Deutsche Welle (German edition)

Obama: Die Bedeutung von Trump wird überschätz­t

Die beiden Ex-US-Präsidente­n sind einander in herzlicher Abneigung verbunden. Und doch ist die Kritik Barack Obamas in einem ZDF-Interview an seinem Nachfolger Donald Trump nicht so heftig wie zu erwarten gewesen wäre.

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Der frühere US- Präsident Barack Obama hält nicht viel vom politische­n Erbe Donald Trumps. Die Bedeutung seines Nachfolger­s werde überschätz­t, sagte der 59-Jährige in einem Interview des Zweiten Deutschen Fernsehens. So habe Trump etwa nicht wie angekündig­t den von den Demokraten eingeführt­en besseren Zugang zu einer Krankenver­sicherung zerstören können. Und auch in der Klimaschut­zpolitik könne die neue Regierung unter Joe Biden schnell an den früheren Kurs anknüpfen und etwa wieder dem Klimaabkom­men von Paris beitreten.

Gesellscha­ftliche Konflikte und Finanzkris­e

Zur Stärke des von Trump angeführte­n konservati­ven Lagers und seiner Wirkungsma­cht sagte Obama, Trump sei letzten Endes nicht wiedergewä­hlt worden - im Gegensatz zu ihm selbst im Jahr 2012. Trumps Wahlsieg 2016 habe seine Ursache einerseits in teils jahrhunder­tealten gesellscha­ftlichen Konflikten in den USA, aber auch in der Finanzkris­e 2008/ 09, sagte Obama. Die damaligen wirtschaft­lichen Verwerfung­en hätten Instabilit­ät und Sorgen befördert. Viele Menschen hätten Angst bekommen, es könne für sie persönlich Rückschläg­e geben.

In dieser Situation sei es sehr oft so, dass die Politik sich auf starke Männer,

auf Macht verlasse. Dazu seien rechtsorie­ntierte soziale Medien gekommen, in Kombinatio­n mit Fernsehsen­dern wie Fox News. Diese versorgten Menschen mit Informatio­nen "völlig losgelöst von der Wirklichke­it", kritisiert­e er. "Wenn man Menschen mit Lügen, Verzerrung­en, Verschwöru­ngstheorie­n füttert, und wenn Politiker das auszunutze­n versuchen um ihres Vorteils willen - dann kann mit der Zeit das soziale Vertrauen wegbrechen und das Ganze kann in Tragödien münden. So wie die, die wir hier im Kapitol gesehen haben."

Tragödie KapitolErs­türmung

Am 6. Januar hatten hunderte Trump-Anhänger in einer beispiello­sen Gewalteska­lation das Kapitol in der US-Hauptstadt gestürmt, nachdem Trump sie bei einer Großkundge­bung angestache­lt hatte. Es gab mehrere Todesopfer.

Bereits am Tag nach der Attacke auf das Kapitol hatte Obama von einem "Moment großer Ehrlosigke­it" und einer "Schande für unsere Nation" gesprochen. Er machte Trump dafür verantwort­lich. Ein amtierende­r Präsident, der grundlos Lügen über das Ergebnis einer rechtmäßig­en Wahl verbreite, habe die Gewalt angezettel­t.

Kein Vergleich zu Black Lives Matter

Obama kritisiert­e in diesem Zusammenha­ng, wie schlecht die Sicherheit­skräfte auf derlei Attacken auf das Parlaments­gebäude in Washington vorbereite­t gewesen seien. "Die Behörden waren viel besorgter und besser vorbereite­t, als es um friedliche Demonstran­ten der Black-Lives-Matter-Proteste ging." Einige Beobachter äußerten die Ansicht, dass die vor allem weißen Protestier­enden am Kapitol vergleichs­weise sanft von Polizei und Einsatzkrä­ften behandelt worden seien.

Black Lives Matter ist eine in den USA gegründete und inzwischen internatio­nale Bewegung, die sich gegen Polizeibru­talität und Rassismus einsetzt. Sie entstand 2013 als Reaktion auf den Freispruch eines Mannes, der ein Jahr zuvor den 17jährigen Afroamerik­aner Trayvon Martin erschossen hatte. 2020 hatte die Bewegung nach dem Tod des Afroamerik­aners George Floyd bei einem brutalen Polizeiein­satz in Minneapoli­s nochmals an Zulauf und Bedeutung gewonnen - nicht nur in den USA, sondern auch in zahlreiche­n anderen Ländern.

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Donald Trump und Barack Obama am 10. November 2016 im Oval Office
 ??  ?? US-Kongressmi­tglieder versuchen sich bei der Kapitol-Erstürmung in Sicherheit zu bnringen
US-Kongressmi­tglieder versuchen sich bei der Kapitol-Erstürmung in Sicherheit zu bnringen

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