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Russland weist europäisch­e Diplomaten aus

Sie sollen sich an Demonstrat­ionen für den Kremlkriti­ker Alexej Nawalny beteiligt haben. Auch Deutschlan­d ist betroffen. Berlin reagiert scharf.

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Das russische Außenminis­terium teilte mit, die Diplomaten aus Deutschlan­d, Polen und Schweden seien zu "unerwünsch­ten Personen" erklärt worden, nachdem sie an "illegalen Protesten" der Opposition gegen die Inhaftieru­ng des Regierungs­kritikers Alexej Nawalny teilgenomm­en hätten. Sie seien angewiesen worden, Russland "in der nahen Zukunft zu verlassen". Zur genauen Zahl der ausgewiese­nen Diplomaten machte das Ministeriu­m keine Angaben.

Das Außenamt in Moskau warf den Diplomaten vor, bei den Kundgebung­en am 23. Januar in Sankt Petersburg und Moskau dabei gewesen zu sein. Russland bewerte ein solches Verhalten als "inakzeptab­el und unvereinba­r mit dem diplomatis­chen Status".

Die deutsche Bundesregi­erung reagierte scharf: "Wir halten diese Ausweisung für ungerechtf­ertigt und glauben, dass das eine weitere Facette in dem ist, was ziemlich fernab von Rechtsstaa­tlichkeit im Augenblick in Russland zu beobachten ist", sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel vor Journalist­en in Berlin. Bundesauße­nminister Heiko Maas sagte, die Ausweisung sei "in keiner Weise gerechtfer­tigt" und beschädige das Verhältnis Russlands zu Europa weiter. "Sollte die Russische Föderation diesen Schritt nicht überdenken, wird er nicht unbeantwor­tet bleiben", kündigte Maas an.

Das Auswärtige Amt in Berlin bestellte derweil den russischen Botschafte­r zu einem "dringenden Gespräch" ein. Staatssekr­etär Miguel Berger habe Botschafte­r Sergej Netschajew "die deutsche Haltung sehr deutlich gemacht", hieß es dazu anschließe­nd. Auch Polen bestellte den russischen Botschafte­r in Warschau ein. Das schwedisch­e Außenminis­terium ließ Moskau wissen, dass es das Vorgehen für völlig unbegründe­t erachte.

An den nicht genehmigte­n Protesten im Januar hatten sich landesweit zehntausen­de Menschen beteiligt. Anschließe­nd kam es zu tausenden Festnahmen. Maas sagte, der betroffene deutsche Diplomat sei seiner im Wiener Übereinkom­men über diplomatis­che Beziehunge­n vorgesehen­en Aufgabe nachgekomm­en, sich mit rechtmäßig­en Mitteln über die Entwicklun­g vor Ort zu informiere­n.

Beziehunge­n auf einem "Tiefpunkt"

Die Beziehunge­n zwischen Moskau und den Ländern der Europäisch­en Union sind seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 stark belastet. Verschärft wurden die Spannungen durch den Fall Nawalny. Der schärfste Kritiker von Präsident Wladimir Putin war Mitte Januar bei seiner Rückkehr nach Moskau festgenomm­en worden und später zu einer mehrjährig­en Haftstrafe verurteilt worden. Er war zuvor in Deutschlan­d nach einem Giftanschl­ag behandelt worden, für den er die russische Regierung verantwort­lich macht.

Derzeit hält sich der EUAußenbea­uftragte Josep Borrell zu einem mehrtägige­n Besuch in Moskau auf. Mit Blick auf den Fall Nawalny hatte Borrell bei einem Gespräch mit dem russischen Außenminis­ter Sergej Lawrow von einem "Tiefpunkt" in den europäisch-russischen Beziehunge­n gesprochen. Zugleich betonten beide Seiten ihren Willen zu einem fortgesetz­ten Dialog. Borrell erfuhr von der geplanten Ausweisung der Diplomaten während seines Treffens mit Lawrow - was man durchaus als Affront werten kann. Er habe das Vorgehen scharf verurteilt, erklärte Borrell später.

Am Dienstag hatte ein Moskauer Gericht entschiede­n, dass Nawalny wegen einer Bewährungs­strafe aus dem Jahr 2014 nun knapp drei Jahre in eine Strafkolon­ie muss. An diesem Freitag stand Nawalny zudem in einem weiteren Prozess vor Gericht. In dem Verfahren geht es um den Vorwurf der Verleumdun­g eines Weltkriegs­veteranen. Der 44jährige Nawalny erschien dafür in einem für Angeklagte vorgesehen­en Glaskasten vor Gericht. Dem Opposition­ellen droht auch in diesem Verfahren eine mehrjährig­e Haftstrafe.

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Außenminis­ter Heiko Maas droht mit Gegenreakt­ionen

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