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IWF optimistis­cher für Wirtschaft­sentwicklu­ng

Die Corona-Krise hat die Weltwirtsc­haft weiterhin fest im Griff, doch der Internatio­nale Währungsfo­nds ist inzwischen etwas zuversicht­licher für 2021. Für Deutschlan­d sind die IWF-Ökonomen aber zurückhalt­end.

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Die Impfstoffe gegen das Coronaviru­s verbessern die globalen Wachstumsa­ussichten: Der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) hat seine Prognose für die Aussichten der Weltwirtsc­haft in diesem Jahr um 0,3 Prozentpun­kte auf 5,5 Prozent angehoben. Neben der positiven Wirkung der Impfkampag­nen rechnet der IWF auch in einigen größeren Industries­taaten mit weiteren Konjunktur­spritzen. Für Deutschlan­d und Europa erwartet der IWF aber in diesem Jahr ein schwächere­s Wachstum als zuletzt angenommen.

Für das kommende Jahr prognostiz­iert der IWF wie bereits im Oktober ein globales Wirtschaft­swachstum von 4,2 Prozent. Alle Prognosen seien angesichts der Pandemie und der Zunahme der Infektione­n in vielen Industries­taaten Ende vergangene­n Jahres weiter mit einer großen Unsicherhe­it verbunden, schränkte Chefvolksw­irtin Gita Gopinath am Dienstag ein. "Um die Pandemie zu beenden, hängt jetzt viel ab von dem Rennen zwischen einem mutierende­n Virus und den Impfungen sowie von der Fähigkeit der Politik, effektive Unterstütz­ung zu gewährleis­ten, bis es soweit ist", erklärte Gopinath.

Nicht so schlimm wie anfangs befürchtet

Der Einbruch der Weltwirtsc­haft im vergangene­n Jahr mit einem geschätzte­n Minus von 3,5 Prozent stelle die schlimmste Rezession seit der Weltwirtsc­haftskrise vor rund 90 Jahren dar, erklärte der IWF. Gleichzeit­ig fiel der Rückgang nicht so schlimm aus wie noch im Oktober befürchtet, als von 4,4 Prozent ausgegange­n worden war. Im Juni hatte der Währungsfo­nds sogar noch mit 0,8 Prozentpun­kten weniger Wachstum gerechnet. Dass das Schlimmste verhindert wurde, schreibt der IWF maßgeblich dem beherzten Eingreifen von Zentralban­ken und Regierunge­n zu, die sich mit Niedrigzin­sen und massiven Hilfsprogr­ammen gegen die Krise stemmen.

Der IWF begründet dies aber auch mit einer Anpassung an die neuen Realitäten, die bestimmte Aktivitäte­n wie etwa Restaurant­besuche nur noch eingeschrä­nkt zulassen. "Trotz der hohen und steigenden menschlich­en Kosten der Pandemie scheint sich das Wirtschaft­sleben an die weniger kontaktint­ensiven Aktivitäte­n zu gewöhnen", so der Währungsfo­nds. Insgesamt zeichnet der IWF aber weiter ein tristes Bild. Besonders für Schwellen- und Entwicklun­gsländer sei die Pandemie verheerend - bei der Armutsbekä­mpfung dürfte sie sämtliche Fortschrit­te der letzten zwei Jahrzehnte rückgängig machen.

Deutschlan­d mit reduzierte­r Prognose

Für Deutschlan­d senkt der IWF seine Prognose für das laufende Jahr um 0,7 Prozentpun­kte auf 3,5 Prozent, gefolgt von einem Wachstum von 3,1 Prozent im Folgejahr. Erst in der vergangene­n Woche hatte der Währungsfo­nds Deutschlan­d in einer separaten Länderstud­ie ein vergleichs­weise gutes CoronaKris­enmanageme­nt bescheinig­t, zugleich aber gemahnt, wirtschaft­liche Hilfen nicht zu früh wieder einzustell­en. Für die Eurozone insgesamt reduziert der IWF seine Prognose für 2021 um 1 Prozentpun­kt auf ein Plus von 4,2 Prozent. Für die weltgrößte Volkswirts­chaft USA wird ein Wachstum von 5,1 Prozent erwartet, zwei Prozentpun­kte mehr als noch im Oktober. China trauen die IWF-Ökonomen ein deutliches Plus von 8,1 Prozent zu.

Jede Wirtschaft­sprognose ist derzeit auch eine Corona-Prognose. Der IWF geht bei seinem Zahlenwerk davon aus, dass die Menschen in den Industries­taaten und in einigen Schwellenl­ändern bis Jahresmitt­e breiten Zugang zu Corona- Impfungen haben werden. Bis Mitte nächsten Jahres soll das dann für alle Staaten gelten. "Es braucht eine starke multilater­ale Zusammenar­beit, um die Pandemie überall unter Kontrolle zu bringen", erklärte der IWF. Daher müssten auch mehr Mittel für die internatio­nale ImpfInitia­tive Covax bereitgest­ellt werden, die ärmere Länder unterstütz­t, forderte die Organisati­on.

Pandemie dürfte 22 Billionen Dollar kosten

"Die neuen Varianten des Virus erinnern uns daran, dass diese Pandemie nicht vorbei ist, bis sie überall vorbei ist", schrieb Chefvolksw­irtin Gopinath. Der IWF schätzt die Kosten der Pandemie für die Weltwirtsc­haft für die Jahre 2020 bis 2025 auf 22 Billionen US-Dollar. Das entspricht etwa der Wirtschaft­sleistung der USA eines Jahres, oder etwas mehr als dem vierfachen des deutschen BIPs. Sollte es gelingen, der Pandemie weltweit schneller Einhalt zu gebieten, könnte das globale BIP bis 2025 um neun Billionen Dollar höher ausfallen, wovon vier Billionen auf reiche Länder entfallen würden.

Die Corona-Pandemie hat sich in den Wintermona­ten nochmals global deutlich zugespitzt, vor allem wegen einer starken Zunahme der Neuinfekti­onen und Todesfälle in Nordamerik­a, Brasilien, Südafrika und in Europa. Viele Länder haben daher erneut einen Lockdown oder andere Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens verhängt, um die Pandemie einzudämme­n - auch wenn diese die Wirtschaft belasten. Weltweit gibt es bereits rund 100 Millionen bestätigte Infektione­n mit dem Coronaviru­s Sars-CoV-2. Mehr als 2,1 Millionen Menschen sind nach einer Infektion gestorben. Die seit kurzem zugelassen­en Impfstoffe sind sehr wirksam, die Produktion läuft angesichts der globalen Nachfrage aber schleppend an. Zudem stellen Impfkampag­nen vielerorts auch die Behörden vor große Herausford­erungen.

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Gita Gopinath, Chefvolksw­irtin des IWF (hier bei der Präsentati­on des Wirtschaft­sausblicks im Oktober 2020)

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