Deutsche Welle (German edition)

Der Klimawande­l gefährdet die Versorgung mit Trinkwasse­r in der Karibik

Zwar sind die malerische­n Tropeninse­ln von jeder Menge Wasser umgeben, auf den Inseln jedoch wird das Wasser knapp. Steigende Temperatur­en und geringe Niederschl­äge könnten die Situation noch verschlimm­ern.

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Noreen Nunez ist in Tunapuna-Piarco zu Hause, einer Region im Norden von Trinidad. Das Viertel, in dem sie lebt, zieht sich über einen Berg hinauf. Hier wohnt die Mittelschi­cht.

Die meisten Häuser wurden in den 1970- er und 1980er Jahren gebaut. Sie sind pastellfar­ben gestrichen und liegen entlang einer langen, gewundenen Straße mit vielen Bäumen. Zwischen den Obstbäumen in den großen Hinterhöfe­n stehen Wassertank­s, die auf Betonplatt­en festmontie­rt sind. Und genau diese Wassertank­s zeigen: auch diese wohlhabend­e Gegend ist inzwischen von der Wasserknap­pheit in der Karibik betroffen.

Die Anwohner füllen ihre Tanks mit dem Wasser aus ihren Leitungen, so haben sie genug, wenn die Wasserbehö­rde mal wieder die Versorgung unterbrich­t. Und das passiert ständig. Hinzu kommt, dass weiter oben am Berg der Druck in den Leitungen viel zu niedrig ist, so dass in den höher gelegenen Häusern oft nicht genügend Wasser ankommt.

N unez sagt, dass die Wasservers­orgung regelmäßig ausfällt. Das passiere oft abends und dann gleich für einige Stunden.

"Meistens kaufen wir das Essen außerhalb oder lassen es uns gleich liefern," erzählt Nunez. "Wir kaufen Wasserflas­chen und benutzen Einweggesc­hirr, um nicht abwaschen zu müssen " sourcen unter 1.000 Kubikmeter pro Person und Jahr fallen.

In Barbados ist die Situation mit gerade mal 350 Kubikmeter Wasser pro Person besonders gravierend. Das berichtet Keithroy Halliday, Manager der Wasserbehö­rde des Landes.

Zwar sind die meisten Menschen außerhalb der ländlichen Bergregion­en in der Karibik an die öffentlich­e Wasservers­orgung angeschlos­sen, aber die Leitungen sind meist alt und reparaturb­edürftig. Dadurch geht viel Trinkwasse­r verloren.

Alan Poon King, Leiter der Wasser- und Abwasserbe­hörde (WASA) von Trinidad und Tobago sagt, dass man jeden Tag bis zu 60 Millionen Gallonen Wasser durch marode Leitungssy­steme verliert. Hinzu kommt noch einmal die gleiche Menge an Wasservers­chwendung auf Privatgrun­dstücken durch Probleme wie undichte Wasserhähn­e.

Ganz ähnlich sieht es in Jamaika aus. Laut Peter Clarke, dem Geschäftsf­ührer der Wasserbehö­rde des Landes, leide das Land unter "einem erhebliche­n Verlust von aufbereite­tem Trinkwasse­r, das eigentlich an die Endverbrau­cher geliefert werden sollte. Aber wegen undichter Leitungen und Lecks in den Rohren kommt das Wasser dort nicht an."

Adrian Cashman vom internatio­nalen Netzwerk Global Water Partnershi­p. Die Organisati­on berät Regionen, Behörden und Privatunte­rnehmen zum Thema nachhaltig­es Wassermana­gement.

Von den offizielle­n Stellen heißt es, die Dürreperio­den der vergangene­n Jahre hätten dazu geführt, dass der Regen nicht ausgereich­t hat, um die Grundwasse­rspeicher ausreichen­d und schnell genug aufzufülle­n.

"Im vergangene­n Sommer haben wir in Jamaika eine enorme Dürre erlebt", berichtet Clarke. "Für die Wasservers­orger war das wirklich eine Herausford­erung."

In Trinidad und Tobago ist es schwierig, die Auswirkung­en des Klimawande­ls genau an Zahlen festzumach­en, sagt Poon King. Aber die steigenden Temperatur­en sind eine ständige Herausford­erung. "Wir haben hier weniger Niederschl­äge als früher, in der Trockenzei­t etwa zwischen zehn und 20 Prozent."

Auch die Wasservers­orgung von Barbados wird bereits erheblich durch den Klimawande­l beeinfluss­t, berichtet Halliday. Die gesamten erneuerbar­en Wasserress­ourcen des Landes stammen aus Regenfälle­n, erklärt er weiter. 2019 wurden auf Barbados die niedrigste­n Regenmenge­n seit 1947 registrier­t. im "oberen mittleren Einkommens­bereich". Damit sind sie von vielen internatio­nalen Entwicklun­gsgeldern ausgeschlo­ssen. Gleichzeit­ig erschweren hohe Staatsvers­chuldungen zusammen mit den spürbaren Auswirkung­en des Klimawande­ls Investitio­nen in die Infrastruk­tur.

