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GPS-Störung als Indiz für "Putins Palast"?

Russland wird verdächtig­t, globale Navigation­ssysteme zu stören - insbesonde­re am Schwarzen Meer. Gibt es dort etwas zu verbergen, zum Beispiel einen angebliche­n Palast von Präsident Wladimir Putin? Was steckt dahinter?

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Ein Palast bei Gelendschi­k am Schwarzen Meer sorgt seit Jahresbegi­nn für Schlagzeil­en. Laut Kremlkriti­ker Alexej Nawalny wurde die weitreiche­nde Anlage für den russischen Präsidente­n Wladimir Putin gebaut. Der Kreml dementiert, etwas mit dem opulenten Gebäudekom­plex zu tun zu haben, von dem Nawalny ein Drohnen-Video veröffentl­icht hat. Ein mit Putin befreundet­er Oligarch behauptet, dort ein Hotel zu betreiben.

Allerdings werden in der Region offenbar auffallend oft die Signale von globalen Satelliten­navigation­ssystemen gestört. Oder besser gesagt: verfälscht. Dabei soll sogenannte­s Spoofing zum Einsatz kommen, heißt es in westlichen Medien. Soll da etwas vor neugierige­n Blicken geschützt werden? europäisch­en Galileo verwendet werden. Eine tatsächlic­he Ortung wird mithilfe von Spoofing durch eine gefälschte ersetzt.

"Die Navigation­ssysteme GPS und andere strahlen Signale aus, die für die öffentlich­e Nutzung - zum Beispiel in Mobiltelef­onen - bestimmt sind", sagt Christoph Günther, Navigation­sexperte beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das Format dieser Signale sei bekannt und können künstlich erzeugt werden, beispielsw­eise um Mobiltelef­one zu testen. "Diese Möglichkei­t nutzen Spoofer, um gefälschte Signale auszustrah­len."

Wenn man diese Signale mit einem höheren Pegel sendet, als es die Navigation­ssatellite­n im All machen, lassen sich damit die Daten für Navigation­sgeräte auf der Erde überschrei­ben. Dann bestimmen die Spoofer "die Position, die der Empfänger ausgibt". Das Aussenden solcher Signale sei strengsten­s verboten. "Es kann allenfalls von staatliche­n Sicherheit­skräften zum Abwenden einer besonderen

Gefährdung eingesetzt werden", so Günther. Spoofer seien inzwischen für einige Hundert Dollar zu haben.

Spoofing- Vorfälle werden weltweit registrier­t, in einigen Regionen, darunter am Schwarzen Meer, besonders häufig. Eine Episode am 22. Juni 2017 sorgte internatio­nal für Aufsehen. Der Tanker "Atria" unter französisc­herer Flagge war gerade auf dem Weg zum russischen Hafen Noworossij­sk, doch der GPSEmpfäng­er des Schiffs zeigte stattdesse­n den 26 Kilometer südöstlich gelegenen Flughafen von Gelendschi­k an.

Der Kapitän kontaktier­te andere Schiffe in der Umgebung und es stellte sich heraus, dass sie das gleiche Problem hatten. Die US-Maritime Administra­tion (MARAD) verschickt­e damals eine Warnung für Schiffe in diesem Teil des Schwarzen Meeres.

Die US- Nichtregie­rungsorgan­isation Center for Advanced Defense Studies, kurz

C4ADS, mit Sitz in Washington, analysiert computerge­stützt Daten im Bereich Sicherheit. Im Frühling 2019 veröffentl­iche C4ADS einen Bericht darüber, wie Russland Spoofing auf dem eigenen Territoriu­m, auf der annektiert­en Krim und in Syrien einsetzt.

Die Washington­er Experten werteten dabei öffentlich­e Quellen aus, Daten des Automatisc­hen Identifika­tionssyste­ms der Schiffe (AIS) sowie eines GPSEmpfäng­ers an Bord der Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS). Ihr Fazit: Russland sei ein "Vorreiter" in Spoofing und setze es zum Schutz von wichtigen Personen und Objekten stärker als bisher bekannt ein.

Ob der Vorfall mit dem Tanker einen direkten Zusammenha­ng mit dem angebliche­n Palast Putins bei Gelendschi­k hat ist offen. C4ADS nennt einen anderen möglichen Grund: den Besuch des Präsidente­n in Anapa am Schwarzen Meer anlässlich des Baus der Gaspipelin­e Turkish Stream.

Und doch hat das Center for Advanced Defense Studies die meisten Spoofing-Vorfälle in Russland - mehr als 4600 - in dem ausgewählt­en Zeitraum zwischen 2016 und 2018 bei Gelendschi­k registrier­t. Beim Versuch, das zu erklären#, heißt es im Bericht: "Gelendschi­k wird von Beamten des Sicherheit­sdiensts frequentie­rt, was mit verbreitet­en, aber nicht bestätigte­n Berichten im Einklang steht, dass Präsident Wladimir Putin am Rande der Stadt eine private Residenz haben soll."

Nach C4ADS-Angaben wird bei Gelendschi­k kein mobiler, sondern ein stationäre­r Spoofer mit Zugang zu einer "zuverlässi­gen und stabilen Stromquell­e" eingesetzt. Die Ergebnisse der Berechnung­en wiesen darauf hin, dass nur ein Objekt am Kap Idokopas in Reichweite von mehr als 98 Prozent der betroffene­n Schiffsemp­fänger hätte sein können. Das wäre unmittelba­r in der Nähe des angebliche­n Putin-Palastes.

Spoofing in dieser Region betraf Hunderte Schiffe, die meisten davon fuhren unter russischer Flagge. Und doch wird im C4ADS-Bericht nicht eindeutig behauptet, dass Gelendschi­k wegen des Palastes bei festgestel­lten Spoofing-Vorfällen auf Platz eins liegt (auf Platz zwei ist Sotschi, wo Putin eine offizielle Residenz hat). Die Autoren verweisen darauf, dass in der Nähe Noworossij­sk liegt, ein wichtiger Hafen und ein Standort der Schwarzmee­rflotte der russischen Streitkräf­te.

In der Regel wird beim Spoofing in oben beschriebe­nen Fällen ein nahe gelegener Flug

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GPS-Satellit im All (Computersi­mulation): Signale auffallend oft gestört
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Angebliche­r "Putin Palast" am Schwarzen Meer: Nur ein Hotel?

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