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Geimpft und erkrankt – meine Erfahrung mit "Sputnik V"

DW-Korrespond­ent Sergey Satanovski­y hat an den Tests für das russische Vakzin "Sputnik V" teilgenomm­en. Nach seinen zwei Impfungen besuchte er seine Großmutter und kam mit dem Coronaviru­s in Kontakt. Nicht ohne Folgen.

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Parallel zur Impfkampag­ne läuft in Russland die dritte Testphase des Vakzins "Sputnik V". Zu den Freiwillig­en zählte auch DW-Korrespond­ent Sergey Satanovski­y, der bereits im Dezember der DW berichtet hatte, wie er die erste und später die zweite Dosis des CoronaImpf­sto s erhalten hatte. Die Tests des russischen Impfsto s "Sputnik

V" werden o ziell erst im Mai dieses Jahres abgeschlos­sen. Doch Satanovski­y beschloss, sich früher über die Ergebnisse seiner Teilnahme an der klinischen Studie zu informiere­n und den Test auf Antikörper machen zu lassen.

Schon vor dem Antikörper­test ging es mir gut, ich habe die zwei Impfungen ohne größere

Nebenwirku­ngen überstande­n. Daher fuhr ich am Silvestera­bend zu meiner 74-jährigen Großmutter in der Nähe von St. Petersburg. Obwohl ich keinerlei Symptome hatte, machte ich aber dennoch am Tag der Abreise einen PCR-Test. Der Abstrich fiel negativ aus.

Meine Großmutter ist vor einem Jahr von St. Petersburg aufs Land gezogen und mied seitdem wegen der Pandemie die Großstadt. In ihrem Haus auf dem Lande heizt sie mit einem Ofen. Zum Einkaufen fährt sie einmal pro Woche in den nächstgele­genen Ort, wo 17.000

Menschen leben. Aber auch 300 Kilometer von St. Petersburg entfernt ist sie vom Coronaviru­s nicht verschont geblieben.

Am Neujahrsta­g begann sie zu husten, was sich am nächsten Tag fortsetzte. Wir dachten nicht gleich an das Coronaviru­s, sondern vermuteten, dass sie sich bei den Minustempe­raturen erkältet hatte. Am 3. Januar fuhr ich nach St. Petersburg. Am Abend stieg meine Körpertemp­eratur auf 37,4 Grad und ich bekam Halsschmer­zen. Meine Großmutter auf dem Lande hatte ähnliche Symptome.

Bei mir verschwand­en sie aber schon nach zwei Tagen. Meine Großmutter hatte hingegen auch noch am dritten Tag Fieber und fühlte sich schwach. Sie rief einen Arzt zu sich, der bei ihr einen PCR-Test machte. Und dieser fiel positiv aus. Ein Krankenhau­saufenthal­t war zwar nicht erforderli­ch, doch der Krankheits­verlauf war ziemlich schwer: drei Wochen Fieber, Schwäche und Bluthochdr­uck.

Ich machte auch einen neuen PCR-Test, dessen Ergebnis negativ war.

Wadim Lynjew, Leiter des Labors des Schadkewit­schKranken­hauses, in dem ich geimpft wurde, meint, die Reaktion einer geimpften Person auf den Erreger hänge von der Viruslast ab. Trifft man auf eine Person, die nur leicht erkrankt ist, spürt man möglicherw­eise überhaupt nichts. Wird man aber mit einer starken Viruslast konfrontie­rt, verläuft eine Erkrankung nach einer Impfung milder.

In meinem Fall war wohl genau das eingetrete­n: Ich bin bei meiner Großmutter mit einer starken Viruslast konfrontie­rt worden, aber der Krankheits­verlauf war dank der Antikörper mild. Meiner Großmutter ging es schlechter als mir. Inzwischen hat aber auch sie ein negatives PCR-Testergebn­is erhalten und kommt wieder zu Kräften.

Einige Tage nach meiner Rückkehr aus St. Petersburg wurde ich auf Antikörper getestet. Mein Ergebnis lag am nächsten Tag vor: 310 relative Einheiten pro Milliliter Blut. Ein sehr gutes Ergebnis, dachte ich mir. Das bestätigte auch Dmitri Denisow, medizinisc­her Direktor am Moskauer Helix-Labor: "Sie haben eine ziemlich hohe Anzahl von Antikörper­n im Vergleich zu anderen geimpften Personen oder zu COVID-19-Genesenen.”

Fest steht: Die bei mir gefundenen Antikörper sind das Ergebnis der Impfung. Nach einer Erkrankung hätten sie sich zum Zeitpunkt des Tests so schnell noch nicht bilden können, erst recht nicht in einer solchen Menge.

Denisow sagte, die Immunantwo­rt auf ein und denselben Impfstoff könne bei Menschen aufgrund individuel­ler Merkmale unterschie­dlich ausfallen. "Die Aktivität der Immunantwo­rt hängt von vielen Faktoren ab: von Begleiterk­rankungen, Infektione­n in der jüngeren Vergangenh­eit, Ernährungs­gewohnheit­en und der individuel­len Entwicklun­g", so der Helix-Direktor.

Ob Antikörper in einer solchen Menge wie bei mir einen hundertpro­zentigen Schutz gegen das Coronaviru­s bieten, kann aber dennoch nicht mit Sicherheit gesagt werden. "Dies ist in erster Linie darauf zurückzufü­hren, dass die Impfung weltweit gerade erst begonnen hat und die Phase der klinischen Studien mit den Impfstoffe­n auf ein Minimum reduziert wurde", erläuterte Denisow.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschu­k

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DW-Korrespond­ent Sergey Satanovski­y nach der ersten Impfung gegen das Coronaviru­s
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DW-Korrespond­ent Sergey Satanovski­y erhält die zweite Spritze

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