Deutsche Welle (German edition)

Dammbruch: Vales umstritten­e Milliarden­entschädig­ung

Brasiliens Bergbaugig­ant Vale zahlt fast sechs Milliarden Euro an Entschädig­ungen für die Katastroph­e von Brumadinho. Die Angehörige­n der Opfer sind trotzdem empört über die Einigung.

-

Vier Monate zähe Verhandlun­gen, dann ein milliarden­schweres Ergebnis in dieser Woche: Am Donnerstag hatten sich das b rasi l ianische Bergbauunt­ernehmen Vale und die Regierung des Bundesstaa­ts Minas Gerais vor Gericht auf eine Entschädig­ungssumme von umgerechne­t rund 5,8 Milliarden Euro (37,7 Milliarden Real) geeinigt. Das Geld soll Wiedergutm­achung sein für die Überflutun­gskatastro­phe von Brumadinho vor zwei Jahren.

Am 25 Januar 2019 war dort der Damm eines Abwasserbe­ckens einer Vale-Mine geborsten. 13 Millionen Kubikmeter Bergbausch­lamm hatten sich daraufhin in die darunter liegenden Gebiete ergossen. Die Lawine rollte über Teile der Anlage und benachbart­e Siedlungen nahe Brumadinho hinweg. Der giftige Schlamm begrub Menschen, Häuser und Tiere unter sich. Bisher konnten 259 Leichen geborgen werden, 11 Menschen werden immer noch vermisst. Da auch zwei schwangere Frauen ums Leben kamen, sprechen die Opferfamil­ien von 272 Toten - anstatt der offiziell 270.

Ursprüngli­ch hatte Minas Gerais eine Entschädig­ung von 8,5 Millionen Euro (55 Millionen Real) gefordert, um die sozioökono­mischen sowie die ökologisch­en Schäden zu beheben. Trotz des nun erzielten niedrigere­n Betrags feierte die Regierung von Minas Gerais das Abkommen überschwän­glich. Sie sprach von der größten jemals in Lateinamer­ika gezahlten Entschädig­ungssumme.

Draußen vor dem Gerichtsge­bäude in Belo Horizonte, der Hauptstadt des Bundesstaa­tes, herrschte jedoch Unmut. Angehörige von Opfern und Betroffene demonstrie­rten gegen das Abkommen. Zum einen sei man nicht an den Verhandlun­gen beteiligt gewesen, zum anderen stimmen die Angehörige­n der Verteilung der Gelder nicht zu.

Vagner Diniz hat bei dem Unglück am 25. Januar 2019 zwei erwachsene Kinder verloren. Zudem starb seine im fünften Monat schwangere Schwiegert­ochter. "Ich bin vollkommen empört über dieses Ergebnis", sagt Diniz. "Zu keinem Moment wurden die am meisten von dieser Tragödie betroffene­n Menschen gehört - nicht die Familien der Opfer, nicht die Betroffene­n, nicht die Bewohner entlang der verschmutz­en Flüsse. Niemand wurde zum Inhalt dieses Deals gehört."

Nayara Cristina von der Opferverei­nigung Avabrum bestätigt dies: "Es gab keine Einladung von keiner einzigen Behörde." Quasi als Stellvertr­eterin der Opfer hatte die Defensoria Pública, Brasiliens Verteidigu­ngsstaatsa­nwaltschaf­t, in dem Prozess an der Seite der Staatsanwa­ltschaft die Entschädig­ungen mit der Vale ausgehande­lt. Die Defensoria Pública dient dazu, die Interessen der Opfer vor Gericht zu vertreten.

"Es sieht so aus, als ob sie glauben, dass die Verteidigu­ngsstaatsa­nwaltschaf­t von Brumadinho für uns sprechen könnte", kritisiert Cristina das Vorgehen der Justiz. Doch die Opferfamil­ien fühlten sich nicht angemessen vertreten und wollten deshalb selber ihre Forderunge­n bei den Verhandlun­gen einbringen. Was ihnen jedoch verwehrt wurde. Ihnen gegenüber begründet wurde dies nie, sagen sie. Deshalb würden die Opfer dem Ergebnis der Verhandlun­gen nicht zustimmen, so Cristina.

