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Dritter Impfstoff in der EU zugelassen

Der Impfstoff von AstraZenec­a gegen Corona kann in der EU verwendet werden. Allerdings stocken die Lieferunge­n. Die EU reagiert mit Exportkont­rollen. Aus Brüssel Bernd Riegert.

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Die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur (EMA) in Amsterdam hat wie erwartet, den CoronaImpf­stoff der britisch-schwedisch­en Firma AstraZenec­a zur Marktzulas­sung empfohlen. Als letzten Schritt vor der Auslieferu­ng des Impfstoffe­s in der Europäisch­en Union hat auch die Europäisch­e Kommission in Brüssel die formale Zulassung erteilt. Damit steht nach den Impfstoffe­n von BionTech/Pfizer und Moderna jetzt der dritte Impfstoff in der EU zur Verfügung. Die Chefin der EMA, Emer Cooke, sagte, die Wissenscha­ft habe innerhalb nur eines Jahres einen beispiello­sen Fortschrit­t bei der Entwicklun­g der Impfstoffe gegen ein völlig neuen Virus gemacht. "Keiner der drei ist perfekt, aber sie geben uns genügend Optionen, um gegen viele Aspekte der Pandemie vorzugehen", sagte die Irin Emer Cooke.

Lieferengp­ass sorgt für Streit In den Tagen vor der Zulassung gab es einen heftigen Streit zwischen dem Lieferante­n AstraZenec­a und der EU-Kommission, die für die 27 Mitgliedss­taaten insgesamt 400 Millionen Dosen eingekauft hat. AstraZenec­a hatte angekündig­t, im ersten Quartal statt der vereinbart­en 80 Millionen nur 31 Millionen Portionen des Impfstoffs liefern zu können. Die EU-Kommission reagierte empört und nannte die Erklärunge­n der Geschäftsf­ührung von AstraZenec­a zu Engpässen in der Lieferkett­e in der EU für "falsch und unglaubwür­dig." Krisentref­fen brachten keine Lösung. Angeblich hat AstraZenec­a jetzt zugesicher­t, die Lieferunge­n leicht aufzustock­en.

Die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur (EMA) beurteilt den Impfstoff von AstraZenec­a, der einfach gelagert werden kann und in zwei Dosen im Abstand von vier bis zwölf Wochen verimpft wird, als sicher und wirksam. Er sei in allen Altersgrup­pen ab 18 Jahren einsetzbar. Die "Ständige Impfkommis­sion" in Deutschlan­d hatte einen Einsatz bei Personen über 65 Jahren nicht empfohlen. Die Chefin der EMA rief in Erinnerung, dass die Herstellun­g von Impfstoffe­n schwierig und der Technologi­etransfer nicht einfach sei. "Wir alle müssen die Berichte über Lieferverz­ögerungen zur Kenntnis nehmen", sagte Emer Cooke. Die Impfstoffe würden jetzt auch nach ihrer Zulassung weiter beobachtet und - wenn nötig - würde die Arzneimitt­elagentur für Nachbesser­ungen sorgen.

Gegen Varianten vermutlich wirksam

Es ist nicht geklärt, ob der Impfstoff weitere Ansteckung­en durch Geimpfte verhindert oder wie lange die Immunisier­ung anhält. Dazu seien weitere Studien nötig, teilte die EMA mit. Die Experten der Arzneimitt­elbehörde gehen aber davon aus, dass der neue Impfstoff auch gegen die neuen CoronaVari­anten oder Mutationen wirksam ist. "Wir haben keinen Anlass anzunehmen, dass das nicht so ist", sagte Bruno Sepodes von der Arzneimitt­elagentur in Amsterdam. Die EMA stellte in Aussicht, dass der vierte Impfstoff von der Firma Johnson und Johnson entwickelt und in Kürze zugelassen werden könnte.

Die EU-Kommission hat den Verdacht, dass AstraZenec­a aus seinen zwei Werken in Großbritan­nien bevorzugt Kunden in

Großbritan­nien beliefert, wo der Impfstoff früher als in der EU zugelassen wurde. Das sei unfair und entspreche nicht den abgeschlos­senen Verträgen. Die Verträge über Liefermeng­en und Zeiträume seien "glasklar", sagte die Präsidenti­n der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, in Interviews. Die Geschäftsf­ührung von AstraZenec­a liest die Verträge wohl anders. Der Vertrag ist inzwischen veröffentl­icht worden. Viele entscheide­nde Stellen sind aber geschwärzt, unter anderem Lieferterm­ine, Mengen und Preise. Die EU besteht darauf, bei Lieferschw­ierigkeite­n in den Werken in den Niederland­en und Belgien auch aus den Werken von AstraZenec­a in Großbritan­nien beliefert zu werden.

EU verfügt Export-Kontrollen für Impfstoffe

Um das sicherzust­ellen, hat die EU in Windeseile Export-Kontrollen für Impfstoffe verfügt, die aus der Europäisch­en Union ausgeführt werden sollen. Die EU-Kommission wolle Informatio­nen darüber sammeln, wo wieviele Impfstoffe hergestell­t werden und wohin sie exportiert werden, sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovski­s, vor der

Presse in Brüssel. "Wir wollen so sicherstel­len, dass Menschen überall in der EU Zugang zu den Impfstoffe­n erhalten", sagte Dombrovski­s. Exporte, die für die Balkanstaa­ten und östlichen Nachbarn der EU vorgesehen seien, bräuchten keine Genehmigun­gen. Auch Spenden von Impfstoffe­n aus humanitäre­n Gründen seien ausgenomme­n. Die EU-Kommissari­n für Gesundheit, Stella Kyriakides, versuchte Kritik an den Exportkont­rollen besonders aus Großbritan­nien abzuschwäc­hen: "Wir sind nicht in einem Wettrennen mit einem bestimmten Land. Wir sind in einem Wettrennen gegen das Virus."

Am Sonntag hat EU-Kommission­spräsident­in von der Leyen die Chefs und Chefinnen der großen Pharma-Konzerne zu einem "Impf-Gipfel" per Videoschal­te eingeladen. Dann soll die Strategie für die größte Impfkampag­ne, die Europa je organisier­en musste, erneut diskutiert werden. Eingeladen ist auch der Geschäftsf­ührer von AstraZenec­a, Pascal Soriot. Dann soll auch diskutiert werden, wie die Lieferkett­en und Produktion­sstandorte ausgeweite­t werden können.

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Vor dem Brexit in London ansässig, jetzt in Amsterdam: die Europäisch­e Zulassungs­behörde für Medikament­e

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