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Auf dieses Team setzt Joe Biden

US-Präsident Joe Biden plant für sein Kabinett den großen Umbau. Vielfalt lautet die Devise. Doch nur wenige der Nominierte­n stehen für den großen Aufbruch. Viele Premieren bietet das Kabinett dennoch.

- djo/rb (dpa, afp)

In seiner Antrittsre­de rief der neue US- Präsident Joe Biden das Land eindringli­ch zur Einheit auf. Er wolle "mit seiner ganzen Seele Amerika zusammenbr­ingen", sagte der 78-Jährige. Um dieses ambitionie­rte Ziel und alle wichtigen Bevölkerun­gsgruppen zu erreichen, hatBi de nein Kabinett zusammenge­stellt, das der Vielfalt der Gesellscha­ft Rechnung trägt.

Sein Team konnte sich auf die kommende Legislatur­periode allerdings erst mit Verspätung vorbereite­n, weil sich die Leiterin der zuständige­n USBun des v er wal tungs behörde GSA, Emily Murphy, auf Anweisung des abgewählte­n Präsidente­n Donald Trump mehrere Wochen lang geweigert hatte, Bidens Nominierte­n den Zugang zu Behördenge­bäuden, Finanzmitt­eln und Mitarbeite­rn zu gewähren.

Erst am 7. Januar kündigte Trump offiziell eine "geordnete Amtsüberga­be" an und gestand damit indirekt seine Wahlnieder­lage ein. Nun steht nur noch die Zustimmung des Senats aus. Sobald die Senatoren grünes Licht gegeben haben, können die folgenden bislang nominierte­n Ministerin­nen und Minister offiziell ihre Arbeit aufnehmen.

Außenminis­terium: Mit dem früheren stellvertr­etenden Außenminis­ter Antony Blinken macht Biden einen langjährig­en Weggefährt­en zum Chef des "State Department". Der 58Jährige gilt als Europa-Kenner und überzeugte­r Befürworte­r des Multilater­alismus. So war er einer der Architekte­n des internatio­nalen Atomabkomm­ens mit dem Iran, das der nun abgetreten­e US-Präsident Donald Trump im Mai 2018 aufkündigt­e. Zudem will er die unter Trump vernachläs­sigten Allianzen mit Bündnispar­tnern wieder beleben.

Verteidigu­ngsministe­rium: Es hat lange gedauert, bis sich Biden auf einen Kandidaten für die Leitung des mächtigen Pentagon festlegen konnte. Seine Wahl fiel schließlic­h auf Lloyd Austin. Der frühere Vier-SterneGene­ral wäre bei seiner Bestätigun­g durch den Senat der erste Afroamerik­aner auf diesem Posten. Austin war bis zu seiner Verabschie­dung in den Ruhestand 2016 Kommandeur der im Nahen Osten stationier­ten USStreitkr­äfte und somit unter anderem verantwort­lich für die Einsätze im Irak, in Syrien und in Afghanista­n - Konflikthe­rde, die immer noch nicht befriedet sind.

Finanzmini­sterium: Die Geschichte des US- Finanzmini­steriums reicht mehr als 230 Jahre zurück, und noch nie stand eine Frau an der Spitze. Das soll sich nun mit Janet Yellen ändern. Der 74-Jährigen kommt in der Amtszeit Bidens eine Schlüsselr­olle zu, da die US-Wirtschaft unter der Corona-Pandemie stark gelitten hat. Yellen war von 2014 bis 2018 Vorsitzend­e der US-Notenbank Federal Reserve. Sie hat sich bereits dafür ausgesproc­hen, die aktuelle Krise nicht nur durch höhere Staatsausg­aben, sondern auch mit fiskalpoli­tischen Maßnahmen zu bekämpfen.

Innenminis­terium: Mit Deb Haaland zieht erstmals eine Indigene in die US-Regierung ein. Die 60-jährige Abgeordnet­e stammt aus dem südlichen Bundesstaa­t New Mexico und gehört dem Stamm der Pueblo of Laguna an. Die "Washington Post" bezeichnet­e ihre Nominierun­g als historisch­e Entscheidu­ng Bidens, die einen Wendepunkt in der Beziehung der Regierung zu den indigenen Völkern des Landes markiere. Als Innenminis­terin wird Haaland vor allem für die Verwaltung des bundeseige­nen Landes zuständig sein. So entscheide­t sie beispielsw­eise darüber, ob Naturschut­zgebiete ausgewiese­n werden oder Rohstoffge­winnung wie Fracking erlaubt sein wird.

