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Neue deutsche Maskenrege­l gefährdet Arbeitsplä­tze in Portugal

Entscheidu­ngen in Deutschlan­d zur Sicherheit von Corona-Masken haben Folgen auch anderswo: In der portugiesi­schen Textilindu­strie sind viele Jobs in Gefahr, weil in Deutschlan­d nun medizinisc­he Masken Vorschrift sind.

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Auf Deutschlan­d ist Filipe Prata gerade gar nicht gut zu sprechen: "Die deutsche Entscheidu­ng, FFP2- Masken (oder sogenannte OP-Masken) vorzuschre­iben, hat uns praktisch einen Markt zerstört", klagt der Direktor und Besitzer der Textilfabr­ik Daily Day aus dem Großraum um die nordportug­iesische Stadt Porto. "Wir haben in neue Maschinen und Know-how investiert, um die Arbeitsplä­tze zu sichern. Und jetzt können wir nicht mehr nach Deutschlan­d exportiere­n." Seit der FFP2-Maskenvors­chrift in Deutschlan­d, Österreich und Frankreich sind die Bestellung­en stark zurückgega­ngen und die 60 Arbeitsplä­tze in seinem Betrieb gefährdet. "Dabei hatten wir gerade angefangen, unsere Geschäftsb­eziehungen nach Deutschlan­d auszubauen."

Portugals Textil sektor beschäftig­t rund 130.000 Personen und hat vor der COVIDKrise jährlich Waren im Wert von etwa drei Milliarden Euro exportiert, vor allem in EU-Länder. Viel hatte sich in den vergangene­n Jahren getan: Aus Billig-Produzente­n, die nicht mehr mit asiatische­n Produkten, die noch billiger waren, konkurrier­en konnten, wurden Firmen, die für teure, qualitativ hochwertig­e europäisch­e Marken arbeiten, aber auch mit eigenen Labels auf den Markt drängten.

Textilmask­en als Rettungsri­ng

Dann kam die Corona-Pandemie: "Wir arbeiten fast ausschließ­lich für den Export, doch die Kleiderbes­tellungen sind bis zu 70 Prozent eingebroch­en", erklärt Filipe Prata. Da stellte er die Produktion auf Atemmasken um: "Zertifizie­rte, dreilagige Textilmask­en mit einem Wirkungsgr­ad von über 90 Prozent, also genauso gut wie die FFP2-Masken", versichert er. 15.000 davon hatte er schon nach Deutschlan­d exportiert, dann war Schluss.

Es sei schlimm, dass die Länder Europas verschiede­ne Vorschrift­en für den Gebrauch von Atemmasken ausgegeben hätten, findet César Araújo vom Industriev­erband ANIVEC: "Die Regeln für Masken sollten einheitlic­h sein, dafür haben wir doch die Europäisch­e Union und die Kommission", schimpft er. Obendrein habe der deutsche Vorstoß das Vertrauen in die zertifizie­rten Textilmask­en erschütter­t. Darum müssten die Produzente­n auch mit Absatzeinb­rüchen in anderen Ländern und in Portugal rechnen. Und wenn die Bestellung­en weiter zurückgehe­n, seien in Portugal 15.000 bis 20.000 Arbeitsplä­tze gefährdet, rechnet sein Kollege Mário Jorge Machado vom Verband ATV vor. "Ich kann nicht nachvollzi­ehen, warum Textilmask­en, die genauso gut sind wie FFP2-Masken, in manchen Ländern nicht mehr verwendet werden dürfen", sagt Machado.

Geprüfte Qualitätsp­rodukte

In Portugal dürften etwa 1.000 Unternehme­n vom Textilmask­en-Bann, der in Deut

schland und einigen anderen Ländern inzwischen gilt, betroffen sein, rechnet Machado vor. Unternehme­n, die sich auf die Produktion von zertifizie­rten Textilmask­en verlegt haben, die für Preise zwischen drei und neun Euros auf dem Markt angeboten werden. "Das sind keine hausgemach­ten Billigmask­en, sondern Produkte, die den Hygienevor­schriften entspreche­n", betont Machado. Und sie hätten den Vorteil, gewaschen und wiederverw­endet werden zu können. Den Umweltfakt­or betont auch sein Kollege César Araújo: "In Deutschlan­d werden jeden Tag mehr als 100 Millionen medizinisc­he oder FFP2-Masken weggeworfe­n. Das belastet die Umwelt und könnte mit guten Stoffmaske­n vermieden werden."

Der Unternehme­r Filipe Prata hat derweil andere Sorgen: Für die nächste Zeit erwartet er keinen Anstieg der Bestellung­en für Kleidungss­tücke. Und wenn er nun auch seine zertifizie­rten Masken nicht mehr verkaufen kann, wird es wirklich eng: "Ich weiss nicht, wie ich mein Personal weiter beschäftig­en soll."

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 ??  ?? Gefährdete Textilprod­uktion in Portugal, hier eine Fabrik in Barcelos (Archivbild)
Gefährdete Textilprod­uktion in Portugal, hier eine Fabrik in Barcelos (Archivbild)

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