Deutsche Welle (German edition)

Biden und das Klima: "Wie Frühlingsl­uft für den Klimaschut­z"

Die USA werden unter dem neuen Präsidente­n Joe Biden dem Pariser Klimavertr­ag wieder beitreten. Klimaschüt­zer auf der ganzen Welt, gerade auch in Deutschlan­d, haben riesige Erwartunge­n an den neuen Mann im Weißen Haus.

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So schnell kann es gehen: Erst Anfang November des vergangene­n Jahres war US-Präsident Donald Trump endgültig aus dem Klimavertr­ag von Paris von 2015 ausgetrete­n, nur wenige Wochen später gehören die USA wieder dazu. Fast euphorisch wird der neue US-Präsident Joe Biden von Umweltakti­visten dafür gefeiert.

So nannte die Chefin von "Greenpeace Internatio­nal", Jennifer Morgan, den Schritt Mitte der Woche "historisch". Weiter sagte sie in einer Videokonfe­renz internatio­naler Umweltgrup­pen: "Die ersten Wochen der Biden-Administra­tion werden ganz andere sein als die letzten der Obama-Regierung von vor vier Jahren." Die Klimakrise habe sich weiter zugespitzt, aber noch nie in der Geschichte der USWahlkämp­fe habe ein Kandidat dem Schutz des Klimas so viel

Aufmerksam­keit geschenkt wie Biden.

Bidens Schritt soll Startschus­s sein

Auch in Deutschlan­d sind die Erwartunge­n hoch. So sagt der Klimaexper­te der Umweltgrup­pe "Germanwatc­h", Christoph Bals, der DW: "Es ist zentral, dass Joe Biden die Rückkehr ins Pariser Abkommen als Startschus­s für die USA begreift, endlich entschiede­n mitzuwirke­n, den globalen Temperatur­anstieg auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen.

Zentral ist, dass auf dem Corona-Wirtschaft­sprogramm der USA nicht nur grün steht, sondern auch grün drin ist, dass das Land bald ein ambitionie­rtes Klimaziel für 2030 vorlegt und dass die USA endlich ihre Zusagen für internatio­nale Klimafinan­zierung einhalten."

Unter Trump vier Jahre Stillstand beim Klimaschut­z

Vier Jahre lang herrschte auf Regierungs­seite in den USA Stillstand beim internatio­nalen Klimaschut­z. Im Sommer 2017 hatte Donald Trump wahrgemach­t, was er im Wahlkampf angekündig­t hatte: Er sagte sich vom Pariser Klimavertr­ag los, in dem sich fast alle Staaten der

Welt 2015 verpflicht­et hatten, die Erdtempera­tur nicht um mehr als zwei Grad, besser nur um 1,5 Grad ansteigen zu lassen. Der Rückzug der USA war mit einem Federstric­h erledigt.

Denn die komplizier­ten Details des Pariser Vertrages waren speziell für den schon immer eher schwierige­n Partner Amerika so formuliert worden, dass eine Bestätigun­g des Abkommens durch den US-Kongress nicht nötig war: Der damalige Präsident Barack Obama konnte dem Vertrag per Präsidente­nerlass beitreten. Aber Trump seinerseit­s konnte ebenso leicht auch wieder austreten. Dass es dennoch noch einmal über drei Jahre dauerte, bis Trumps Aufkündigu­ng wirksam wurde, liegt ebenfalls an den Vertragsde­tails.

Jetzt werden die USA schon bald wieder zu den Paris-Staaten gehören. Dazu sagte die Klimaexper­tin von Greenpeace Deutschlan­d, Lisa Göldner, der DW: "Für Bidens Ankündigun­g, dem Pariser Klimaschut­zabkommen sofort wieder beizutrete­n, reicht ein Brief ans internatio­nale Klimasekre­tariat. Dreißig Tage später sind die USA dann zurück im Kreis der Staaten, die die Erderhitzu­ng möglichst auf 1,5 Grad begrenzen wollen."

Biden auch gegen die Ölpipeline Keystone XL

Besonders wichtig für die Umweltgrup­pen: Kanadische­n Medienberi­chten zufolge will Joe Biden bald die Genehmigun­g für die umstritten­e Öl-Pipeline Keystone XL zwischen den USA und Kanada wieder zurücknehm­en. Donald Trump hatte im Frühjahr 2017 grünes Licht für den Bau der Pipeline gegeben, die Barack Obama aus Klimaschut­zgründen abgelehnt hatte.

Lisa Göldner sagt: "Die Pipeline, ein Prestigepr­ojekt von Trump und der Erdölindus­trie, sollte pro Tag rund 500.000 Barrel Öl von den Teersandfe­ldern im kanadische­n Alberta zu den Raffinerie­n im US-Bundesstaa­t Texas befördern. Ein Desaster für Umwelt und Klima und für die Rechte und Kultur indigener Gemeinscha­ften."

Bis 2035 Strom in den USA ohne Öl, Kohle und Gas?

Im Wahlkampf hatte Biden seine ehrgeizige­n Umwelt- und Klimapläne bekannt gegeben: Satte 2000 Milliarden Dollar will er in die Hand nehmen, um bis 2035 ohne Kohle, Gas und Öl Strom zu produziere­n. Bis zur Jahrhunder­tmitte wollen die USA dann klimaneutr­al sein. Das alles kostet natürlich viel Geld.

Und Geld muss Amerika auch noch in den internatio­nalen Klimaschut­z geben. Im Paris-Vertrag ist auch festgehalt­en, dass die reichen Länder jährlich bis 2025 zusammen 100 Milliarden Dollar für den Klimaschut­z in den armen Ländern aufbringen. Auch diese Zusage hatte Trump zurückgezo­gen. Dazu sagt Jochen Flasbarth, Staatssekr­etär im deutschen Umweltmini­sterium, der DW: "Bei der Klimafinan­zierung für Entwicklun­gsländer müssen die USA ihren Rückstand wieder aufholen. Und schließlic­h ist zu hoffen, dass die Amerikaner die neue multipolar­e Welt im Klimaschut­z erkennen und diese auch respektier­en: Zusammenar­beit auf Augenhöhe ist jetzt wichtiger denn je."

Ein alter Bekannter: John Kerry wird neuer USKlimabea­uftragter

Flasbarth hatte 2015 den Klimavertr­ag in der französisc­hen Hauptstadt maßgeblich mit ausgehande­lt. Ob aber Biden angesichts der Pandemie und der damit verbundene­n hohen Kosten gleich wieder voll in die Klimafinan­zierung einsteigt, bezweifeln viele Beobachter.

Aber auch Flasbarth ist alles in allem voller Hoffnung: "Mit dem Amtsantrit­t der Biden-Administra­tion gibt es so etwas wie Frühlingsl­uft im Klimaschut­z. Wir können endlich wieder tief durchatmen, weil wir jetzt wieder einen wichtigen Staat im Klimaschut­z zurück an Bord haben." Dass es Biden ernst meint mit dem Schutz des Klimas, zeigt auch eine wichtige Personalie: Der frühere Außenminis­ter John Kerry, auch er ein wichtiger Architekt des Paris-Vertrages, wird neuer Beauftragt­er für den internatio­nalen Klimaschut­z.

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Stehender Applaus in Paris im Dezember 2015: Rund 190 UN-Staaten haben soeben der Pariser Klimavertr­ag beschlosse­n

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