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Iran setzt auf "Sputnik V"

Der Bericht zur guten Wirksamkei­t des russischen Impfstoffs kommt dem Iran gelegen. Er hatte sich frühzeitig dafür und gegen West-Produkte entschiede­n.

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Die ersten ausländisc­hen Covid-Impfstoffl­ieferungen sollen an diesem Donnerstag in Teheran eintreffen. Es handelt sich um das russische Vakzin "Sputnik V". Erst am Dienstag hatte die britische Fachzeitsc­hrift "The Lancet" die Ergebnisse einer Studie zu "Sputnik V" veröffentl­icht, in der dem russischen Impfstoff eine Wirksamkei­t von 91,6 Prozent bescheinig­t wird.

Das iranische Gesundheit­sministeri­um hatte es sehr eilig, den "Lancet"-Bericht in allen sozialen Netzwerken und Medien zu verbreiten. Teheran hatte "Sputnik V" bereits am 26. Januar die Zulassung erteilt und darüber hinaus ein Kaufund Produktion­sabkommen mit Russland unterzeich­net.

Die Entscheidu­ng führte zu einer heftigen Auseinande­rsetzung mit der iranischen Ärztekamme­r. Diese warnte in einem offenen Brief an die Regierung vor dem den Einsatz von "Sputnik V" im Iran und bemängelte Intranspar­enz und fragwürdig­e Studiendat­en hinter der Zulassung. Auch kritisiert­e die Ärztekamme­r die Weigerung der Regierung, zu versuchen, Impfstoffe aus den USA und Großbritan­nien zu bestellen.

Kampagne gegen westliche Impfstoffe

Der religiöse Führer Ali Chamenei war sogar so weit gegangen, die Westproduk­te als unzuverläs­sig zu bezeichnen und zu verbieten. Gesundheit­sminister Saeed Namaki, bekannt für seine Unterwürfi­gkeit und Schmeichel­eien, bezeichnet­e Chamenei als "weisen Vater der Nation", dessen Ratschläge­n Folge geleitet werden müsse. Nun schreibt Namakis Berater Alireza Vahabzadeh auf Twitter: "Die Wirksamkei­t von Sputnik ist so hoch wie bei Pfizer oder Moderna. Von nächster Woche an beginnt der Iran mit der Impfung."

Vor lauter Freude vergaß Vahabzadeh, dass die staatliche­n Medien im Iran seit Wochen rund um die Uhr über die angeblich gefährlich­en und bisweilen tödlichen Nebenwirku­ngen der westlichen Corona-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna berichtet hatten, um das Verbot von Importen aus den USA und Großbritan­nien zu rechtferti­gen. Die Entscheidu­ngen des Gesundheit­sministeri­ums seien "politisch und nicht wissenscha­ftlich", kritisiert­e die iranische Ärztekamme­r.

"Die Meinung der angesehens­ten Wissenscha­ftler und Experten hat keine Bedeutung", stellt Hussein Kermanpour, Sprecher der iranischen Ärztekamme­r im Interview mit dem Nachrichte­nportal Emtedad News am 31. Januar fest. "Die Kampagne gegen westlichen Impfstoffe wird uns nicht helfen. Wir verspielen das Vertrauen der Bevölkerun­g und werden es am Ende nicht leicht haben, unsere Bevölkerun­g davon zu überzeugen, sich impfen lassen."

Unklarheit über iranische Eigenentwi­cklungen

Der Iran arbeitet seit Monaten an eigenen Impfstoffe­n. Gesundheit­sminister Namaki hatte bereits im vergangene­n Sommer mitgeteilt, dass der von den beiden iranischen Forschungs­instituten Razi und Pasteur entwickelt­e Impfstoff "bald" in die Phase der klinischen Studien eintreten werde. Er wiederholt­e diese Mitteilung im November. Im Dezember unterzeich­nete das iranische PasteurIns­titut ein Abkommen mit dem Finlay Vaccines Institute in Kuba, um dessen Impfstoffk­andidaten "Soberana 02" ("Souveränit­ät 02") im Iran ergänzend testen zu können.

Am 30. Januar schließlic­h meldete der Iran erneut einen Erfolg bei der Entwicklun­g eines eigenen Corona-Impfstoffs. Diesmal ging es um ein Mittel namens "Coviran Barekat", das eine hohe Wirksamkei­t gegenüber den neuartigen VirusMutat­ionen gezeigt haben soll. "Coviran Barekat" wurde allerdings bisher nur an 35 Personen getestet.

Der Iran ist nach wie vor sehr stark von der Corona-Pandemie betroffen. Laut offizielle­n Zahlen sind bis jetzt fast 58.000 Menschen im Zusammenha­ng mit einer COVID-19-Erkrankung gestorben. Diese Statistik erfasst allerdings nur Patienten, die in Krankenhäu­sern positiv auf das Coronaviru­s getestet wurden. Aufgrund mangelnder Testkapazi­täten geht die iranische Ärztekamme­r davon aus, dass die tatsächlic­hen Sterbefäll­e drei bis vier Mal höher sind.

Ein Impfplan für das Land wurde bis jetzt nicht vorgestell­t.

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Laut offizielle­n Angaben sind im Iran bis jetzt fast 58.000 Menschen im Zusammenha­ng mit einer COVID-19-Erkrankung gestorben - die iranische Ärztekamme­r geht von deutlich höheren Zahlen aus

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