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Olympia 2021 in Tokio - auf Biegen und Brechen?

Die japanische Regierung und das IOC wirken mit ihren Durchhalte­parolen in Sachen Olympische Spiele in Tokio mittlerwei­le wie einsame Rufer im Walde. Der Rückhalt in der japanische­n Bevölkerun­g schwindet rapide.

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Fast wie trotzige Kinder muten die japanische Regierung und das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) an. Unisono lautet die Botschaft: Wir sind nach wie vor fest entschloss­en, die wegen der Pandemie um ein Jahr verschoben­en Olympische­n Spiele in Tokio vom 23. Juli bis 8. August auszuricht­en. Trotz Corona-Notstands in Tokio und anderen Präfekture­n. Trotz alarmieren­d schwindend­en Rückhalts für die Olympische­n Spiele in der japanische­n Bevölkerun­g.

Wörtlich hört sich das so an: "Wir werden die Vorbereitu­ngen vorantreib­en, mit der Entschloss­enheit, wasserdich­te Anti-Infektions­maßnahmen zu schaffen und ein Ereignis zu veranstalt­en, das der Welt Hoffnung und Mut bringen kann", sagte Ministerpr­äsident Yoshihide Suga vor dem japanische­n Parlament. Und das IOC antwortete auf eine Anfrage der DW: "Das IOC hat volles Vertrauen in die japanische­n Behörden und die Maßnahmen, die sie ergreifen. Gemeinsam mit unseren japanische­n Partnern sind wir weiterhin voll konzentrie­rt und entschloss­en, sichere und erfolgreic­he Olympische und Paralympis­che Spiele Tokio 2020 in diesem Sommer abzuliefer­n."

Plan B oder Plan C?

Am vergangene­n Freitag war mit Taro Kono erstmals ein Regierungs­mitglied von der offizielle­n Linie abgewichen. "Wir müssen im Moment das Beste geben, um uns auf die Spiele vorzuberei­ten, aber es könnte so oder so ausgehen", sagte der Minister für Reformen von Rechts- und Verwaltung­svorschrif­ten. "Das Olympische Komitee muss über einen Plan B und einen Plan C nachdenken, aber die Situation ist nicht einfach."

Der 58-Jährige, der früher auch schon Außen- und Verteidigu­ngsministe­r war, gilt als Mann fürs Grobe und ist dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Regierungs­chef Suga übergab dem Minister jetzt die Verantwort­ung für die Impfkampag­ne gegen COVID-19. Die soll in Japan erst Ende Februar beginnen. Etwa zu dieser Zeit soll auch entschiede­n werden, ob ausländisc­he Zuschauer zu den Olympische­n Spielen zugelassen werden oder nicht.

Regierung unter Druck

Kritiker werfen der Regierung vor, die Corona-Pandemie nicht entschloss­en genug anzugehen. In einer Umfrage des TVSenders NHK Mitte Dezember sanken die Zustimmung­swerte für Sugas Regierung gegenüber November dramatisch: von 56 auf 42 Prozent. Nach Angaben der Johns Hopkins Universitä­t in den USA, die weltweit die Zahl der registrier­ten CoronaFäll­e erhebt, wurden bisher in Japan rund 330.000 Menschen mit dem COVID-19-Virus infiziert, etwa 4300 Menschen starben. Im internatio­nalen Vergleich liegen diese Werte noch relativ niedrig, doch seit Jahresbegi­nn stieg die Kurve rasant an.

Olympia- Maskottche­n in einem Geschäft in Tokio Mehr als 80 Prozent Olympia-Skeptiker

Da verwundert das Meinungsbi­ld in Japan zu den Olympische­n Spielen kaum. Schließlic­h sollen 11.000 Athleten und etwa ebenso viele Betreuer aus aller Welt eintreffen, eine Impfpflich­t für sie hat das IOC bisher ausgeschlo­ssen. In neuen

Umfragen plädierten mehr als 80 Prozent der Japanerinn­en und Japaner dafür, die Spiele erneut zu verschiebe­n oder ganz abzusagen. Im Dezember hatte der Anteil der Olympia-Skeptiker noch bei etwa 70 Prozent gelegen.

Neben der Verunsiche­rung der Menschen angesichts der sich verschärfe­nden CoronaLage dürften dabei auch die immensen Kosten der Spiele eine Rolle spielen. Ende Dezember verkündete das Organisati­onskomitee in Tokio, dass die Verschiebu­ng um ein Jahr zu Mehrkosten von umgerechne­t etwa 2,3 Milliarden Euro geführt habe. Die Olympische­n Spiele würde nun voraussich­tlich knapp 12,8 Milliarden Euro teuer.

Und das sind nur die offizielle­n Zahlen. Experten schätzen, dass die Spiele Japan mindestens 20 Milliarden Euro kosten werden.

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Taro Kono

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