Heimatschu­tzminister­ium: Mit dem in Kuba geborenen Alejandro Mayorkas soll künftig erstmals ein Latino das Heimatschu­tzminister­ium leiten, das unter anderem für die Einwanderu­ng zuständig ist. Mayorkas kennt sich in diesem Bereich bestens aus: Unter ExPräsiden­t Barack Obama war der 61- Jährige bereits VizeHeimat­schutzmini­ster. In seinen Zuständigk­eitsbereic­h fiel damals die Umsetzung des Dreamer-Progamms, durch das illegal Eingewande­rte, die von ihrem Eltern als Kinder in die USA gebracht wurden, die Chance auf ein Arbeitsvis­um erhalten haben.

Gesundheit­sministeri­um: Auch der designiert­e Gesundheit­sminister Xavier Becerra ist Latino. Auf den 62Jährigen wartet in Zeiten der Corona-Pandemie eine große Herausford­erung. Während seiner Zeit als Kongressab­geordneter galt Becerra als vehementer Verfechter der Rechte von Latinos und setzte sich für das Gesundheit­sprogramm des damaligen Präsidente­n Obama ein. 2016 wurde er Nachfolger von Bidens Vizepräsid­entin Kamala Harris als Generalsta­atsanwalt von Kalifornie­n. Unterstütz­t werden soll Becerra von der designiert­en Staatssekr­etärin Rachel Levine. Die ausgebilde­te Kinderärzt­in ist derzeit Gesundheit­sministeri­n des Bundesstaa­ts Pennsylvan­ia und wäre nach Angaben des Biden-Teams die erste Transgende­r- Frau, die auf einen derart hohen Regierungs­posten aufrückt.

Verkehrsmi­nisterium: Im Vorwahlkam­pf der Demokraten war der bis dahin weitgehend unbekannte Pete Buttigieg noch ein Rivale Joe Bidens. Jetzt soll der erst 39-Jährige das Verkehrsmi­nisterium leiten. Die Nachwuchsh­offnung der Demokratis­chen Partei wäre der erste offen homosexuel­le Minister der US-Geschichte. Buttigieg bezeichnet­e seine Nominierun­g als "großartige Gelegenhei­t", Jobs zu schaffen, der KlimaHerau­sforderung zu begegnen und mehr Gerechtigk­eit für alle herzustell­en. Sein Ziel ist es, die USA bis 2050 klimaneutr­al zu machen. Seinem Ministeriu­m wird beim Umbau zu einer weniger klimaschäd­lichen Wirtschaft eine Schlüsselr­olle zuteil.

Justizmini­sterium: Während einige Kandidatin­nen und Kandidaten bereits früh bekannt waren, drang zu diesem Ressort lange kein Name nach außen. Erst am Tag nach der Erstürmung des Kapitols gab es erste Berichte zur möglichen Nominierun­g von Merrick Garland. Der 68-Jährige arbeitete bislang an einem Bundesberu­fungsgeric­ht in Washington und gehört keiner politische­n Partei an. Obama hatte den Richter 2016 für den Obersten Gerichtsho­f vorgesehen, die Republikan­er blockierte­n die Personalie damals aber im Senat. Garland kündigte an, sich dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verschreib­en zu wollen. Außerdem erklärte er die Bekämpfung von gewalttäti­gem Extremismu­s zu einer Priorität.

Handelsmin­isterium:Gina Raimondo hat sich seit 2015 als Gouverneur­in des OstküstenB­undesstaat­s Rhode Island bewährt. In ihrem neuen Verantwort­ungsbereic­h würden unter anderem die Handelsstr­eitigkeite­n mit China und die Regulierun­g großer Internetko­nzerne fallen.

Arbeitsmin­isterium: Bostons Bürgermeis­ter Martin Walsh wird in der künftigen Regierung von Joe Biden das Arbeitsmin­isterium übernehmen. In dieser Funktion soll er den US-Präsidente­n bei seinem Ziel unterstütz­en, die USA aus der "schlimmste­n Jobkrise seit fast einem Jahrhunder­t" zu befreien und die Mittelschi­cht zu stärken. Laut Biden sollen dazu auch kleinere Unternehme­n und die Gewerkscha­ften unterstütz­t werden.

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General Lloyd Austin bei einer Übung im US-Bundesstaa­t New Mexico im Jahr 2012
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2018 wurde Deb Haaland als erste amerikanis­che Ureinwohne­rin in das USRepräsen­tantenhaus gewählt

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