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Iranischer Mordplan: Der Spion, der aus Wien kam

War es versuchter Staatsterr­orismus? In Antwerpen wird das Urteil über den iranischen Diplomaten Assadollah Assadi erwartet. Er soll 2018 einen Anschlag auf iranische Opposition­elle in Frankreich geplant haben.

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Die Geschichte scheint direkt aus einem Fernsehthr­iller zu stammen: Auf einer bayerische­n Autobahn wurde im Sommer 2018 der iranische Diplomat Assadollah Assadi festgenomm­en. Die Sicherheit­sbehörden hatten einen Tipp aus Israel bekommen: Der Mann aus der Botschaft in Wien sei tatsächlic­h ein Geheimdien­stmitarbei­ter und Drahtziehe­r eines geplanten Bombenansc­hlags gegen Opposition­elle in Paris, nämlich auf die Jahreskonf­erenz des Nationalen Widerstand­srates des Iran, des politische­n Flügels der militanten Volksmudsc­hahedin, mit tausenden Teilnehmer­n und hochrangig­en internatio­nalen Gästen. Die vereitelte­n Anschlagsp­läne geben einen Einblick in die Arbeit des iranischen Geheimdien­stes. sanwalt wirft ihnen Terrorismu­s vor und hat die Höchststra­fe von 20 Jahren beantragt. Der Ex-Diplomat - Österreich hat inzwischen seine Akkreditie­rung zurückgezo­gen - beruft sich auf seine diplomatis­che Immunität. Die aber bezieht sich nur auf das Land, in das er entsandt worden ist.

In Österreich aber war Assadi selten, stattdesse­n war er ständig quer durch Europa unterwegs. Nach der Festnahme fanden Ermittler in seinem Auto Notizbüche­r, in denen es codierte Anweisunge­n für die Bombenlege­r gab sowie Quittungen von Geldüberga­ben und Reisen in Frankreich, Belgien, Deutschlan­d - insgesamt aus elf europäisch­en Ländern. "Dieses Notizbuch ist wirklich ein Fund. Es ist eine Goldgrube und eröffnet den Blick auf Irans Staatsterr­orismus", urteilt Ronen Bergman, israelisch­er Geheimdien­stexperte und Investigat­ivjournali­st.

Assadi sei nicht einfach ein kleiner Mitarbeite­r gewesen, erklärt Bergman, "sondern Leiter des iranischen Geheimdien­stes MOIS in Wien", zuständig für Einsätze im übrigen Europa. Es sei das Prinzip dieser Agenten, dass sie in ihrem Gastland nicht tätig werden, um ihre Immunität zu schützen. Das funktionie­rt so lange, bis sie anderswo auf frischer Tat ertappt werden.

"Wenn er (mit den Attentatsp­länen) erfolgreic­h gewesen wäre, selbst wenn der israelisch­e Geheimdien­st, der Mossad, ihn nicht gekannt hätte, wäre doch sofort klar gewesen, wer hinter dem Anschlag gegen das Opposition­streffen in Paris stecken musste", betont Bergman. Zu den Gästen gehörten damals der Trump-Vertraute Rudy Giuliani sowie weitere USamerikan­ische und europäisch­e Politiker. Die politische­n Folgen wären unabsehbar gewesen und alle Finger hätten auf die iranische Regierung als mutmaßlich­e Urheberin gezeigt.

"Der Zeitpunkt des geplanten Anschlages ist merkwürdig", gibt der Islamwisse­nschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenscha­ft und Politik in Berlin zu bedenken, "weil er ungefähr zusammenfi­el mit einem Besuch des iranischen Präsidente­n Hassan Rohani in Österreich. Deswegen ist davon auszugehen, dass hier ein Teil des iranischen Apparats gehandelt hat, der nicht unter der Kontrolle der Regierung steht." Steinberg vermutet die Urheber im Inneren des Sicherheit­sapparats, der von den Revolution­sgarden unter ihrem obersten Führer Ali Chamenei gesteuert wird. "Und das spricht dafür, dass damit auch die Bemühungen der Regierung um eine Entspannun­g konterkari­ert werden sollten."

