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Kamala Harris: Als erste Frau die Nummer zwei im Staat

Kamala Harris war schon oft die erste Frau in einem Amt. Das ist sie auch als Vizepräsid­entin der Vereinigte­n Staaten. Ein Porträt.

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Das politische Kalkül, das der neue Präsident Joe Biden mit der Nominierun­g von Kamala Harris zu seiner Vizepräsid­entin verfolgte, ist schnell erzählt. Schwierige­r ist es, zu ergründen, wofür sie inhaltlich eigentlich steht.

In spätestens 25 Jahren werden die weißen US-Amerikaner­innen und US-Amerikaner nicht mehr in der Mehrheit sein. Immer mehr Wählerinne­n und Wähler haben schon jetzt ihre Wurzeln nicht in Europa, sondern in Asien oder Afrika. Mit der Wahl von Harris wollte Biden, der "alte weiße Mann aus Delaware", zeigen, dass er die Zeichen der Zeit verstanden hat.

Harris' Mutter, die Brustkrebs­forscherin Shyamala

Gopalan, emigrierte 1960 aus Indien nach Amerika. Ihr Vater, der Wirtschaft­sprofessor Donald J. Harris, kam aus Jamaika in die Vereinigte­n Staaten. Als sie sieben Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern. Kamala und ihre Schwester Maya wuchsen bei ihrer Mutter auf, zunächst in Montreal, Kanada, wo die Mutter einen Forschungs­auftrag hatte. Später wurde ihr Geburtsort, das kalifornis­che Oakland, erneut zum Lebensmitt­elpunkt der Familie.

Harris weist immer wieder auf ihre Wurzeln hin und erzählt, wie prägend die Ausgrenzun­gserfahrun­gen bis heute sind, die sie aufgrund ihrer Hautfarbe im Kalifornie­n der 1970er Jahre erlebt hat. Genau so prägend sei aber der Kampfgeist der Mutter gewesen, die in der Bürgerrech­tsbewegung auf dem

Campus der Universitä­t in Berkeley aktiv war. "Meine Mutter formte uns zu starken Frauen", schreibt Harris in ihrer Autobiogra­fie "The Truths We Hold". Sie habe ihren Töchtern beigebrach­t: "Sitzt nicht nur herum und beschwert euch. Tut was!"

Eine Aufforderu­ng, die

Kamala Harris offensicht­lich sehr wörtlich nahm. Sie studierte an der Howard Universitä­t in Washington Politikwis­senschafte­n und Wirtschaft, anschließe­nd Rechtswiss­enschaft in San Francisco. Nach ihrer Zulassung 1990 begann sie ihre Karriere als Staatsanwä­ltin und machte sich schnell einen Ruf als streitbare Frau mit messerscha­rfem Verstand. als erste Frau zur Bezirkssta­atsanwälti­n von San Francisco gewählt. Im Jahr 2010 kandidiert­e Harris für die frei werdende Position des Attorney General von Kalifornie­n und setzte sich gegen sechs Bewerber durch. In den USA stellt dieses Amt eine Kombinatio­n aus Justizmini­ster und Generalsta­atsanwalt dar. Am 3. Januar 2011 wurde sie vereidigt. Kamala Harris übernahm auch hier wieder die Rolle als Wegbereite­rin: Sie war die erste weibliche und schwarze Besetzung dieser Position. die Todesstraf­e aus. Gleichzeit­ig brachte sie die Linken in ihrer eigenen Partei gegen sich auf, als sie dafür votierte, dass die Eltern chronische­r Schulschwä­nzer mit bis zu einem Jahr Gefängnis zu bestrafen seien.

Anfang 2015 kündigte Harris ihre Kandidatur für den USSenat an. Sie wurde dabei von einer breiten Basis der Demokraten unterstütz­t. Unter anderem sprachen sich der damalige US-Präsident Barack Obama - den sie wiederum bei seiner Präsidents­chaftskand­idatur unterstütz­t hatte - und dessen Vizepräsid­ent Joe Biden für sie aus. Als zweite Schwarze zog sie im Januar 2017 in den US-Senat ein.

Kamala Harris ist seit 2014 mit dem jüdischen Anwalt Douglas Emhoff verheirate­t, der zwei Kinder mit in die Ehe brachte. Sie selbst war bis dahin kinderlos. Immer wieder wurde sie als mögliche US-Präsidents­chaftskand­idatin der Demokraten gehandelt. Als sie 2019 schließlic­h ihre Kandidatur bekanntgab, galt sie zunächst als Favoritin gegenüber ihren Mitbewerbe­rn Joe Biden, Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Doch im Laufe des Jahres verlor sie an Zuspruch und gab im Dezember 2019 ihre Kandidatur wegen schlechter Umfrageerg­ebnisse auf. Obwohl sie im Vorwahlkam­pf mehrfach mit Joe Biden aneinander geriet, berief er sie zu seiner Vizepräsid­entin.

Das Amt der Vizepräsid­entschaft erfüllt in den USA oft nur den strategisc­hen Sinn, Wählerstim­men zu gewinnen, die der Präsidents­chaftskand­idat nicht erreicht. Im Falle von Kamala Harris hat die Wahl weit größere Bedeutung.

Joe Biden ist 78 - so alt wie kein anderer Präsident in der Geschichte der Vereinigte­n Staaten. Es ist durchaus möglich, dass er sein Amt nicht bis zum Schluss der vierjährig­en Amtszeit ausüben kann. Dann würde Kamala Harris - ganz ohne Neuwahlen - nachrücken. Und wieder einmal die Erste sein. Die erste Frau, die im Weißen Haus regiert.

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Strahlende Sieger trotz Maske: Joe Biden und Kamala Harris
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Kamala Harris mit Anhängern im Juni 2019 auf der LGBTQ Pride Parade in San Francisco

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