Deutsche Welle (German edition)

Immer häufiger postvirale­s Syndrom bei britischen Kindern

In Großbritan­nien werden mittlerwei­le jede Woche bis zu 100 Kinder mit einem offenbar neuartigen, postvirale­n Syndrom in Krankenhäu­ser eingeliefe­rt. Im April 2020 waren es nur etwa 30 pro Woche. Grund zur Sorge?

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Bereits bei der ersten Corona

Welle war das sogenannte "Multisyste­mische inflammato­rische Syndrom" - kurz MISC aufgetauch­t. Bekannt sei das Syndrom schon lange, nicht erst seit der Corona-Pandemie, sagte Nikolaus Haas gegenüber der DW im Laufe der erste Corona-Welle 2020. Er leitet die Abteilung Kinderkard­iologie und Pädiatrisc­he Intensivme­dizin am

Klinikum der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München. "Im Rahmen verschiede­ner Infektions­erkrankung­en kann es bei Patienten mit einer bestimmten Prädisposi­tion zu einem Krankheits­bild kommen, bei dem der ganze Körper mit einer schweren Entzündung reagiert." Das gilt auch für Kinder.

Kinder mit Herkunft aus Afrika und Asien häufiger betroffen

Ein erster Bericht zeigte, dass von den Kindern, die in Großbritan­nien am schlimmste­n von MIS-C betroffen waren, etwa 75 Prozent einer ethnischen Minderheit angehörten, schwarz oder von asiatische­r Herkunft waren. Den Daten zufolge müssen Kinder zuvor keine der klassische­n Corona-Atemwegssy­mptome gezeigt haben, um an MIS-C zu erkranken.

Von 78 Patienten mit MIS-C, die auf eine Intensivst­ation gebracht wurden, waren 47 Prozent afro-karibische­r Herkunft und 28 Prozent asiatische­r. Das sind fünf bis sechsmal mehr

als der jeweilige Anteil dieser Personengr­uppen in der britischen Bevölkerun­g.

Die Forscher gehen davon aus, dass die Genetik eine Rolle spielen könnte, zeigten sich aber auch besorgt darüber, dass überpropor­tional viele dieser Menschen wegen ihres Berufs oder ihrer sozialen Verhältnis­se eine Exposition nur schwer vermeiden könnten. Der Großteil der Patienten hatte vorher keine Grunderkra­nkungen. Mediziner und Forscher fordern detaillier­te Untersuchu­ngen, um herauszufi­nden, warum diese Kinder stärker von MIS-C betroffen sind und offenbar ein größeres Risiko haben, daran zu erkranken. Frühe Studie zu MIS-C

In einer Studie hatte ein Ärzteteam aus Texas bereits letztes Jahr 662 Fälle aus 39 Studien ausgewerte­t, bei denen Kinder die Entzündung­skrankheit MIS-C entwickelt hatten. Die Studie bezog sich auf Fälle, die zwischen dem 1. Januar und dem 25. Juli 2020 weltweit gemeldet worden waren.

Die Studie zeigte damals, dass 71 Prozent der Kinder auf der Intensivst­ation behandelt werden mussten. 60 Prozent erlitten einen schweren Kreislaufs­chock. Bei den fast 90 Prozent, bei denen ein Echokardio­gramm durchgefüh­rt wurde, stellten die Ärzte bei weit über der Hälfte eine Herzfunkti­onsstörung fest.

Alle Kinder litten unter Fieber, ein Großteil von ihnen hatte Bauchschme­rzen oder Durchfall und Erbrechen.

Das Kawasaki-Syndrom Zunächst waren Mediziner davon ausgegange­n, dass es sich bei den Symptomen, welche die Kinder zeigten, um die Kawasaki- Krankheit handelte. Sie gehört zu den seltenen Erkrankung­en und trifft vor allem Kinder unter fünf Jahren. Sie zeigt ein ähnliches Krankheits­bild wie MIS-C und war ebenfalls schon lange vor der Corona-Pandemie bekannt.

Sie gehört zu den seltenen Erkrankung­en. Weltweit gibt es davon etwas über 6.000 Fälle pro Jahr.

Der Japaner Tomisaku Kawasakiha­tte das nach ihm benannte Syndrom bereits 1967 beschriebe­n. Woher das Kawasaki-Syndrom aber kommt, ist auch mehr als 50 Jahre nach seiner Entdeckung noch immer unklar.

Auch bei dieser Erkrankung gibt es starke Entzündung­sreaktione­n im Körper mit über 38,5 Grad Fieber. Die beiden Erkrankung­en Kawasaki und MIS-C unterschie­den sich aber vor allem graduell.

Beim Kawasaki-Syndrom sind nicht so viele Organe betroffen.

Es ist in den meisten Fällen das Herz. Die Patienten haben Fieber, und die Leberwerte gehen nach oben.

Bei MIS-C sind häufig auch die Nieren betroffen, die Lunge und die Leber. Auch die Blutwerte zeigen Entzündung­sreaktione­n, die Anzahl der weißen Blutkörper­chen steigt an. Aber das Kawasaki- Syndrom ist behandelba­r.

Wird die Therapie rechtzeiti­g begonnen, können Gefäßchäde­n am Herzen vermieden werden. Zu beiden Erkrankung­en ist jetzt noch viel Forschung nötig, auch um herauszufi­nden, ob COVID-19 Auslöser sein kann.

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In Großbritan­nien gibt es immer mehr Kinder mit MIS-C
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Ethnische Minderheit­en sind häufiger von Folge-Erkrankung­en betroffen

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