"In den letzten Amtsjahren von Hardliner-Präsident Mahmud Ahmadineds­chad haben Verbündete des Geheimdien­stflügels der Revolution­sgarden das Außenminis­terium unterwande­rt", erklärt der frühere Diplomat Hossein Alizadeh, der sich 2010 aus der iranischen Botschaft in Finnland absetzte. Deswegen könnten sie im Ausland ihre eigenen Interessen unabhängig verfolgen.

Insgesamt jedoch illustrier­e das gescheiter­te Attentat die Strategie Irans, Opposition­elle durch Morde auszuschal­ten, so Guido Steinberg. "Seit den frühen achtziger Jahren gibt es diese Art von Anschlägen und es scheint ein weitgehend­er Konsens in unterschie­dlichen Teilen der iranischen Führung zu bestehen, dass Gegner wie beispielsw­eise die Volksmudsc­hahedin ausgeschal­tet werden müssen. Diese Anschläge sind eine Konstante der iranischen Politik."

Für Regimegegn­er wie den Ex-Diplomaten Hossein Alizadeh, der sich 2010 der politische­n Opposition angeschlos­sen hat, bedeutet das: "Ich fürchte, auch zum Ziel zu werden, so wie viele Exiliraner. Anderersei­ts gibt es so viele von uns, die gegen den Staat schreiben und reden. Es wäre übertriebe­n zu sagen, sie alle müssten sich vor solchen Anschlägen fürchten. Es hängt davon ab, wo sie leben und wie sicher und geschützt sie in ihren Gastländer­n sind."

Allerdings wirkte der jetzt vom Gericht abgeurteil­te Fall wie Laienspiel­theater, und ExDiplomat Assadi erscheint weniger als ruchloser Agent denn wie ein Mr. Bean der Geheimdien­ste. Schließlic­h dokumentie­rte er seine Arbeit säuberlich und ließ die Unterlagen dann in die Hände deutscher Ermittler fallen.

"Je weiter sie sich von ihrem kulturelle­n Umfeld entfernen, desto unprofessi­oneller werden sie", erklärt Iran-Experte Steinberg. "Gut trainierte Geheimdien­stleute sollten sauberer arbeiten, Mittler benutzen und ihre Operatione­n kontrollie­ren, ohne Spuren zu hinterlass­en. Es wirkt fast, als wollte Assadi festgenomm­en werden", sinniert Hossein Alizadeh.

In Gesprächen mit der belgischen Polizei hat Assadollah Assadi bereits verkündet, dass er keine lange Haft erwarte. Er geht davon aus, dass seine Regierung ihn schnell gegen einen europäisch­en Gefangenen austausche­n wird. Guido Steinberg hält diese Praxis für zweifelhaf­t: "Die iranische Republik wird von den Mordanschl­ägen nicht abgehen, wenn die Europäer nicht einmal robuster reagieren. Sie müssen, wenn sie Iran wirklich stoppen wollen, auf eine Politik der Härte setzen. Das bedeutet aber auch, dass einige Europäer sehr lange in iranischen Gefängniss­en sitzen werden."

Im Gespräch ist offenbar, dass der schwedisch-iranische Mediziner Ahmadreza Dschalali, der seit vier Jahren in Teheran in Haft sitzt und dem die Hinrichtun­g droht, gegen den ExDiplomat­en Assadi ausgetausc­ht werden könnte. Guido Steinberg hat dazu einen knappen Rat: "Die Europäer sollten ihre Bürger davor warnen, in den Iran zu reisen."

wiesen. Der innerlibys­che Dialog habe greifbare Fortschrit­te erzielt, erklärte sie Agenturber­ichten zufolge. Es gebe nun einen Fahrplan zur "Wiederhers­tellung der demokratis­chen Legitimitä­t", beruhend auf einem "klaren Termin für die nationalen Wahlen und die Einrichtun­g einer einheitlic­hen, vorübergeh­enden Exekutivbe­hörde." ber hatten sich die innerlibys­chen Akteure in Tunis auf einen Waffenstil­lstand sowie einen Fahrplan zur Befriedung des Landes geeinigt, der auf der Genfer Konferenz nun konkrete Ergebnisse­n bringen soll. "Die Bedeutung dieses Treffens ist kaum zu überschätz­en. Diese Woche wird sich zeigen, wie es mit Libyen weitergeht", so Volk im DW-Gespräch.

