Deutsche Welle (German edition)

Die EVP und ihr ungarische­s Sorgenkind

Der Streit in der konservati­ven Parteienfa­milie geht in eine neue Runde. CDUChef Armin Laschet muss entscheide­n, was ihm wichtiger ist: politische Prinzipien oder die deutschung­arischen Wirtschaft­sbeziehung­en.

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Donald Tusk hatte ein vergiftete­s Geschenk im Gepäck: In seinem Grußwort zum virtuellen Parteitag der CDU in Berlin am 16.01.2021 appelliert­e der Vorsitzend­e der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) an die "Standhafti­gkeit in unserem gemeinsame­n Kampf um die freiheitli­che Demokratie. Auch in unseren eigenen Reihen." Jetzt kämen "harte Entscheidu­ngen" auf die Konservati­ven in Europa zu. Dabei sei ein "klarer Standpunkt" "Gold wert."

Mit seinen Worten legte der Pole den Finger in eine zehn Jahre alte Wunde: Wie sollen die Konservati­ven in Europa mit ihrem Sorgenkind Viktor Orbán und seiner Partei Fidesz umgehen? Seit März 2019 ist die Mitgliedsc­haft der ungarische­n Regierungs­partei in der konservati­ven Parteienfa­milie suspendier­t; einzelnen Fidesz-Abgeordnet­en wird das Rederecht im Europaparl­ament verweigert; Tusk will Fidesz ganz loswerden und wird dabei von einigen kleineren EVP-Mitgliedsp­arteien unterstütz­t.

Zuletzt hatte Viktor Orbán die eigenen Reihen mit seiner Veto-Drohung gegen den EU-Haushalt verärgert. Die Zusammenar­beit mit der Regierung in Budapest in den vergangene­n Monaten sei "extrem ernüchtern­d gewesen", sagte EVP- Fraktionsc­hef Manfred Weber, dem von Fidesz-Mitglieder­n "Gestapo-Methoden" vorgeworfe­n worden waren. "Die Entscheidu­ng", ob die Ungarn noch in der EVP bleiben können, "kann nicht mehr aufgeschob­en werden", urteilte der CSU-Politiker deshalb gegenüber der dpa.

Seit mittlerwei­le zehn Jahren hadert die EVP mit ihrem ungarische­n Sorgenkind. Solange schon testen Viktor Orbán und Fidesz aus, wie weit sie gehen können. Angriffe auf Pressefrei­heit, Justiz, Zivilgesel­lschaft und EU-Kommission, die Vertreibun­g der Central European University aus Budapest, Korruption - die Liste der Konflikte mit Brüssel, aber auch mit den konservati­ven Partnern ist lang.

Bisher hieß es aus den Unionspart­eien immer, man wolle "intern" auf Orbán einwirken. "Ich darf daran erinnern, dass die wenigen Parteien, die gefordert haben, Fidesz auszuschli­eßen, nicht repräsenta­tiv sind für die Mehrheit der EVP", betont Bence Bauer im Gespräch mit der DW. Er ist selbst Fidesz-Mitglied und leitet das Deutsch-Ungarische Institut für Europäisch­e Zusammenar­beit in Ungarns Hauptstadt Budapest.

Die radikalen Orbán-Kritiker innerhalb der EVP stammen aus einem knappen Dutzend kleinerer Parteien aus den nordischen und Benelux-Staaten. Für einen Ausschluss "braucht es am Ende die Stimmen der CDU und CSU", ist sich deshalb der grüne Europaabge­ordnete Daniel Freund sicher. Damit liege der Ball im Feld des neuen CDU-Vorsitzend­en Armin Laschet: "Wenn er jetzt sagt: Meine Delegierte­n stimmen für den Ausschluss, dann könnte dieser Ausschluss vollzogen werden", so Freund im Gespräch mit der DW.

Dass das "eine schwierige Verhandlun­gsfrage" wird, gibt der CDU-Chef selbst zu. Polen und Ungarn würden in der Europäisch­en Union gebraucht - und er wolle nicht, dass sie "ins Rechtsradi­kale abdriften", sagte Armin Laschet im ZDF. Aber die EVP habe auch klare Bedingunge­n für eine Mitgliedsc­haft. "Und die werden wir von Viktor Orbán einfordern", so Laschet.

Aber was bedeuten diese Worte des möglichen CDU/ CSU-Kandidaten für das Amt des Bundeskanz­lers? "Dass die ausgewogen­e Politik von Angela Merkel fortgeführ­t wird," erwartet Bence Bauer, der unter anderem in der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung politisch

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Ungarns Ministerpr­äsident Viktor Orbán beim EU-Gipfel in Brüssel am 14. Dezember 2017
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EVP-Chef Donald Tusk bei seiner OnlineRede auf dem CDU-Parteitag am 16. Januar 2021

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