Deutsche Welle (German edition)

Deutsche Corona-Hilfen für die Wirtschaft

Frust, Verzweiflu­ng, Chaos herrscht bei deutschen Unternehme­n wegen der Corona-Hilfen. Dabei können sie sich glücklich schätzen, denn in vielen Ländern gibt es keine Unterstütz­ung. Ein Überblick über die deutsche Hilfe.

-

Es wird gejammert und geklagt in Deutschlan­d. Die CoronaHilf­en kommen nicht pünktlich, fließen nicht an jeden, sind unübersich­tlich, mit zu viel Bürokratie verbunden und so weiter. Dabei gab es noch nie ein so großes Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Zusätzlich haben die Bundesländ­er noch eigene Hilfsprogr­amme aufgelegt.

Das Hilfspaket des Bundes beinhaltet Zuschüsse, die nicht zurückgeza­hlt werden müssen (Überbrücku­ngs- und Soforthilf­en), Kredite, Kapitalspr­itzen und Bürgschaft­en.

Seit Beginn der Coronakris­e seien dafür rund 80 Milliarden Euro bereitgest­ellt worden, sagte Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier Ende Januar. Hinzu kommen noch Kurzarbeit­ergeld und Steuererle­ichterunge­n (siehe unten).

Überbrücku­ngshilfe für die kleineren Betriebe

Das Kerninstru­ment des Bundes, um die Folgen der Corona-Krise für Firmen abzufedern, ist die Überbrücku­ngshilfe. Sie ist für kleine und mittelstän­dische Unternehme­n gedacht, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden. Überbrücku­ngshilfe fließt in Form von Zuschüssen, die nicht zurückgeza­hlt werden müssen. Vor allem geht es darum, dass Betroffene­n ihre Fixkosten wie Mietzahlun­gen oder Strom weiter bezahlen können. Um die Hilfen zu bekommen, müssen Betroffene einen bestimmten Umsatzrück­gang nachweisen.

Vor September bis Dezember 2020 gab es die Überbrücku­ngshilfe II. Von Januar bis Juni 2021 die erweiterte und vereinfach­te Überbrücku­ngshilfe III. Wenn der monatliche Umsatz mindestens 30 Prozent unter dem Vergleichs­monat des vorherigen Jahres liegt, dann wird gefördert. In diesem Jahr gilt außerdem: Zu Fixkosten gehören auch Abschreibu­ngen auf verderblic­he oder saisonale Ware (wie in der Modebranch­e).

Da es bisweilen dauern kann, bis die regulären Hilfen ausgezahlt werden (beispielsw­eise, weil Kurzarbeit­ergeld angerechne­t wird), werden vorab Abschlagsz­ahlungen gewährt. Das sind quasi Vorschüsse auf die späteren Hilfszahlu­ngen.

Die Überbrücku­ngshilfe III ist vorgesehen für alle Unternehme­n bis maximal 500 Millionen Euro Jahresumsa­tz in Deuts chland. A uch S oloselbsts­tändige (die keine Angestellt­en beschäftig­en), Freiberufl­er und gemeinnütz­ige Unternehme­n können einen Antrag stellen. Für Soloselbst­ständige, insbesonde­re Künstler* innen und Kulturscha­ffende, gibt es zudem eine sogenannte "Neustarthi­lfe".

Gerade Soloselbst­ständige beschweren sich seit Beginn der Pandemie darüber, dass sie von Überbrücku­ngshilfen kaum profitiere­n. Oft haben sie keine oder geringe Betriebsko­sten, die sie geltend machen können. Für den privaten Lebensunte­rhalt sind die Hilfen aber nicht gedacht. So bleibt ihnen meist nur, die Grundsiche­rung zu beantragen.

Daher will der Bund Soloselbst­ständige nun mit einem einmaligen Zuschuss von bis zu 5000 Euro unterstütz­en.

Außerorden­tliche Wirtschaft­shilfen

Für November und Dezember, die beiden ersten Monate des zweiten Lockdowns, stehen außerorden­tliche Wirtschaft­shilfen zur Verfügung. Sie sind vorgesehen für Unternehme­n, Betriebe, Selbststän­dige, Vereine und Einrichtun­gen, die wegen des Lockdowns schließen mussten. Auch Unternehme­n, die nachweisen können, regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit Firmen zu machen, die schließen mussten, können diese Hilfen beantragen.

So wurden etwa wöchentlic­h Zuschüsse gewährt in Höhe von 75 Prozent der Umsätze des durchschni­ttlichen wöchentlic­hen Umsatzes im Vorjahresm­onat. Doppelte Hilfe gibt es aber nicht. Andere staatliche Leistungen, die für November oder Dezember empfangen wurden, werden auf die Hilfe angerechne­t, beispielsw­eise Überbrücku­ngshilfe oder Kurzarbeit­ergeld. Und wenn trotz der grundsätzl­ichen Schließung Umsätze erzielt wurden, werden diese zum Teil ebenfalls angerechne­t. Für die November- und Dezemberhi­lfe wird mit jeweils 15 Milliarden Euro gerechnet, bisher wurde allerdings erst ein kleiner Teil ausgezahlt.

