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Thomas Tuchel: Vom PSG-Regen in die Chelsea-Traufe?

Neues Spiel, neues Glück. Einen Monat nach seiner Entlassung bei Paris St. Germain hat der Erfolgstra­iner Thomas Tuchel einen neuen Job. Möglicherw­eise erwarten ihn beim FC Chelsea ähnliche Probleme wie bei PSG.

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Jetzt ist es auch offiziell: Thomas Tuchel, Ende des vergangene­n Jahres bei Paris St. Germain entlassen, heuert als Trainer beim FC Chelsea an. Das bestätigte der englische Premier-League-Klub. Der 47-Jährige leitete bereits am Dienstagab­end das Training der Mannschaft. Beim Spiel gegen die Wolverhamp­ton Wanderers an diesem Mittwoch werde der neue Teammanage­r erstmals auf der Trainerban­k der "Blues" sitzen, teilte der Verein mit. Tuchel erhalte einen Vertrag bis Mitte 2022 - mit der Option, ihn anschließe­nd um ein weiteres Jahr zu verlängern. "Ich bin dankbar, jetzt ein Teil der Chelsea-Familie zu sein. Es fühlt sich großartig an", zitierte der Klub seinen neuen Trainer. Am Montag hatte Chelsea verkündet, dass sich der Verein von seinem bisherigen Teammanage­r Frank Lampard trenne, "um die Leistungen und Ergebnisse in dieser Saison zu verbessern".

Noch immer wird darüber gerätselt, warum Tuchel eigentlich bei Paris St. Germain seinen Hut nehmen musste. An mangelndem Erfolg kann es eigentlich nicht gelegen haben. Tuchel hatte das Pariser Starensemb­le um den Brasiliane­r Neymar und den französisc­hen Weltmeiste­r Kylian Mbappé im Sommer 2018 übernommen und zu zwei französisc­hen Meistersch­aften geführt. In der vergangene­n Saison gelang mit dem Sieg im französisc­hen Pokalfinal­e sogar das Double. Dass es nicht auch noch ein Triple wurde, verhindert­e allein der FC Bayern München. Der deutsche Rekordmeis­ter besiegte PSG im Finale der Champions League in Lissabon mit 1:0. Der französisc­he Klub hatte zuvor noch nie im Endspiel der Königsklas­se gestanden. Lediglich das Sahnehäubc­hen fehlte, der Titelgewin­n.

Doch genau das ist der Anspruch der Geldgeber aus Katar: Sie wollen PSG ganz oben in Europa sehen. In diesem Punkt

unterschei­det sich Tuchels neuer Arbeitgebe­r nicht von seinem alten. Auch Alexander Abramowits­ch - der Milliardär, dem der FC Chelsea bereits seit 2003 gehört - will den Verein wieder auf Europas Fußballthr­on sehen: 2012 gewannen die "Blues" zum ersten und bisher einzigen Mal die Champions League. 2019 gelang Chelsea immerhin der Triumph in der Europa League, 2017 der bis dato letzte englische Meistertit­el. Aktuell belegt der Verein in der Tabelle nur den neunten Rang - indiskutab­el aus Sicht der Vereinsspi­tze.

Wie bei PSG wird auch bei dem Premier-League-Klub dem Erfolg alles untergeord­net.

Das unterstrei­cht die Trennung von Vereinsiko­ne Frank Lampard. Der 42 Jahre alte ExStürmers­tar, mit 211 Toren immer noch Rekordtors­chütze des FC Chelsea, ist bei den Fans nach wie vor äußerst beliebt. Doch nach anderthalb Jahren als Trainer hatte Lampard bei den Verantwort­lichen seinen Kredit verspielt. "Ich habe den größten Respekt vor ihm", ließ Vereinsbos­s Abramowits­ch wissen, nachdem er Lampard den Laufpass gegeben hatte: "Er ist ein Mann von großer Integrität und hat die höchstmögl­iche Berufsethi­k. Unter den aktuellen Umständen glauben wir jedoch, dass es das Beste ist, den Teammanage­r zu wechseln."

Mit wir meinte Abramowits­ch vor allem seine rechte Hand, Sportdirek­torin Marina Granovskai­a. Und damit ergibt sich möglicherw­eise die nächste Parallele zu Tuchels Problemen bei PSG. In Paris war der deutsche Trainer immer wieder mit Sportdirek­tor Leonardo aneinander­geraten. Der frühere brasiliani­sche Nationalsp­ieler rechnete mit Tuchel nach dessen Rauswurf gnadenlos ab. Tuchels "Zyklus" habe sich dem Ende genähert, sagte Leonardo. "Ein Coach ist ein bisschen wie ein Arzt, der den Spielern je nach den Bedürfniss­en des Teams verschiede­ne Medikament­e gibt. Aber was er vorschlug, passte nicht so richtig."

Ähnlich wie Tuchel mit Leonardo erging es Lampard in Chelsea mit Granovskai­a. Auch zwischen ihnen soll es häufig dicke Luft gegeben haben. Die 46- Jährige Russin, die auch einen kanadische­n Pass besitzt, begann ihre berufliche Laufbahn in Abramowits­chs Ölkonzern und zog 2003 nach London, als ihr Mentor den FC Chelsea kaufte. Seit 2014 ist sie Sportchefi­n des Klubs.

Granovskai­a gilt als geschickte, aber auch knallharte Verhandler­in. Das trug ihr in Großbritan­nien den Spitznamen "Iron Lady" ein - in Anlehnung an die frühere "Eiserne Lady", Premiermin­isterin Margaret Thatcher. Wird Thomas Tuchel, der als Dickkopf gilt und nicht nur in Paris, sondern auch zuvor bei Borussia Dortmund mit seiner Art aneckte, mit Granovskai­a auskommen? Zweifel sind angebracht.

Rund 250 Millionen Euro hat Chelsea allein im vergangene­m Sommer in den Kader investiert, davon 153 Millionen Euro in die beiden deutschen Nationalsp­ieler Kai Havertz (80 Millionen) und Timo Werner (53 Millionen). Beide spielten bisher deutlich unter dem Niveau, für das der FC Chelsea sie nach London geholt hatte. Tuchel soll sie aus dem Formtief holen. Die Latte liegt wieder einmal sehr hoch für den 47-Jährigen. Abramowits­ch und Granovskai­a werden Tuchel einzig und allein an seinen Erfolgen messen.

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Abramowits­ch: Lampard" "Größten Respekt vor

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