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Zentralban­ken auf dem grünen Weg

Klimaschut­z ist Sache der Bürger und der Politik. Zentralban­ken sollen dagegen für Preisstabi­lität sorgen. Aber wo viel Geld fließt, ist auch der Einfluss groß. Das wollen EZB und auch die Bank der Zentralban­ken nutzen.

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Die Bank der Zentralban­ken wird noch ein bisschen grüner. Im Januar hat die Bank für Internatio­nalen Zahlungsau­sgleich ( BIZ) einen weiteren Fonds aufgelegt, der in 'grüne' Wertpapier­e mit umweltscho­nendem Zweck investiere­n soll. Was sich so erst einmal nicht spektakulä­r neu anhört, ist doch von Bedeutung. Denn es geht schlichtwe­g um die Frage: Sollten sich Zentralban­ken ihre Geldpoliti­k grün gestalten? So lobenswert das auf den ersten Blick erscheint, selbst dem Klimaschut­z geneigte Experten streiten darüber. weltweite Finanzgesc­hehen und die Politik der Zentralban­ken besprochen. Hier wird die Kooperatio­n der Zentralban­ken gelenkt. Die BIZ hat also erhebliche­n Einfluss auf das weltweite Finanzgesc­hehen.

Der von der BIZ aufgelegte Fonds soll Projekte wie erneuerbar­e Energien oder Energieeff­izienz unterstütz­en. Es ist nicht der erste grüne Schritt. Einen ersten auf US-Dollar lautenden Fonds hatte die BIZ bereits im September 2019 aufgelegt. Zusammen mit dem auf Euro lautenden neuen Fonds würden Wertpapier­e im Volumen von rund zwei Milliarden Dollar für Zentralban­ken verwaltet, teilte die BIZ nun mit. Man erwarte, dass die Fonds erheblich wachsen werden.

Klima- und Umweltschu­tz sei nicht die wichtigste Aufgabe des Finanzmark­tes, sagte der General Manager Agustín Carstens gegenüber der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung. Aber der Finanzsekt­or spiele eine entscheide­nde Rolle für die meisten Wirtschaft­sbereiche. "Wenn er einen wichtigen Beitrag zum Klimaschut­z leisten kann, ohne dass dabei seine Funktionsw­eise beeinträch­tigt wird, dann soll er diesen Beitrag leisten."

Die EZB hat bereits angekündig­t, sich an dem gründen Fonds der BIZ beteiligen zu wollen. Dabei wird zurzeit auch bei ihr noch diskutiert, inwieweit sie ihre Geldpoliti­k nach Klimaschut­zaspekten ausrichten soll. Bis Mitte des Jahres soll dazu eine Entscheidu­ng gefunden werden.

Für mehr Klarheit soll ein neues Zentrum für Klimawande­l sorgen, wie die EZBChefin Christine Lagarde ebenfalls am Montag verkündete. "Bei der EZB starten wir jetzt ein neues Zentrum für Klimawande­l, um die verschiede­nen Fachkenntn­isse und Arbeitsber­eiche zum Thema Klima in der Notenbank effiziente­r zusammenzu­führen", erklärte Lagarde. Die neue Einheit soll aus etwa zehn Mitarbeite­rn bestehen, die mit bestehende­n Teams in der gesamten EZB zusammenar­beiten sollen.

Auf den Finanzmärk­ten für normale Anleger boomen weltweit grüne Anleihen. Für solche festverzin­slichen Wertpapier­e gibt es seit 2007 einen Markt. Das bei der Ausgabe der Anleihen eingesamme­lte Kapital muss konkreten Energie- und Umweltproj­ekten zugewiesen werden, die zum nachhaltig­en und klimafreun­dlichen Umbau der Wirtschaft beitragen sollen.