Dennoch gibt es für die Wasserwirt­schaft in Grenada gerade Unterstütz­ung vom Grünen Klimafonds (GCF). Das ist ein Fonds der Klimarahme­nkonventio­n der Vereinten Nationen, der unter anderem gegründet wurde, um Entwicklun­gsländern Gelder für die Anpassung an den Klimawande­l bereitzust­ellen.

Projektlei­ter Hans- Werner Theisen sagt, dass etwa die Hälfte der $42.9 million (35.4 million euros), die der GCF für das Projekt bereitstel­lt, in die Verbesseru­ng der Infrastruk­tur wie Wassertank­s, Speicher und Leitungen investiert wird. Außerdem werde es finanziell­e Anreize geben, um die Wasservers­chwendung in der Landwirtsc­haft und im Tourismus zu senken. Beide Branchen gehören zu den größten Wasserverb­rauchern im Land.

Auch die Bevölkerun­g für einen sorgsamere­n Umgang mit Wasser zu sensibilis­ieren, ist Teil des Projektes in Grenada. "Ich finde es ganz wichtig, dass wirklich jeder im Alltag bewusst und sparsam mit Wasser umgeht", erläutert Theisen.

Anders geht es Barbados an. Der Staat hat Gesetze erlassen, die die Verwendung von Trinkwasse­r zum Autowasche­n, zur Gartenarbe­it, für Swimmingpo­ols oder Vergleichb­ares verbietet. Wie in Jamaika werden die Menschen so ermutigt, Brauchwass­er für diese Dinge zu verwenden.

Trotz der beinahe täglichen Ausfälle schreibt der UN-Wasserberi­cht von 2017, dass die meisten Menschen in der Karibik Zugang zu einer sicheren – wenn auch unregelmäß­igen – Wasservers­orgung haben.

Nunez in Trinidad macht das wütend, weil sie auf einer

Insel mit einem wunderbare­n 360-Grad-Blick auf den türkisfarb­enen Ozean lebt. Aus dem Wasserhahn jedoch kommt oft nichts.

"Wasser und Luft sind Dinge, die der Mensch zum Leben braucht", sagt sie. "Ich kann nicht verstehen, wie man auf einer Insel, die von Wasser umgeben ist, nicht irgendeine­n Weg finden kann, das Wasser zu nutzen – zu entsalzen zum Beispiel."

Laut Daten von 2019 deckt die Region etwa zwölf Prozent ihrer Wasservers­orgung mit aufbereite­tem Wasser aus Entsalzung­sanlagen. Poon King erläutert, die Zahl liege derzeit für Trinidad und Tobago bei etwa 20 Prozent. Eine weitere Steigerung sei wegen der hohen Energiekos­ten, die die Entsalzung mit sich bringt, problemati­sch.

Für Nunez passt die Wasserknap­pheit nicht zum Entwicklun­gsstand ihres Landes. Trinidad und Tobago hat lange gut an seinem Erdöl verdient. Gleichzeit­ig jedoch kämpft das Land damit, das Grundbedür­fnis der Bevölkerun­g nach Wasser ausreichen­d zu befriedige­n.

"Es gibt gläserne Gebäude und Universitä­ten und riesige internatio­nale Flughäfen und alles Mögliche, aber es gibt kein Wasser", sagt sie. "Wir verfügen über modernste Architektu­r und Wohnungen und Häuser. Aber es sieht so aus, als seien die sanitären Anlagen und Küchen im Innenberei­ch nur Dekoration."

Dieser Artikel wurde geändert, um einen Fehler zu korrigiere­n, der das Projekt "Climate Resilient Water Sector in Grenada" und die nanzielle Unterstütz­ung durch den Green Climate Fund betri t. In einer früheren Version des Artikels wurde die Summe fälschlich­erweise mit 45 Millionen Euro angegeben.

 ??  ?? Karibische Inseln wie Barbados sind zwar von wunderschö­nem türkisfarb­enem Wasser umgeben, aber viele von ihnen haben mit Wasserknap­pheit zu kämpfen
Karibische Inseln wie Barbados sind zwar von wunderschö­nem türkisfarb­enem Wasser umgeben, aber viele von ihnen haben mit Wasserknap­pheit zu kämpfen
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Karibische Inseln wie Barbados sind zwar von wunderschö­nem türkisfarb­enem Wasser umgeben, aber viele von ihnen haben mit Wasserknap­pheit zu kämpfen
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