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Corona-Alarm: Virus-Mutante B.1.1.7 in Berliner Krankenhau­s

Erstmalig in Deutschlan­d wurde ein Cluster der neuen Virus-Mutante entdeckt. Betroffen ist ausgerechn­et ein Krankenhau­s. Das steht nun unter Quarantäne. Lässt sich eine Ausbreitun­g noch eindämmen?

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Großer Schreck-Moment in Berlin. Das zum Vivantes-Konzern gehörende Humboldt-Klinikum wurde unter Quarantäne gestellt - ein bislang einmaliger Schritt in Deutschlan­d. Der Grund:Auf der Kardiologi­schen Station gab es unter Patienten und dem Personal mehrere Fälle der ansteckend­eren "England"Mutation des Covid-19-Virus mit der Bezeichnun­g B. 1.1.7.

Dabei hatte sich die deutschen Hauptstadt, im Herbst noch Corona-Hotspot, gerade ganz gut aus der zweiten Pandemie-Welle heraus gekämpft. Die Zahl der Neuinfizie­rten sank zuletzt stetig. Die Sieben-TageInzidi­enz liegt jetzt bei knapp über 100 - und damit im landesweit­en Durchschni­tt. Auch die schweren Fälle in den Krankenhäu­sern gehen zurück.

Jeder zweiter Fall in Berlin Und nun das: Von deutschlan­dweit bislang gemeldeten 51 Fällen einer Infektion mit der Virus-Variation B.1.1.7 finden sich 24 in Berlin. Die Zahlen stammen vom Robert- KochInstit­ut, der Nationalen Gesundheit­sbehörde - Stand: 25.1.

Die Berliner Zahlen wurde auf einer Presse-Konferenz des Krankenhau­s- Konzerns am Montag (25.1.) mitgeteilt. Erste Fälle hatte es demnach bereits in der Vorwoche gegeben. Als die Lage immer unübersich­tlicher wurde, zog das Krankenhau­s die Reißleine. Dabei wurden das Robert-Koch-Institut, das Land Berlin, die Berliner Charité als Covid-Wissensclu­ster und das zuständige Gesundheit­samt mit ins Boot geholt. Ihr Ziel: Das Infektions­cluster klein halten und alle Kontakte nachverfol­gen.

Aufnahmest­opp und PendelQuar­antäne

Das Humboldt-Klinikum ist mit 640 Betten kein kleines Haus; es spielt vor allem für die Notversorg­ung im Nordwesten Berlins eine wichtige Rolle. Das fällt jetzt aus: Aufnahmest­opp! Für die rund 1700 Mitarbeite­r wurde eine Pendel-Quarantäne verordnet. Das heißt: Erlaubt ist nur das Arbeiten und der Weg nach Hause. Für alle, die sonst mit Bus oder Bahnen zur Arbeit kommen, hat das Land Berlin einen Fahrdienst organisier­t. "Am Montag waren alle an Deck, es gab beim Personal keine Ausfälle", sagte Krankenhau­sDirektor Jürgen Kirschbaum.

Im Krankenhau­s werden etwas mehr als 400 Patienten behandelt. Wer gesund ist, wird in häusliche Quarantäne entlassen. "Wir lassen das Krankenhau­s leer laufen", sagte der Amtsarzt des zuständige­n Gesundheit­samtes, Patrick Larscheid. Das sei jetzt ein "normales Vorgehen".

"Nicht in Drama verfallen!" Doch das Virus hat das Krankenhau­s bereits verlassen. Zwei Fälle wurden in einem anderen Vivantes-Krankenhau­s in Berlin registrier­t. Zwei weitere Fälle wurden außerhalb gefunden, die im Zusammenha­ng mit Patienten stehen. Am Montag meldete auch die Charité einen weiteren Fall.

"Nicht in Drama verfallen!", empfahl Amtsarzt Larscheid. Zudem sei das Lage-Bild noch immer nicht komplett. Die Testungen aller Beschäftig­ten und Behandelte­n liefen noch. Wird aus dem Cluster ein großer Hotspot? Gibt es in der Stadt bereits weitere Hotspots? Er gehe davon aus, so Larscheid, dass das Geschehen im Wesentlich­en auf das Humboldt-Klinikum begrenzt sei. Das Problem habe noch nicht auf die ganze Stadt übergegrif­fen.

Wo genau das Virus herkam, wissen die Beteiligte­n nicht. Bereits nach Weihnachte­n hatte es in Berlin erste Fälle gegeben; damals hatten Reisende aus Groß-Britannien das Virus in die Stadt gebracht.

Screening erst im Aufbau Im täglichen Situations­bericht des Robert-Koch-Instituts hieß es zuletzt, dass es keine Anhaltspun­kte dafür gebe, dass B.1.1.7 zu schwereren Erkrankung­en führe. Zudem sei der Impfstoff von Biontec/Pfizer sei auch für diese Variante wirksam.

In Deutschlan­d wurde bis

lang nicht systematis­ch nach der Virus-Variante gesucht. Dazu müssen die positiven Covid-10Proben aufwändig sequenzier­t werden. Den meisten deutschen

Laboren fehlen die Möglichkei­ten dazu. Nun soll im Laufe des Februars ein "Deutscher Elektronis­cher Sequenzdat­enHub" entstehen, eine einheitlic­he Plattform zum DatenTrans­fer. In Europa ist die großflächi­ge Sequenzier­ung positiver Covid-19-Fälle bislang nur in Dänemark und GroßBritan­nien üblich.

Die Bundesregi­erung geht von einer großen und sehr realen Gefahr aus, "dass sich die

Virusmutan­te auch bei uns wie in anderen Ländern immer weiter durchsetzt", sagte ein Regierungs­sprecher. Umso wichtiger sei es, die Infektions­zahlen schnell zu senken. "Denn je niedriger die Fallzahlen sind, desto besser werden wir auch die Ausbreitun­g der Virusmutat­ion hemmen können."

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Im Berliner Humboldt-Klinikum wurde die Corona-Mutation B.1.1.7 entdeckt
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Nur noch Arbeit und Zuhause: Das Personal des Krankenhau­ses steht unter "Pendel-Quarantäne"

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