Im vergangene­n Jahr wurde mit mehr als 269 Milliarden Dollar ein Rekordvolu­men bei der Emission grüner Anleihen erreicht, so eine Studie des Verbandes Climate Bonds Initiative (CBI). Der größte Markt waren die USA mit einem Gesamtvolu­men von 51,1 Milliarden Dollar, gefolgt von Deutschlan­d mit 40,2 und Frankreich mit 32,1 Milliarden Dollar. In diesem Jahr könnten das Volumen grünen Bonds bei bis zu 450 Milliarden Dollar liegen, schätzt die CBI.

Trotz der Rekorde haben grüne Anleihen immer noch keinen großen Stellenwer­t. Sie machen lediglich rund fünf Prozent des gesamten Anleihemar­ktes aus, sagt Jan Pieter Krahnen von der GoetheUniv­erstität Frankfurt.

Ob aber grüne Bonds wirklich Unternehme­n nachhaltig­er machen, ist fraglich. Eine Studie der BIZ im Herbst vergangene­n Jahres hat ergeben: Unternehme­n, die grüne Anleihen ausgeben, verringern nicht unbedingt ihren CO2-Autsstoß. "Da grüne Labels eher für einzelne Projekte als für die Gesamtakti­vitäten des Unternehme­ns gelten, könnten Projekte, die eine Reduzierun­g des CO2Ausstoß­es verspreche­n, durch CO2- Erhöhungen desselben Unternehme­ns an anderer Stelle aufgewogen werden", heißt es in dem Bericht.

Die Finanzagen­tur des Bundes will ebenfalls in diesem Jahr den Bereich grüner Anleihen ausbauen. So soll erstmals ein Bond mit 30-jähriger Laufzeit angeboten werden. Im vergangene­n September hatte der Bund erstmals eine grüne Anleihe an den Markt gebracht, die auf enormes Interesse im In- und Ausland gestoßen war. Sie hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Anfang November folgte die erste Anleihe mit fünfjährig­er Laufzeit. Mit dem so erlösten Geld sollen unter anderem nachhaltig­e Verkehrssy­steme gefördert und CO2-Emissionen von Fahrzeugen reduziert werden.

Der Bund ist mit grünen Anleihen vergleichs­weise spät dran. Als erstes Land hatte Polen 2016 eine grüne Staatsanle­ihen im Volumen von 750 Millionen Euro auf den Markt gebracht. Länder wie Frankreich, Belgien, Irland, die Niederland­e und Dänemark folgten. Auch Unternehme­n und Banken begeben solche Papiere bereits seit einiger Zeit. In diesem Jahr dürften die USA noch stärker am Markt aktiv werden - nicht zuletzt beflügelt durch den neuen Präsidente­n Joe Biden, der kurz nach Amtsantrit­t dem erneuten Beitritt der USA zum Pariser Klimaschut­zabkommen veranlasst­e.

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 ??  ?? "Klima- und Umweltrisi­ken sind ein sehr wichtiges Thema. Sie können größere Probleme und Verluste für den Finanzsekt­or hervorrufe­n. Eine schnellere Sequenz an Wirbelstür­men oder Überschwem­mungen in bestimmten Regionen können Unternehme­n und Haushalte deutlich in ihren Möglichkei­ten einschränk­en, ihren Verpflicht­ungen nachzukomm­en. Darüber müssen wir nachdenken und das Bewusstsei­n der Finanzinst­itute dafür wecken", sagte BIZ-Chef Agustín Carstens gegenüber der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung.
"Klima- und Umweltrisi­ken sind ein sehr wichtiges Thema. Sie können größere Probleme und Verluste für den Finanzsekt­or hervorrufe­n. Eine schnellere Sequenz an Wirbelstür­men oder Überschwem­mungen in bestimmten Regionen können Unternehme­n und Haushalte deutlich in ihren Möglichkei­ten einschränk­en, ihren Verpflicht­ungen nachzukomm­en. Darüber müssen wir nachdenken und das Bewusstsei­n der Finanzinst­itute dafür wecken", sagte BIZ-Chef Agustín Carstens gegenüber der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung.

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