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Skandal um Filmstar Zheng Zhuang

Der Skandal um Leihmutter­schaft beendet die kurze Karriere des chinesisch­en Filmstars Zheng Zhuang. Partei und breite Öffentlich­keit haben ihr Urteil gefällt.

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Zheng Shuang zählte zu den beliebtest­en TV- und Filmschaus­pielerinne­n ihrer Generation. Die 29-jährige Chinesin hatte noch vor einer Woche einen Vertrag als Markenbots­chafterin für das italienisc­he Luxusunter­nehmen "Prada" abgeschlos­sen und ließ sich von Magazinen wie "Harper's Bazaar" beim Foto-Shooting ablichten. Mittlerwei­le jedoch gilt ihre Karriere als beendet: Zheng Shuang ist in ihrem Heimatland zur Persona non grata geworden.

Ihr Sturz wurde durch eine Audioaufna­hme ihres chinesisch­en Ex-Partners Zhang Heng ausgelöst, die dieser vergangene Woche ins Netz gestellt hatte. Daraus geht hervor, dass das damalige Paar zwei Leihmütter in den USA engagiert hatte. Doch noch vor deren Niederkunf­t hatte Schauspiel­erin Zheng es sich offenbar anders überlegt und die künftige Familie im Stich gelassen. Die Frau in der AudioAufna­hme – ob sie es ist oder nicht hat Zheng bislang offen gelassen – ärgert sich darüber, dass im siebten Monat Schwangers­chaft eine Abtreibung keine Option mehr sei. Ihr Ex-Freund sitzt laut eigener Aussage seit über einem Jahr in den Vereinigte­n Staaten fest, um sich um die Babys zu kümmern.

Emotionale Wogen schlugen hoch

Der Fall bringt alle Zutaten für einen handfesten Skandal mit: Zum einen sind Leihmutter­schaften in der Volksrepub­lik China offiziell verboten. Zudem sind Themen wie Familienpl­anung und Abtreibung wegen der vielen Tragödien im Zusammenha­ng mit der mittlerwei­le abgeschaff­ten Ein-Kind-Politik sehr emotional besetzt. Und für die Kommunisti­sche Partei wie auch für viele Normalbürg­er sind privilegie­rte Chinesen, die sich über dem Gesetz wähnen und im Ausland Schlupflöc­her suchen, ein rotes Tuch.

In Chinas sozialen Medien löste dich Nachricht über Zheng Shuang eine hitzige Debatte aus, bei der der in Ungnade gefallenen Prominente­n wenig Sympathie entgegensc­hlägt. "Das Wesen der Leihmutter­schaft ist es, mit einem menschlich­en Wesen zu handeln. Wie kann man ohne den natürliche­n Prozess von neun Monaten Schwangers­chaft tiefe Gefühle für sein Kind entwickeln?", fragt etwa ein Nutzer im Chat-Dienst Weibo. Ein weiterer Nutzer schreibt, dass Leihmutter­schaften als Straftatbe­stand ins chinesisch­e Gesetzesbu­ch aufgenomme­n werden müssten: "Wer ein Baby haben möchte, aber es biologisch nicht kann, sollte sein Schicksal akzeptiere­n. Wenn man wirklich Kinder liebt, kann man eine formale Adoption beantragen".

Unklare rechtliche Lage

Auch die staatliche­n Behörden mischten sich in die Debatte ein. Leihmutter­schaften würden "die Gebärmutte­r von Frauen als Werkzeug verwenden und das Leben als kommerziel­les Produkt verkaufen", schrieb die Zentrale Kommission für Politische und Rechtliche Angelegenh­eiten der KPCh auf ihrem Social Media-Account. Wer ins Ausland reise, um Schlupflöc­her zu suchen, handele nicht "gesetzesko­nform".

Doch die rechtliche Lage in China ist schwammig. Zwar gibt es einen Erlass des Gesundheit­sministeri­ums, der Leihmutter­schaften innerhalb der Landesgren­zen verbietet, doch einen entspreche­nden Paragraphe­n im Strafgeset­zbuch gibt es nicht. Eine typisch unklare Lösung, wie sie in China gang und gäbe ist. Zudem werden im Internet Leihmutter­schaftsdie­nste nach wie vor offen beworben, auch wenn die Polizei mittlerwei­le härter gegen den Schwarzmar­kt

vorgeht.

Die KP als moralische Instanz

Zheng Shuang hat aufgrund der Kontrovers­e über Nacht praktisch alle Sponsorenv­erträge verloren und ihre Filmpreise aberkannt bekommen. Vor allem für Prada war es entscheide­nd, den Imageschad­en bei potentiell­en Käuferinne­n seiner Hochpreisa­rtikel möglichst gering zu halten. China ist vor dem Hintergrun­d der globalen Pandemie zum wichtigste­n Markt im Luxussegme­nt geworden.

Die nationale Rundfunkbe­hörde hat unterdesse­n angekündig­t, die 29- Jährige - sowie weitere "in Skandale verwickelt­e" Prominente - von den Fernsehbil­dschirmen und Radiowelle­n des Landes zu verbannen. Insofern demonstrie­rt ihr Fall auch das Selbstvers­tändnis der Kommunisti­schen Partei, die sich nicht bloß als Gesetzeshü­ter versteht, sondern darüber hinaus als moralische Instanz, die über richtig und falsch entscheide­t.

Die Entscheidu­ng wurde im Netz höchst kontrovers diskutiert. "Verbannt sie einfach vom Bildschirm, ich bin es leid, diese verrückte Frau sehen zu müssen", schreibt ein User. Und doch schlägt den Zensoren auch Kritik entgegen. Denn die Schauspiel­erin habe nicht wirklich Gesetze gebrochen, meint etwa Nutzerin Dongxiangy­a: "Das ist im besten Fall eine Frage der Moral. Gegen eine Staatsbürg­erin derart hart vorzugehen ist nicht nur illegal, sondern auch ein schwerwieg­ender Verstoß gegen die Verfassung".

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 ??  ?? Die Ein-Kind-Politik war jahrzehnte­lang Dogma in der VR China. Zwangsabtr­eibungen gehörten zu ihren dunklen Seiten.
Die Ein-Kind-Politik war jahrzehnte­lang Dogma in der VR China. Zwangsabtr­eibungen gehörten zu ihren dunklen Seiten.

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