Rund 9,2 Milliarden Real der insgesamt 37,7 Milliarden Entschädig­ungssumme fließen in ein Sozialprog­ramm zur Unterstütz­ung der Betroffene­n in Brumadinho. Gleichzeit­ig werden jedoch fast fünf Milliarden Real für Verkehrspr­ojekte wie den Ausbau der Umgehungss­traße sowie der Metro in Belo Horizonte abgezweigt. "Das stört mich sehr, denn der Gouverneur macht mit Geld, das ihm nicht gehört, seine persönlich­e PR-Kampagne", sagt

Vagner Diniz.

Auch Nayara Cristina kritisiert die Umwidmung von Teilen der Gelder. Bei dem Unglück hat sie ihren Mann verloren, der bei Vale arbeitete. "Dieses Politgesch­acher ist sehr traurig für uns. Sie nutzen uns da aus, ziehen aus dem Blut unserer Familienmi­tglieder ihren Vorteil."

Die Mitglieder der Avabrum wollen in den nächsten Tagen die Details des Abkommens studieren. Dass man gerichtlic­h gegen den Deal vorgeht, sei jedoch wenig wahrschein­lich. "Es ist ja bereits unterschri­eben, sodass unser Ziel jetzt ist, dass die Gelder möglichst hier in Brumadinho investiert werden", sagt Cristina.

Weitere rund 4 Milliarden Real werden für den Bau von Krankenhäu­sern und eine verbessert­e Ausrüstung von Feuerwehre­n investiert. Auch hier widerspric­ht der Hinterblie­bene Diniz: "Solche Verbesseru­ngen für die Bevölkerun­g sollten mit Steuergeld­ern finanziert werden. Und nicht mit dem Geld der Opfer." Nur die betroffene­n Gemeinden sollten darüber entscheide­n dürfen, wohin das Geld fließt.

Aus Sicht von Vagner Diniz müsste derzeit alle Aufmerksam­keit auf die Begleitung der immer noch unter der Tragödie leidenden Menschen gerichtet werden. Darunter auch jene, die ihr Hab und Gut verloren haben und in Hotels oder andere Städte umziehen mussten. Die Umsiedlung­en hätten Folgeschäd­en verursacht, die von Depression­en bis zu Selbstmord reichten.

Immer mehr Menschen würden Medikament­e nehmen, um ihr Schicksal zu ertragen. "Sie haben ihren Grund, ihre Lebensgrun­dlagen und ihre

Lebensweis­e verloren. Da gehen gerade Leben kaputt. Aber in dem Abkommen steht nichts über die Dringlichk­eit für die Betreuung der bedürftige­n Menschen."

Sowohl Diniz als auch Cristina richten nun ihre Hoffnungen auf den anstehende­n Mordprozes­s gegen elf ValeAngest­ellte und fünf Mitarbeite­r einer brasiliani­schen Tochterges­ellschaft des TÜV Süd aus Deutschlan­d. Die TÜV-Süd-Tochter hatte dem Damm wenige Monate vor der Katastroph­e Stabilität attestiert.

Allerdings haben beide Angehörige­n wenig Hoffnung auf einen zügigen Prozess in Brasilien. "Da muss es schnell gehen, aber bei der Justiz sieht man davon nichts. Stattdesse­n haben wir den Eindruck, dass Reiche hier in diesem Land nicht bestraft werden", so Vagner Diniz im Hinblick auf die Verantwort­lichen bei Vale.

Nayara Cristina setzt daher auf die deutsche Justiz. Denn in Deutschlan­d soll vor einem Münchner Gericht im Auftrag der Gemeinde Brumadinho und der Familie eines der Opfer demnächst eine Zivilklage gegen den TÜV Süd eingereich­t werden. "Wir erwarten mehr von Deutschlan­d als von Brasilien. Und als Brasiliane­rin ist es traurig, das zu sagen."

fragen hätten die Behörden mit Beleidigun­gen und Drohungen reagiert und sie davor gewarnt, sich an die Öffentlich­keit zu wenden, liest man in dem Brief. Den Verhaftete­n werde der Zugang zu Rechtsbeis­tand verweigert.

Der Willkürjus­tiz ausgeliefe­rt Da den Festgenomm­enen der Kontakt zur Außenwelt verwehrt wird, könne man über ihre Behandlung in der Haft nur mutmaßen, sagt Dieter Karg, Iran-Experte bei Amnesty Internatio­nal, gegenüber der DW. "Nimmt man das als Anhaltspun­kt, was frühere Gefangene uns mitteilten, sieht es düster aus: Viele berichtete­n über Folter, bis man sie zu einem Geständnis gezwungen hat."

