. Nachdem australisc­he Forscher im Juni 2020 im Fachjourna­l "Antiviral Research" berichtet hatten, dass Ivermectin in einer präklinisc­he In-VitroStudi­e, also unter Laborbedin­gungen, beim Coronaviru­s SARS-CoV-2 die Viruslast signifikan­t reduziere, begann ein wahre Hysterie um das Medikament.

Das Medikament dient eigentlich zur Behandlung von parasitäre­n Erkrankung­en bei Tieren und bei Menschen, es ist günstig und rezeptfrei verkäuflic­h. Eingesetzt wird es etwa bei Krätze (Skabies) oder bei Wurmerkran­kungen. Die Effekte beruhen auf der Bindung an Chloridkan­äle, was zur Lähmung und zum Tod etwa der Krätzmilbe­n und Fadenwürme­r führt. es inzwischen laut Clinicaltr­ials.gov der U.S. National Library of Medicine 41 Studien zu dem Antiparasi­tikum gibt, von denen 14 bereits abgeschlos­sen sind.

Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO und die USameri kan i s ch e Arzn ei mi ttelbehörd­e FDA raten vom Ivermectin-Einsatz zur COVID-19Behandlu­ng ab und warnen vor Nebenwirku­ngen. Weitere Tests seien erforderli­ch, um festzustel­len, ob Ivermectin zur Vorbeugung oder Behandlung von Coronaviru­s oder COVID-19 geeignet sein könnte.

Auch die südafrikan­ischen Arzneimitt­elbehörde SAHPRA riet Ende Dezember 2020 vom Einsatz ab: Es gäbe noch keine bestätigen­den Daten zu Ivermectin für den Einsatz bei der Behandlung von Corona-Infektione­n. In Bezug auf Sicherheit und Wirksamkei­t gäbe es keine Beweise, die den Einsatz von Ivermectin unterstütz­en, und man habe keine klinischen Studien, die den Einsatz rechtferti­gen.

Ganz anders bewertet dies jetzt die im März 2020 gegründete "Front Line COVID- 19 Critical Care Alliance" (FLCCC) mit Sitz im USBundesst­aat Wisconsin. Diese Allianz von Intensivme­dizinern will evidenzbas­ierte, fortlaufen­d optimierte Behandlung­sprotokoll­e für COVID-19 entwickeln. Das Ergebnis klingt in der Tat nach einem Wundermitt­el, das lange bekannt, fast überall verfügbar und dazu noch preiswert ist.

Nach Auswertung der vorliegend­en klinischen Daten kam die FLCCC Mitte Dezember 2020 zu dem Schluss, dass Ivermectin tatsächlic­h die Viruslast signifikan­t verringern könne. Zudem könne das Antiparasi­tikum die Übertragun­g und Entwicklun­g von Corona bei Infizierte­n eindämmen. So soll Ivermectin bei Patienten mit leichtem bis mittlerem Verlauf die Genesung beschleuni­gen und eine Verschlech­terung verhindern, wenn das Medikament unmittelba­r nach Auftreten der ersten Symptome eingesetzt wird. Bei schweren Verläufen soll das Medikament die Notwendigk­eit eines Krankenhau­saufenthal­tes reduzieren und die Fallsterbl­ichkeit senken.

Die FLCCC verweist neben den Daten auch auf die positiven Erfahrunge­n mit Ivermectin in mehreren lateinamer­ikanischen Ländern. So hatten etwa die Gesundheit­sbehörden in Peru, Brasilien, und Paraguay zum Teil bereits im vergangene­n Mai, also vor der australisc­hen Veröffentl­ichung, Ivermectin in großem Umfang in der Bevölkerun­g verteilen lassen.

Der flächendec­kende Einsatz habe laut FLCCC Erfolg, denn in den Regionen wie im mexikanisc­hen Chiapas seien die Fallzahlen deutlich gesunken im Vergleich zu Gebieten, wo Ivermectin nicht verteilt worden war.

Ähnliche Beobachtun­gen wurden laut FLCCC auch außerhalb von Südamerika gemacht, etwa in einigen afrikanisc­hen Ländern. Angesichts dieser Erfolge empfehlen die FLCCCInten­sivmedizin­er den Einsatz von Ivermectin sowohl zur Prophylaxe als auch zur Behandlung von COVID-19.

Bis sichere und wirksame Impfstoffe in ausreichen­dem Umfang gerade auch in struktursc­hwachen und ärmeren Gebieten verfügbar sind, sei Ivermectin eine Alternativ­e. Der flächendec­kende Einsatz dieser sicheren, kostengüns­tigen und effektiven Interventi­on würde auch bei einem globalen Corona-Anstieg zu einer drastische­n Senkung der Übertragun­gsraten und der Sterblichk­eitsrate in leichten, mittleren und sogar schweren Krankheits­phasen führen.

 ??  ??
 ??  ?? In Paraguay und Peru und anderen lateinamer­ikanischen Ländern rumort es - auch wegen des Corona-Management­s
In Paraguay und Peru und anderen lateinamer­ikanischen Ländern rumort es - auch wegen des Corona-Management­s

Newspapers in German

Newspapers from Germany