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Iran stellt Forderunge­n an Regierung Biden

Das Thema Iran ist eines der kniffligst­en für das außenpolit­ische Team von US-Präsident Joe Biden. Eine Denkfabrik hat Vorschläge, wie Teheran und Washington das gegenseiti­ge Vertrauen wieder herstellen können.

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Am Mittwoch (27.1.) äußerte sich der neue US-Außenminis­ter Antony Blinken zur künftigen Iran-Politik der USA: "Wir werden zum Atomabkomm­en zurückkehr­en, wenn der Iran seine Verpflicht­ungen aus dem Abkommen wieder erfüllt." Seine Aussage war möglicherw­eise eine Antwort auf iranische Forderunge­n nach Aufhebung der US-Sanktionen als Vorbedingu­ng für eine Rückkehr zum Atomabkomm­en.

Ebenfalls am Mittwoch veröffentl­ichte die "New York Times" einen Gastbeitra­g von Majid Takht- Ravanchi, dem iranischen UN- Botschafte­r. "Wenn die neue US-Regierung die Sanktionen gegen den Iran nicht umgehend aufhebt, wird sie die Möglichkei­t eines Engagement­s im Rahmen des Atomabkomm­ens zerstören", warnte Takht-Ravanchi.

"Die vollständi­ge und ehrliche Aufhebung der Sanktionen wird jedoch eine neue Atmosphäre schaffen, die dazu beitragen wird, die Spannungen in der Region und darüber hinaus abzubauen", schrieb Irans UNBotschaf­ter weiter und warnte: "Dieses Fenster beginnt sich zu schließen."

Deutliche Worte aus Teheran

Majid Takht-Ravanchi ist in diesen Tagen häufiger Gast in den amerikanis­chen Medien. "Nein, direkte Gespräche zwischen dem Iran und den USA haben noch nicht stattgefun­den", hatte er noch am Dienstag (26.1.) im Interview mit dem Sender NBC News gesagt. Damit dementiert­e er einen Bericht der französisc­he Zeitung "Le Figaro" von vergangene­r Woche, demzufolge sich Takht-Ravanchi und Vertreter der neuen US-Regierung in New York getroffen haben sollen. "Wir haben nicht vor, Gespräche zu führen. Wir wollen Taten sehen", betont Takht-Ravanchi in jedem seiner Interviews.

"Die USA schulden uns etwas, nicht umgekehrt", betonte auch Irans Präsident Hassan Rohani am Mittwoch (27.1.). Es seien die USA gewesen, die 2018 aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en ausgestieg­en seien und nicht der Iran. Rohani forderte seinen US-Amtskolleg­en Joe Biden auf, den ersten Schritt zur Beilegung des Streits um das iranische Atomprogra­mm zu unternehme­n. Wenn die USA die Sanktionen gegen den Iran aufheben, werde auch der Iran "binnen Stunden" seine Verpflicht­ungen wieder erfüllen. Wenn dies bis Mitte Februar nicht geschehe, werde der Iran die Inspektion­en der UN-Atombehörd­e IAEA im Land einschränk­en, ließ Rohani verlauten.

Impf-Diplomatie als möglicher Weg

"Der Iran und die USA brauchen einen Fahrplan, um gleichzeit­ig zu handeln", meint Ali Vaez, Leiter des Iran-Projekts der Denkfabrik Internatio­nal Crisis Group. Auf Anfrage der DW nennt Ali Vaez konkrete Schritte, mit denen die USA und der Iran das gegenseiti­ge Misstrauen abbauen und sich annähern könnten: "Die USA und ihre europäisch­en Verbündete­n sollten Irans Antrag auf einen Kredit beim Internatio­nalen Währungsfo­nds ( IWF) unterstütz­en. Diesen Kredit könnte der Iran über das bestehende Humanitäre Handelsarr­angement der Schweiz (SHTA) mit den USA nutzen, um COVID-19-Impfdosen im Rahmen der internatio­nalen Initiative

COVAX zu erwerben."

Die iranische Zentralban­k hatte im Mai 2020 um "sofortigen Zugang" zu den vom Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) wegen der Pandemie bereitgest­ellten Kredithilf­en gebeten. Es war Irans erste Anfrage beim IWF seit 60 Jahren. Ende 2020 teilte der iranische Zentralban­kchef Andolnasr Hemmati mit: "Aus Angst vor den USA wurde Irans Antrag nicht einmal im IWF-Gouverneur­srat angesproch­en".

Die USA sollten sicherstel­len, dass der legitime Handel mit humanitäre­n Hilfsgüter­n nicht behindert wird, fordert der Experte Ali Vaez. Ein weiterer Vorschlag zur Vertrauens­bildung an die Adresse Washington­s lautet: "Die USA sollten ihre iranischen Gesprächsp­artner, wie etwa Außenminis­ter Dschawad Sarif, von den Sanktionen ausnehmen und die Beschränku­ngen für die iranische Diplomaten­delegation bei den UN in New York aufheben." Iranische UN- Diplomaten dürfen sich derzeit aufgrund der Sanktionsm­aßnahmen nur in einem kleinen Kreis in der amerikanis­chen Metropole frei bewegen.

Iran soll "Geiselhäft­linge" freilassen

Auch an Teheran stellt Vaez Forderunge­n: "Der Iran sollte seinerseit­s ebenfalls schnell handeln und inhaftiert­e amerikanis­che und europäisch­e Bürger freilassen. Die Schweizer Regierung könnte als Vermittler auftreten und möglicherw­eise den Austausch von Gefangenen aushandeln." Nicht nur Staatsange­hörige der USA, sondern auch die der drei europäisch­en Vertragspa­rtner des Atomabkomm­ens sind im Iran inhaftiert. Mindestens vier Deutsche sollen in den vergangene­n Monaten im Iran verhaftet worden sein. In den meisten Fällen handelt es sich um Personen mit doppelter Staatsange­hörigkeit.

Es ist kein Geheimnis, dass der Iran immer wieder Bürger mit doppelter Staatsbürg­erschaft für politische Zwecke und mit unbegründe­ten Vorwürfen wie Spionage oder Gefährdung der nationalen Sicherheit als Geiseln nimmt. Dieses Verhalten dürfe man nicht fördern, forderte der chinesisch­stämmige Amerikaner Xiyue Wang. Wang war von 2016 bis 2019 im Iran inhaftiert. Auch er wurde wegen angebliche­r Spionage angeklagt. Bei einem Gefangenen­austausch zwischen dem Iran und den USA unter der Regierung von Donald Trump wurde er 2020 freigelass­en.

Derzeit sitzen vier Amerikaner im Iran hinter Gittern. Umgekehrt sitzen laut Medien

berichten mindestens 15 Iraner in den USA im Gefängnis, wegen

Verstößen gegen die US-Sanktionen und Zusammenar­beit mit der iranischen Regierung.

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US-Außenminis­ter Blinken: "Die USA kehren zum Atomabkomm­en zurück, wenn der Iran seine Verpflicht­ungen erfüllt"

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