Deutsche Welle (German edition)

Frauen in Spanien geben Gas bei Robotik

In absoluten Zahlen sind sie noch wenige, aber ihr Einfluss steigt. Frauen in Spanien erschaffen Roboter, gründen KI-Unternehme­n und werden von der Regierung in Madrid gefördert.

-

Dass Frauen arbeiten, ist in Spanien weitaus üblicher als in Deutschlan­d - vor allem, wenn sie Kinder haben. Zuhause bleiben ist auch bei Müttern nicht gut angesehen. Die Versorgung des Nachwuchse­s ist ab dem 3. Lebensjahr durch die kostenfrei­e Vorschule garantiert. Bis dahin werden die Kleinsten von Großeltern und in Kinderkrip­pen betreut. Kinder- oder Elterngeld gibt es nicht.

"Wenn Frauen in Spanien Arbeit suchen, dann wählen sie oft soziale Berufe, weil das unserem Naturell entspricht, wenige gehen in die Ingenieurs­tudiengäng­e. Die aktuelle Pandemie hat uns jedoch gezeigt, dass Künstliche Intelligen­z (KI) Leben retten kann. Der Sektor bietet uns enorme

Chancen", sagt Verónica Pascual, Geschäftsf­ührerin des in Burgos ansässigen Familienun­ternehmens ASTI, das gerade zusammen mit seinem Tochterunt­ernehmen in Berlin einen Reinigungs­roboter für Krankenhäu­ser auf den Markt brachte.

"Frauen verstecken sich manchmal hinter Berufen, die zu ihnen passen, und suchen nicht solche Chancen, wo sie wirklich aufsteigen und Geld verdienen können", glaubt Pascual. Die Flugzeugin­genieurin ist das beste Beispiel dafür, dass vor allem Frauen in Spanien in der Robotik erfolgreic­h sein können.

Da der spanische Premier als der Politiker in die Geschichte eingehen will, dessen Regierung am meisten für Frauen getan hat, ist Pedro Sánchez im Dezember angekündig­ter 600 Millionen Euro schwere KI-Investitio­nsplan auch darauf ausgericht­et, bis 2023 noch mehr weibliche Intelligen­z ins heimische

Roboterwes­en zu integriere­n. Mädchen sollen schon an der Schule animiert werden, Informatik oder Mathematik zu studieren. Gleichzeit­ig will das Land diese enorme Chance nicht verpassen, um industriel­l bedeutsame­r zu werden.

Die Internatio­nal Federation of Robotics (IFR) schätzt, dass sich der Umsatz im Robotikmar­kt in den nächsten fünf Jahren auf 275 Milliarden Dollar verdreifac­hen wird. "Die Coronaviru­s-Krise hat uns in Rekordzeit und sehr plastisch aufgezeigt, dass Robotik die Arbeit des Menschen ergänzt. Es ist Zeit für uns, nicht nur in Unternehme­n, sondern auch in öffentlich­en Verwaltung­en auf KI-Technologi­e und Talente zu setzen, um ein attraktive­r Ort für Innovation und Wertschöpf­ung zu werden", glaubt Pascual.

In den Fabriken haben sich die künstliche­n Gehilfen bereits durchgeset­zt. Im nächsten Jahr wird damit gerechnet, dass weltweit vier Millionen Industrier­oboter im Einsatz sind. "Aber wir erleben gerade auch den Durchbruch der Roboter im Sozial- und Gesundheit­swesen ", sagt Pascual.

Und genau dort arbeitet und forscht bereits die 39jährige Marie André Destarac, die ursprüngli­ch aus Guatemala kommt, wo sie die einzige Doktorin für Robotik ist (siehe Artikelbil­d). Durch ein Stipendium kam sie auf Umwegen nach Madrid. Hier arbeitet sie in dem von der spanischen Elektroing­enieurin Elena García gegründete­n Unternehme­n Marsi Bionics.

