Deutsche Welle (German edition)
Australian Open 2021: Matchball gegen COVID-19?
Wohl selten zuvor haben Sportler und Funktionäre in aller Welt ein Sportereignis derart gespannt erwartet wie die diesjährigen Australian Open. 30.000 Zuschauer täglich? Kaum zu glauben. Aber es dürfte wahr werden.
Ein paar Sachen sind so wie früher, wenige Tage bevor die Australian Open in Melbourne beginnen. Zum Beispiel die Geschichte mit Rafael Nadal. Der Spanier musste beim Vorbereitungsturnier ATP Cup passen. Im Nationenwettbewerb sollte Nadal gegen Lokalmatador Alex De Minaur aufseiten der Australier antreten. Aber, aber - der Rücken.
Nadal , der S chmer - zensmann
Ohne dem spanischen Großmeister zu nahe treten zu wollen: Man kennt das schon von Nadal. Der Rücken, die Knie, Blasen an der Schlaghand oder das - ein Tennisspieler-Leben lang malträtierte - Handgelenk: Oft schon hatte Nadal kurz vor großen Auftritten mit körperlichen Blessuren zu kämpfen. Um dann, wenn es darauf ankam, in den meisten Fällen nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben ziemlich unter Dampf zu stehen. Man wird also abwarten müssen, was Nadal mitbringt zum ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres 2021.
Abwarten, wie das wird: Unter diesem Motto könnte man den gesamten Countdown vor den Australian Open zusammenfassen. Der umtriebige Turnierdirektor Craig Tiley tritt in diesen Tagen mit einer Mischung von Anspannung und Stolz auf. "Wir hoffen, dass wir dem Rest der Welt als Beispiel dafür dienen können, dass ein solches Event auch in diesen Zeiten möglich ist", sagte Tiley.
In diesen Zeiten? Während weite Teile der Erde unverändert unter der Coronavirus-Pandemie leiden, gab es im australischen Bundesstaat Victoria seit Wochen keinen einzigen Infektionsfall. Der erfolgreiche Kampf gegen den Krankheitserreger auf dem australischen Kontinent, der keine direkten Grenzen zu Nachbarländern hat, ermutigte die Behörden in Victoria, ein sehr weit gehendes Zuschauerkonzept zu erlauben: 30.000 Besucher täglich dürfen in der ersten Woche auf die Anlage rund um die Rod Laver Arena und die Margaret Court Arena. In der zweiten Woche, wenn die Teilnehmerfelder kleiner werden, will man etwas dosieren. Dennoch ist geplant, dass die Endspiele am 20. und 21. Februar vor vollem Haus stattfinden. Vielleicht sogar mit der Australierin Ashleigh Barty, die gegenwärtig bei den Damen die Weltrangliste anführt.
Was werden das für symbolische Bilder sein! Die Sportfunktionäre des Internationalen Olympischen Komitees werden sie sich mit Interesse ansehen, die Manager großer Sportligen ebenso - und wohl auch unter Druck stehende Gesundheitspolitiker, die in diesen Tagen überlegen, ob und wie man die Coronafälle auch in ihren jeweiligen Ländern komplett auf Null drücken kann. Stichwort "No covid".
Maulend im Hotelzimmer
Doch zurück zu Turnierdirektor Tiley, der einen durchaus durchwachsenen Jahre
sauftakt hatte. Nachdem man die Profi- Sportlerinnen und Sportler nach Melbourne eingeflogen hatte, mussten sich alle Spielerinnen und Spieler nach der Ankunft in eine 14tägige Quarantäne begeben. Und weil es in den gecharterten Flugzeugen einige Coronafälle gegeben hatte, wurden 72 Profis - unter ihnen auch Angelique Kerber - zu noch schärferen Maßnahmen verdonnert. Sie durften nicht - wie die anderen - für mehrere Stunden das Hotel verlassen und trainieren. Manche maulten bei Tiley über Wettbewerbsverzerrung. Aber immerhin, es gibt diesen Wettbewerb. Und seit dem Ende der Quarantäne dürfen sich die Profis frei bewegen - anders als in New York und Paris im Herbst. Da hatte man den Tross der Spielerinnen und Spieler sowie Betreuer noch in einer Blase abgeschirmt gehalten.
Vollpension: Novak Djokovic während der Quarantäne
Für Federer "ein Spürchen zu früh"
Und sportlich? Während Serena Williams und auch die deutsche Top-Spielerin Angelique Kerber in Australien einmal mehr versuchen, an ihre guten Zeiten anzuknüpfen, schaut sich der Mann, der in Melbourne wie kein Zweiter verehrt wird, das Geschehen aus der europäischen Ferne an. Roger Federer will nach zwei Operationen am rechten Knie erst wieder in Doha im März auf dem Platz stehen. "Australien war wegen meinem
Knie noch ein Spürchen zu früh", sagte der 39 Jahre alte Schweizer im Fernsehsender SRF. Denn er wolle noch große Siege feiern. Dass dies in Melbourne gegen die jüngere Generation rund um den Russen Daniil Medvedev ziemlich schwer geworden wäre, musste Federer nicht erst erwähnen.