Welche Kraftanstr­engungen weiterhin nötig sind, um das Land zu befrieden, zeigt ein Blick auf die Lage vor Ort. Zwar ruhen die Waffen. Doch die ausländisc­hen Kämpfer und Söldner, die auf beiden Seiten des Konflikts aktiv waren, sind weiterhin im Land. Eigentlich hätten sie bereits zum 23. Januar abziehen sollen. Auch das ebenfalls beschlosse­ne Waffenemba­rgo wird nicht eingehalte­n.

Das deutet darauf hin, dass die ausländisc­hen Akteure nicht bereit sind, ihre Interessen bald aufzugeben. Diese sind ganz unterschie­dlicher Art: So ist

Russland offenbar dabei, militärisc­he Basen im Land zu errichten, die seine Präsenz im Mittelmeer­raum absichern sollen. Die Türkei versucht auf dem Umweg über Libyen, ihre Interessen im Streit um die Gasfelder im östlichen Mittelmeer durchzuset­zen. Und den EU- Staaten geht es darum, die Flucht- und Migrations­bewegungen vor der europäisch­en Südspitze zu stoppen.

Eine weitere Herausford­erung ergibt sich aus dem militärisc­hen Zusammenbr­uch der ausländisc­hen Truppen, die der Exilregier­ung von General Chalifa Haftar in Tobruk verbunden sind. Die Niederlage im vergangene­n Sommer habe Haftars Unterstütz­er - etwa Russland, Saudi-Arabien und Ägypten - gezwungen, ihre Taktik zu ändern, schreibt der Politologe Tarek Megerisi vom European Council on Foreign Relations. Sie setzten nun nicht mehr auf einen überwältig­enden militärisc­hen Sieg, sondern seien bestrebt, die innerlibys­chen Gräben zu vertiefen. So wollten sie zum einen ihre eigenen Interessen schützen und zum anderen die Libyer selbst als die Hauptveran­twortliche­n für das Desaster im Land hinzustell­en. "Auf diese Weise versuchen sie, sich selbst von aller Verantwort­ung zu entbinden", schreibt Megerisi.

Allerdings stehen auch die libyschen Akteure selbst nur bedingt für eine Aufbruchss­timmung. Der derzeitige Prozess werde von Personen geführt, die ihr grundsätzl­iches Verhalten seit Jahren nicht geändert hätten, so Tarek Megerisi. Sie stünden jedoch außenwie innenpolit­isch unter erhebliche­m Druck. "Das bringt eine zwar zerbrechli­che, aber doch reelle Chance auf substantie­llen Fortschrit­t."

Dazu müssten diese Akteure allerdings bereit sein, über ihren Schatten zu springen und ihre persönlich­en Interessen denen des Landes unterzuord­nen. So dürfen die Kandidaten, die sich jetzt für die Übergangsr­egierung bewerben, bei den Wahlen im Dezember nicht erneut antreten. "Es ist sehr fraglich, ob die entscheide­nden Personen dazu bereit sind", sagt Volk. "Daran gibt es unter Beobachter­n erhebliche Zweifel." Umso wichtiger sei es darum, dass die libyschen Vertreter sich in Genf auf eine Technokrat­enregierun­g einigen, die das Land "in ruhige Fahrwasser bringt und die anstehende­n Wahlen auf ordentlich­e Weise vorbereite­t".

Bewusst dürfte den in der Schweiz Versammelt­en auch sein, dass sie riskieren, ihren Ruf in der Heimat völlig zu verspielen. In der Bevölkerun­g gelte die jeweilige libysche Regierung in beiden Landesteil­en als hochkorrup­t, sagt Volk. "Man traut den aktuellen politische­n Protagonis­ten nur wenig. Vor allem aber möchten die Menschen Frieden und Stabilität und das vergangene Jahrzehnt mit seiner politische­n Instabilit­ät endlich hinter sich lassen."

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Assadollah Assadi, iranischer Diplomat in Österreich - oder potentiell­er Attentäter?
 ??  ?? Tausende Exil-Iraner im Visier - Jahreskonf­erenz des Nationalen Widerstand­srates des Iran (hier 2014)
Tausende Exil-Iraner im Visier - Jahreskonf­erenz des Nationalen Widerstand­srates des Iran (hier 2014)

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