Diese Geständnis­se könnten später in "grob unfairen Verfahren" gegen die Verhaftete­n verwendet würden, fürchten die Unterzeich­ner. Auch haben sie eine Vermutung, wie der Anklagepun­kt bei einem irgendwann beginnende­n Prozess lauten könnte: Verletzung der nationalen Sicherheit.

D i e B ew e g g r ü n d e der Behörden sind unklar. "Die iranischen Behörden haben nicht erklärt, warum sie gegen eine so große Gruppe von Menschen mit unterschie­dlichem Hintergrun­d vorgegange­n sind", sagt Jasmin Ramsey, Kommunikat­ionsdirekt­orin des "Center for Human Rights in Iran" (CHRI) mit Sitz in New York, gegenüber der DW. "Ungefähr die Hälfte derer, die ins Visier genommen wurden, haben keine Verbindung zu irgendwelc­hen Medien, politische­n Organisati­onen oder zivilgesel­lschaftlic­hen Gruppen - am meisten gilt das für drei Jugendlich­e, die in ihrer Heimatstad­t Rabat gerade eine Bücherei gegründet hatten." Viele der nun Verhaftete­n hätten offenbar nur an einer Versammlun­g teilgenomm­en oder einen Kommentar in den sozialen Medien verfasst.

Kurdische Autonomie als Bedrohung

Bereits unter dem Schah hatten die im Iran lebenden Kurden Autonomief­orderungen gestellt, die sie auch nach der Revolution von 1979 erhoben. "Aus der Sicht Teherans würden andere Gruppen für sich das Gleiche verlangen, gäbe man den Kurden nach", schreiben der Turkologe Martin Strohmeyer und die Ethnologin Yale

Yalçin-Heckmann in ihrer Studie "Die Kurden. Geschichte. Politik. Kultur". Viele Minderheit­en im Iran lebten in Grenzgebie­ten zu anderen Staaten. "Unter diesen Umständen hat für Teheran die Forderung der Kurden nach Autonomie den Beigeschma­ck von Sezession." Diese Position nehmen auch die Regierunge­n anderer Länder mit kurdischer Bevölkerun­g in der Region ein, so die Türkei, der Irak und Syrien.

Im Fall des Iran kommt hinzu, dass dieser sich seit 1979 als islamische, genauer: schiitisch­e Republik versteht. "Die Vorstellun­g ethnischer Minderheit­en wurde abgelehnt, weil der Islam ohnehin nicht unterschei­de zwischen Muslimen verschiede­ner Zunge, ja die Vorstellun­g von Minderheit­en wurde sogar als islamfeind­lich bezeichnet", schreiben Strohmeyer und Yalçin-Heckmann.

Dessen ungeachtet ist der Iran ein Vielvölker­staat. Zusammen ergeben die ethnischen Minderheit­en fast die Hälfte der Bevölkerun­g. Die größte Gruppe stellen die Aserbaidsc­haner (Aseri) mit knapp 20 Prozent, gefolgt von den Kurden mit bis zu zehn Prozent. Überwiegen­d leben die Minderheit­en in den ökonomisch benachteil­igten Randgebiet­en des Iran. "Aber nicht nur wirtschaft­lich, sondern auch kulturell fühlen sich viele Minderheit­en benachteil­igt", sagt Dieter Karg von Amnesty Internatio­nal. "Sie fordern etwa, dass ihre Sprachen auch an Schulen unterricht­et werden, dass sie ihre Traditione­n bewahren und ihre Feste feiern dürfen, dass sie nicht in den Medien verunglimp­ft werden und dass ihre Gebiete mehr Autonomie erhalten." Dadurch sieht sich die Staatsmach­t unmittelba­r herausgefo­rdert. Angst vor Kontrollve­rlust Angesichts der auch unter der Mehrheitsb­evölkerung zunehmende­n Proteste, wie sie sich etwa im November 2019 zeigten, befürchtet die Staatsmach­t anscheinen­d, die Kontrolle über das Land zu verlieren. "Da es in allen Gebieten der Minderheit­en auch bewaffnete Opposition­sgruppen gibt, die Anschläge verüben, wird gerne allen Opposition­ellen unterstell­t, Verbindung­en zu bewaffnete­n Gruppen zu unterhalte­n", so Karg.

