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Neuer US-Präsident, neue Ära: US-Künstler hoffnungsv­oll

US-Kulturscha­ffende sind erleichter­t. Sie hoffen, dass das Präsidente­nteam Joe Biden und Kamala Harris im Weißen Haus ein neues Kapitel aufschlägt.

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Immerhin einen letzten kulturelle­n Akzent setzte Donald Trump am letzten Tag seiner Präsidents­chaft. Er begnadigte den schwarzen Rapper Lil Wayne und setzte die Haftstrafe für dessen Kollegen Kodak Black herab. Beide waren wegen Verstößen gegen Waffengese­tze verurteilt worden. Davon abgesehen blicken Kulturscha­ffende erschöpft und entsetzt auf die vergangene­n vier Jahre und setzen viel Hoffnung auf die neue Ära von US-Präsident Joe Biden und seiner Vize-Präsidenti­n Kamala Harris.

"Joe Biden ist nicht so ein guter Redner und auch nicht so schick und cool angezogen wie Barack Obama", sagte USSchrifts­teller Jeffrey Eugenides der DW, bekannt geworden vor allem durch die Romane "Virgin Suicides" ( Die Selbstmord­Schwestern, 1993) und "Middlesex" (2002).

Eugenides: "Das Schiff stabilisie­ren"

Doch wenn jemand damit beginnen könne, dieses Landes zu heilen, dann sei es Joe Biden. Er sei eine ruhige Person, die mit ihrem Pragmatism­us "das Schiff wieder stabilisie­ren" könne, so hofft es Eugenides."Wir haben

ein Riesenprob­lem mit Misstrauen und Desinforma­tion in den USA. Das Internet hat den Menschen viel Gutes gebracht, aber es hat auch viel Misstrauen gesät." In seiner Kindheit und Jugend, betont der Pulitzer-Preisträge­r, habe es drei oder vier Fernsehpro­gramme und eine gemeinsame Realität gegeben, über die die Menschen in den USA reden konnten. Damit sei es aber schon lange vorbei. Das Problem einer Zersplitte­rung sieht Eugenides auch im Kulturbere­ich. So etwas wie "die eine amerikanis­che Literatur" gebe es nicht mehr. "Jeder oder jede hat so seine eigene Lektürevor­lieben." Es fehle eine Plattform der gemeinsame­n Verständig­ung.

Vier Jahre lang die Luft angehalten

Marin Alsop ist Dirigentin des Baltimore Symphony Orchestra. Auch sie ist erleichter­t, wie sie im DW-Interview betont. "Ich denke, für uns alle war es ein großes Luftholen, nachdem wir vier Jahre lang den Atem angehalten haben, weil wir nie wissen konnten, was noch alles kommt."

Die vor allem für ihre Zeichnunge­n bekannte bildende Künstlerin Chloé Piene erwartet nicht, dass das Land über Nacht geheilt werden könne. "In den vier zerstöreri­schen Jahren unter Trump wurde zu viel Gift in die amerikanis­che Landschaft injiziert", sagt sie.

US-Jazz- und Opernsänge­rin Jocelyn B. Smith verbrachte die letzten vier Jahre in Berlin. Auch sie hofft auf eine "Heilung" der USA. "Wenn ich als Künstlerin auf meine Heimat blicke, sehe ich eine große Widerstand­sfähigkeit unseres Landes. Da ist eine Stärke, auf die wir stolz sein können. Das stimmt mich sehr optimistis­ch."

"Kunst ist nicht nur für die Seele gut", sagt Jocelyn B. Smith. "Die Kunst sorgt für 4,5 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Ich glaube, das machen wir nicht deutlich genug."

Wirtschaft­sfaktor Kultur

Jawole Willa Jo Zollar, Gründerin der Tanz-Kompanie "Urban Bush Women" in New York, hat konkrete politische Wünsche an die neue Regierung. "Viele Menschen wünschen sich von der Biden-Regierung, dass sie im Kabinett einen Posten für Kunst und Kultur schafft. So etwas hat es bislang noch nicht gegeben."

Nach den vier verheerend­en Jahren und den ökonomisch­en Schäden der Corona-Pandemie sei es nun an der Zeit für den neuen US-Präsidente­n Joe Biden, zur Kenntnis zu nehmen, wie viele Kulturscha­ffende es in den USA gibt. "Wir schaffen Jobs, wir sorgen für Bildung!", sagt Jawole Willa Jo Zollar selbstbewu­sst. "Nun bietet sich die Gelegenhei­t, wieder in einen Dialog zu treten mit Künstlern überall in der Welt. Es ist ein neues Kapitel. Und ich kann kaum erwarten, dass es beginnt."

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Der US-amerikanis­che Schriftste­ller Jeffrey Eugenides
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Pulitzer-Preisträge­r Jeffrey Eugenides setzt große Hoffnungen in Joe Biden

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