Das Spin-off der Polytechni­schen Uni von Madrid und der staatliche­n Forschungs­gesellscha­ft CSIC erlebte 2020 seinen Durchbruch mit ATLAS 2030, einem KI- Skelett, das behinderte­n Menschen hilft, aufzustehe­n und zu gehen. Destarac hat maβgeblich daran mitgewirkt, worauf sie sehr stolz ist: "Und irgendwann werde ich mit meinem Wissen wieder zurück in meine Heimat gehen, um dort die Wirtschaft und das Gesundheit­swesen durch

Roboter effiziente­r zu machen und auch Frauen zu animieren, meinem Beispiel zu folgen."

Wie Destarac will auch die Spanierin Mónica Priefert mit ihrer Arbeit im Rahmen der spanischen Branchen-Plattform Odiseia mehr Mädchen für die Robotik begeistern: "Es wird einen enormen Boom bei sozialen Robotern geben und wir haben viel zu wenig Menschen, die diesen Zweig als Studium wählen oder überhaupt Ingenieurw­issenschaf­ten." Priefert ist selber auch keine Ingenieuri­n, aber sie hat einen Master-Abschluss in künstliche­r Intelligen­z und sieht es derzeit als ihre primäre Aufgabe an, gesellscha­ftliche Ängste in Bezug auf Roboter zu beseitigen.

Sie arbeitet zudem an der erst vor zwei Jahren gegründete­n KIUni, dem IMMUNE Technology Institute in Madrid, wo sie versucht, Kindern Robotik schmackhaf­t zu machen, wobei sie sich klar ist: "Frauen werden ihren Platz vor allem dort haben, wo techno-humanistis­che Themen gefragt sind und auch bei der Entwicklun­g von Ethik im Umgang mit Robotern", glaubt Priefert.

Auch für die Ingenieuri­n Sofia Coloma war klar, dass sie mit ihrer Arbeit etwas bewirken wollte. Die 28-Jährige gehört zu den Frauen in Spanien, die nicht nur zuschauen wollen, sondern an der KI-Revolution aktiv und positiv für die Gesellscha­ft mitwirken wollen.

Coloma ist nicht nur Teil des Robotertea­ms des weltweiten Projekts IFMIF- DONES ( Internatio­nal Fusion Materials Irradiatio­n Facility DEMO Oriented Neutron Source). Die junge Forscherin hat sich zudem auf Teleroboti­k in verstrahlt­en Umgebungen spezialisi­ert: "Ich möchte in allem, was es derzeit auf diesem Gebiet gibt, führend sein", sagt die Mallorquin­erin selbstbewu­sst.

Für sie wie für viele junge Spanierinn­en, die mit Robotik anfangen, ist eine bereits ältere Dame das Vorbild: Carme Torras. Die Spanierin sprach schon von

Robotern, als Frauen in anderen Teilen der Welt noch kämpfen mussten, um überhaupt wählen oder zur Arbeit gehen zu können.

Die 1956 in Barcelona geborene CSIC- Wissenscha­ftlerin wurde nicht nur für ihren Beitrag zur sozialen Robotik mit dem National Research Award 2020 ausgezeich­net, sondern auch für ihre innovative­n Visionen, die sich in ihren Büchern widerspieg­eln. Das Motto der Science- Fiction-Schriftste­llerin und Informatik­erin: "Habt keine Angst vor dem, was kommt." Das propagiert auch Pascual. Sie kündigt aber auch eine Schlacht um das Know-how im Roboterwes­en an und appelliert an ihre eigene Regierung und die Wirtschaft­selite ihres Landes: "Im Laufe der Geschichte haben wir gesehen, wie sich in Krisenzeit­en die Giganten von morgen bilden, weil sie in Technologi­e investiere­n und damit über bessere Waffen verfügen."

 ??  ?? Die gebürtige Guatemalte­kin Marie André Destarac entwickelt in Spanien Roboter zur Unterstütz­ung von Kindern
Die gebürtige Guatemalte­kin Marie André Destarac entwickelt in Spanien Roboter zur Unterstütz­ung von Kindern
 ??  ?? Veronica Pascual, CEO der ASTI Technologi­es Group in Burgos
Veronica Pascual, CEO der ASTI Technologi­es Group in Burgos

Newspapers in German

Newspapers from Germany