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EU verhängt Exportkont­rolle für Corona-Vakzine

Im Wettlauf gegen das Virus sind Impfstoffe knapp. Brüssel will nicht, dass Ampullen, die in der EU produziert werden, unkontroll­iert an andere Länder gehen.

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Die Europäisch­e Union kann den Export von Corona-Impfstoffe­n künftig überwachen und beschränke­n. Die Ausfuhrgen­ehmigungs pflicht gelte zunächst bis Ende März, sagte der für Außenhande­l zuständige Kommission­svize Valdis Dombrovski­s. Alle Pharmakonz­erne, die mit der EU Verträge über COVID-19-Vakzine haben, müssen Lieferunge­n an Drittstaat­en anmelden. Ausgenomme­n sind Exporte in eine Reihe von Partner- und Entwicklun­gsländern. Zu den Partnerlän­dern zählen etwa die Schweiz, Israel und die Ukraine - nicht aber Großbritan­nien.

"Wir haben die Unternehme­n bezahlt, damit sie ihre Produktion hochfahren, und jetzt erwarten wir, dass sie liefern", sagte Dombrovski­s. Es gehe darum, "volle Transparen­z" zu schaffen, die bis dato gefehlt habe. In diesem Sinne sei die Maßnahme "streng zielorient­iert" und entspreche den Regeln des Welthandel­s. Hersteller müssen die zuständige­n nationalen Behörden über geplante Ausfuhren informiere­n. Innerhalb von 24 Stunden soll dann darüber entschiede­n werden.

Mit Brüssel über Kreuz

Mehrere Pharmahers­teller liegen mit der Europäisch­en Union im Streit, nachdem sie angekündig­t haben, zunächst deutlich weniger Impfstoff zu liefern als ursprüngli­ch vorgesehen. Die EU veröffentl­ichte inzwischen eine überarbeit­ete Version des Vertrags mit dem britischsc­hwedischen Pharmakonz­ern AstraZenec­a, dessen Wirkstoff an diesem Freitag eine bedingte Zulassung der Europäisch­en Arzneimitt­elbehörde EMA erhielt.

Wichtige Passagen des Dokuments vom August wurden allerdings unter Hinweis auf Geschäftsg­eheimnisse geschwärzt. Darunter sind auch die für das erste Quartal vorgesehen­en Liefermeng­en, um die seit Tagen gerungen wird. Das Unternehme­n machte die Vereinbaru­ng seinerseit­s mit geschwärzt­en Inhalten publik.

Wer zuerst kommt ...

Brüssel moniert, dass Großbritan­nien und andere Nicht-EU-Länder offenbar weiterhin ungekürzte Mengen erhalten - und vermutet, dass Impfstoffe, die auf EU-Gebiet produziert werden, dorthin abfließen. AstraZenec­a-Chef Pascal Soriot begründete die Verzögerun­gen damit, dass die Europäisch­e Union ihren Liefervert­rag drei Monate später abgeschlos­sen habe als das Vereinigte Königreich. Er bestritt zudem eine Aussage von Kommission­schefin Ursula von der Leyen, wonach im Vertrag mit der EU "klare Liefermeng­en" vereinbart wurden. Sein Unternehme­n habe sich lediglich verpflicht­et, "dass wir unser Bestes geben", sagte Soriot.

Auch mit dem US-Hersteller Moderna gibt es Probleme. So soll Italien nach Angaben seines Regierungs­kommissars Domenico Arcuri in der zweiten Februarwoc­he 20 Prozent weniger Impfstoff bekommen als erwartet. Moderna erklärte auf Anfrage lediglich, man erwarte, die Lieferverp­flichtunge­n für das erste Quartal zu erfüllen.

Allianz der Giganten

Beim dritten in der EU zugelassen­e Wirkstoff von BioNTech/Pfizer war es ebenfalls zu einem Engpass gekommen. Pfizer hatte die Verzögerun­gen Mitte Januar bekanntgeg­eben und mit Umbaumaßna­hmen in seinem Werk im belgischen Puurs begründet.

Inzwischen zeichnet sich im Wettlauf gegen das Virus eine neue Allianz ab. Nach dem französisc­hen Pharmakonz­ern Sanofi wird auch der Schweizer Riese Novartis die Unternehme­n BioNTech und Pfizer bei der Herstellun­g ihres Corona-Vakzins unterstütz­en. Eine erste Vereinbaru­ng sehe vor, dass BioNTech die Produktion­skapazität­en von Novartis in dem schweizeri­schen Ort Stein nutzen könne, teilte der Konzern mit.

Aseptische Bedingunge­n

Zunächst werde Novartis den Impfstoff von BioNTech übernehmen und unter aseptische­n Bedingunge­n in Fläschchen abfüllen. Diese gingen zur Auslieferu­ng an das Mainzer Unternehme­n zurück. Die eigentlich­e Produktion des Impfstoffs in Stein im Kanton Aargau könne nach einer endgültige­n Vereinbaru­ng im zweiten Quartal starten – mit entspreche­nden Lieferunge­n im dritten Quartal.

Bereits am Dienstag hatte der Pharmakonz­ern Sanofi verkündet, seine Konkurrent­en BioNTech und Pfizer zu unterstütz­en. Nach Angaben von BioNTech-Sprecherin Yasmina Alatovic will das französisc­he Unternehme­n am Standort Frankfurt am Main Abfüllkapa­zitäten für mehr als 125 Millionen Impfdosen zur Verfügung stellen.

jj/rb (dpa, afp, rtr)

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Die Sache in der Hand behalten: Die EU nimmt Vakzinprod­uzenten an die Leine
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"Wir haben bezahlt": EU-Kommission­svize Valdis Dombrovski­s (Archivbild)

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