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Olympische Spiele in Tokio: Wirbel um OK-Chef Yoshiro Mori

Die für den Sommer geplanten Olympische­n Spiele in Tokio kommen nicht aus den Schlagzeil­en. Mit einer frauenfein­dlichen Aussage hat der Präsident des Organisati­onskomitee­s einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

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Als hätten die Macher der für den kommenden Sommer geplanten Olympische­n Spiele in Tokio nicht schon Probleme genug. Nun hat Yoshiro Mori, Chef des Organisati­onskomitee­s, mit einer frauenfein­dlichen Aussage einen Sturm der Entrüstung und damit weitere Unruhe rund um das Großereign­is ausgelöst. Der 83-Jährige hatte am Mittwoch an einer VideoSchal­te des Japanische­n Olympische­n Komitees (JOC) teilgenomm­en, bei der darüber diskutiert wurde, den Anteil der weiblichen Vorstandsm­itglieder von 20 auf 40 Prozent zu verdoppeln.

Mori sagte, Frauen würde Sitzungen in die Länge ziehen, weil sie sich nicht präzise ausdrückte­n: "Jemand hat mir gesagt, dass wir, wenn wir die Anzahl der Frauen erhöhen, auch ihre Redezeit bis zu einem gewissen Grad einschränk­en müssen. Sonst werden sie nie aufhören - was problemati­sch ist."

Entschuldi­gung ja, Rücktritt nein

Moris Äußerung löste heftige Reaktionen aus - nicht nur in den sozialen Medien, wo viele User unter dem Hashtag #Moriresign" ihrem Unmut über den früheren Ministerpr­äsidenten Luft machten und ihn auffordert­en, als OKChef zurückzutr­eten.

Die Gleichstel­lung der Geschlecht­er sollte für die Spiele in Tokio eigentlich "eine Selbstvers­tändlichke­it" sein, sagte JOC-Direktorin Kaori Yamagouchi der Zeitung "Japan Times": "Es ist bedauerlic­h, dass der Präsident des Organisati­onskomitee­s eine solche Bemerkung macht."

Mori entschuldi­gte sich an diesem Donnerstag für seine "unangemess­enen Worte", sagte aber auch, er denke nicht daran zurückzutr­eten. Das Internatio­nale Olympische Komitee ( IOC) betrachtet die Angelegenh­eit mit der Entschuldi­gung Moris als "erledigt".

Medizinisc­he Versorgung gefährdet

Doch das IOC macht es sich mit dieser Erklärung wohl zu leicht. Die Zahl der Olympia-Kritiker und -Skeptiker in Japan ist ohnehin schon sehr hoch. Bei einer Umfrage im Januar plädierten rund 80 Prozent der Japanerinn­en und Japaner dafür, die Spiele wegen der Corona-Pandemie zu verschiebe­n oder ganz abzusagen. Gerade erst hat die Regierung den Ausnahmezu­stand für den Großraum Tokio und mehrere andere Regionen bis zum 7. März verlängert - auch wenn die Zahl der täglichen Infektione­n nach dem Höhepunkt vor rund vier Wochen wieder sinken. Insgesamt wurden bisher (Stand 4. Februar) in Japan rund 400.000 COVID- 19-Fälle registrier­t, etwa 6000 infizierte Menschen starben. Die Präfektur Tokio verzeichne­te etwa ein Viertel der landesweit­en CoronaFäll­e.

Satoru Arai, Chef eines Verbands, der 20.000 Ärzte in Tokio vertritt, glaubt kaum, dass die mehr als 3500 für die Olympische­n Spiele eingeplant­en medizinisc­hen Fachkräfte wirklich abgestellt werden können. Die Ärzte und Krankenpfl­eger hätten mit der Pandemie alle Hände voll zu tun, sagte Arai: "Egal wie ich es drehe und wende, es ist nicht möglich."

Medizinpro­fessor Norio Sugaya, Pandemie-Berater der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO, forderte eine 14-tägige Quarantäne für alle OlympiaSta­rter und deren Betreuer: "Es besteht das Risiko, dass sich Infektione­n innerhalb des Olympische­n Dorfes ausbreiten und dann auch auf das ganze Land. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über Großverans­taltungen mit direktem Kontakt zu diskutiere­n."

Anreise auf eigene Gefahr

Das Organisati­onskomitee in Tokio hatte am Mittwoch gemeinsam mit dem IOC und dem Internatio­nalen Paralympis­chen Komitee (IPC) ein "Playbook" (Strategieb­uch) mit ersten Leitlinien für die Teilnehmer der Olympische­n und Paralympis­chen Spiele veröffentl­icht. Darin wird unter anderem dazu aufgeforde­rt, Athleten nicht mit Gesängen oder Rufen anzufeuern, sondern nur mit Applaus. Außerdem sollen die Teilnehmer Menschenan­sammlungen meiden und keine öffentlich­en Verkehrsmi­ttel nutzen.

Trotz aller Vorsichtsm­aßnahmen, heißt es in der Broschüre, müsse allen Teilnehmer­n klar sein, dass sie "auf eigene Gefahr" nach in Tokio kämen.

 ??  ?? Yoshiro Mori ist seit 2014 Präsident des Organisati­onskomitee­s für die Olympische­n und Paralympis­chen Spiele in Tokio
Yoshiro Mori ist seit 2014 Präsident des Organisati­onskomitee­s für die Olympische­n und Paralympis­chen Spiele in Tokio
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Viel Arbeit für das medizinisc­he Personal in Japan wegen der Corona-Pandemie

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