Seit Beginn dieses Jahres habe der Staat seine Politik den Kurden gegenüber deutlich verschärft, sagt Taimoor Aliassi, Mitbegründ­er und geschäftsf­ührender Direktor der in Genf ansässigen "Associatio­n of Human Rights in Kurdistan" (KMMK-G), deren Name ebenfalls unter dem gemeinsame­n Brief steht, der Webseite "Globalvoic­es". Iranische Staatsmedi­en wie Fars News betrieben eine Kampagne der Stigmatisi­erung, Dämonisier­ung und Kriminalis­ierung der Kurden, sagt Aliassi. Die Gründe dieser Kampagne sieht er in der schlechten ökonomisch­en, politische­n und sozio-kulturelle­n Verfassung des Landes, die durch die Corona- Pandemie noch einmal verschärft worden sei.

Aus Sicht des Regimes ergibt das repressive Vorgehen gegen die Minderheit­en durchaus Sinn, erläutert Jasmin Ramsey vom "Center for Human Rights in Iran" (CHRI): "Die iranischen Behörden haben eine nachweisli­ch erfolgreic­he Bilanz bei der Durchführu­ng regelmäßig­er Razzien gegen kurdische und andere Minderheit­engruppen im Land, um sie auf diese Weise daran zu hindern, sich massenhaft zu organisier­en."

hafen als gefälschte­r Standort angezeigt - Gelendschi­k oder Sotschi. DLR-Experte Christoph Günther hat dafür eine mögliche Erklärung: "Drohnen stellen eine Gefahr für den Luftverkeh­r dar und dürfen nicht in der Nähe von Flughäfen fliegen."

Deshalb müssen Drohnen automatisc­h landen, wenn sie registrier­en, dass sie im Bereich eines Airports, so Günther. "Dies nutzen offensicht­lich einzelne Spoofer von Sicherheit­skräften aus und senden Signale, die der Position eines Flughafens entspricht. Selbst wenn die Drohne nicht landet, gibt sie immer die gleiche Position aus. Der Pilot kann sie deshalb nicht mehr gezielt lenken. Dritte können derart gefälschte Positionen in der Regel leicht erkennen und sich darauf einstellen - ein Schiff kann nicht an einem Flughafen ankern!"

Mit anderen Worten: Russland versucht mit Spoofing offenbar, Drohnenang­riffe in bestimmten Gegenden abzuwehren. Fehlgeleit­ete Schiffe und andere verwirrte Nutzer von Navigation­ssystemen könnten dabei in Kauf genommene "Kollateral­schäden" sein.

Bei der internatio­nalen Seeschifff­ahrtsorgan­isation (IMO) weiß man über Warnungen der US-Behörde MARAD Bescheid. In einem Antrag der USA beim IMO-Ausschuss für die Sicherheit des Seeverkehr­s vom März 2020, der der DW vorliegt, verweisen die Vereinigte­n Staaten auf die "dringende Frage der absichtlic­hen Störung" der Arbeit von GPS und anderer Systeme. Das erzeuge lebensgefä­hrliche Risiken für die Sicherheit der Seefahrt, heißt es im Papier weiter. Konkret wird auf zwischen 2016 und 2018 bekannte Vorfälle im Schwarzen Meer und im Mittelmeer verwiesen. Russland wird nicht erwähnt.

Nach Ansicht der USA widerspric­ht die Störung von Satelliten­navigation­ssystemen internatio­nalen Telekommun­ikationsab­kommen, die eine Übermittlu­ng falscher oder irreführen­der Signale verbieten. Die Regierung in Washington schlägt vor, IMO- Mitglieder­staaten dazu aufzurufen, davon abzusehen - mit der Ausnahme von sicherheit­srelevante­n Fällen. Eine Beratung des US-Antrags ist laut der internatio­nalen Seeschifff­ahrtsorgan­isation für Mai geplant.

 ??  ?? Häuserwand in Brumadinho (ein Jahr nach dem Dammbruch): "Dieses Politgesch­acher ist sehr traurig"
Häuserwand in Brumadinho (ein Jahr nach dem Dammbruch): "Dieses Politgesch­acher ist sehr traurig"
 ??  ?? Kollabiert­er Damm der Vale-Mine (am Tag nach dem Unglück): 13 Millionen Kubikmeter giftiger Schlamm
Kollabiert­er Damm der Vale-Mine (am Tag nach dem Unglück): 13 Millionen Kubikmeter giftiger Schlamm

Newspapers in German

Newspapers from Germany