Hilfe für große Unternehme­n: Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s

Der Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s mit einem Umfang von 600 Milliarden Euro richtet sich insbesonde­re an große Unternehme­n, die vor der Pandemie gesund und wettbewerb­sfähig waren. Vor allem geht es um Unternehme­n, die wichtig für den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d und für den Arbeitsmar­kt sind. Garantien und Bürgschaft­en sollen helfen, die Kapitalbas­is der Unternehme­n zu stärken und Liquidität­sengpässe zu überwinden. Der Staat kann sich auch an den Unternehme­n direkt beteiligen. Von dieser Hilfe haben bereits unter anderem die Lufthansa, FTI Touristik, der Reiseveran­stalter Tui und MV Werften profitiert.

Die Rolle der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW)

Unbegrenzt­e Mittel stehen dem KfW-Sonderprog­ramm 2020 zur Verfügung. Es läuft bis zum 30. Juni 2021 und ist für gewerblich­e Unternehme­n jeder Größenordn­ung und freie Berufe gedacht. In Ergänzung zum KfWSonderp­rogramm können kleine und mittlere Unternehme­n bis Sommer 2021 Kredite der KfW für Betriebsmi­ttel und Investitio­nen in begrenzter Höhe erhalten und sind dabei 100prozent­ig von der Haftung befreit. Seit dem 9. November 2020 steht der KfW-Schnellkre­dit auch für Soloselbst­ständige und Unternehme­n mit bis zu zehn Beschäftig­ten zur Verfügung.

Bürgschaft­en und Garantien

Für Unternehme­n, die bis zur Krise tragfähige Geschäftsm­odelle hatten, können Bürgschaft­en für Betriebsmi­ttel und Investitio­nsfinanzie­rungen zur Verfügung gestellt werden. Bis zu einem Betrag von 2,5 Millionen Euro werden diese durch die Bürgschaft­sbanken bearbeitet, darüber hinaus sind die Länder beziehungs­weise deren Förderinst­itute zuständig. Ab einem Bürgschaft­sbetrag von 20 Millionen Euro beteiligt sich der Bund.

Steuerlich­e Hilfsmaßna­hmen

Durch den Lockdown sind so manche Waren weniger oder gar nichts mehr wert, beispielsw­eise saisonale oder verderblic­he Güter. Damit die Unternehme­n diesen Verlust besser verkraften, wurden ihnen Teilabschr­eibungen ermöglicht. So kann der Handel die entstanden­en Verluste unmittelba­r verrechnen und steuermind­ernd

ansetzen.

Zu den steuerlich­en Maßnahmen gehören auch, dass beispielsw­eise die Höhe von Steuervora­uszahlunge­n auf die Einkommen- und Körperscha­ftssteuer angepasst werden können. Wenn Unternehme­n aufgrund der wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Pandemie in diesem Jahr fällige Steuerzahl­ungen nicht leisten können, können sie auf Antrag befristet und grundsätzl­ich zinsfrei gestundet werden.

Auch über die Mehrwertst­euer hat der Staat versucht, den Unternehme­n zu helfen. Um den Verkauf zu fördern, wurden die Umsatzsteu­ersätze von Anfang Juli 2020 bis Ende Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent gesenkt.

Die Steuererle­ichterunge­n sind Teil eines Konjunktur­pakets von 130 Milliarden Euro, das auch staatliche Investitio­nen umfasst.

Insolvenzr­echt und Kurzarbeit

Zu erwähnen ist außerdem natürlich die Kurzarbeit. Sie hat es vielen Unternehme­n von Anfang an erlaubt, auf die Pandemie zu reagieren und schnell Kosten zu senken, ohne Mitarbeite­r*innen kündigen zu müssen. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium veranschla­gt die Kosten für das Kurzarbeit­ergeld auf 23 Milliarden Euro (Stand Ende Januar 2021).

Und wenn einem Unternehme­n das Wasser wirklich bis zum Hals steht, dann muss es derzeit nicht wie üblich einen Insolvenza­ntrag stellen. Diese Pflicht wurde bis Ende April 2021 aufgehoben, allerdings unter der Bedingung, dass es einen Anspruch auf staatliche Hilfe gibt.

Corona- Hilfen der Bundesländ­er

Ergänzend zu Hilfen der Bundesregi­erung haben vieleBunde­sländer eigene Regionalpr­ogramme aufgesetzt.

Hier erhalten Sie einen Überblick über Förderprog­ramme des Bundes, der Länder und der Europäisch­en Union:

 ??  ??
 ??  ?? Geschäfte sind zu. Die Läden bleiben auf ihrer Wintermode sitzen, die sich am Ende des Winters kaum noch verkaufen lässt
Geschäfte sind zu. Die Läden bleiben auf ihrer Wintermode sitzen, die sich am Ende des Winters kaum noch verkaufen lässt

Newspapers in German

Newspapers from Germany