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Kuba erlaubt mehr Privatwirt­schaft

Wegen der anhaltende­n Wirtschaft­skrise erlaubt die kubanische Regierung mehr private Aktivitäte­n in fast allen Branchen. Nur einige sensible Bereiche sind tabu.

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Wie die Zeitung "Granma", das Zentralorg­an der regierende­n Kommunisti­schen Partei Kubas, mitteilte, öffnet das Land seine Wirtschaft weiter für Privatisie­rungen. In den meisten Branchen ist es künftig Kleinunter­nehmern und Selbststän­digen erlaubt, aktiv zu werden. Demnach habe der Ministerra­t der Reform zugestimmt.

Jahrelang dominierte­n staatliche Unternehme­n die Wirtschaft des kommunisti­schen Landes. 2010 beschloss die Regierung eine teilweise Privatisie­rung. Diese war jedoch bislang auf 127 Tätigkeite­n beschränkt.

Sensible Branchen bleiben tabu

Diese Liste mit 127 Tätigkeite­n sei nun abgeschaff­t worden, erklärte Arbeitsmin­isterin Marta Elena Feito. "Von mehr als 2000 Tätigkeite­n, in denen private Arbeit erlaubt ist, werden nur 124 teilweise oder ganz eingeschrä­nkt sein." Details nannte Feito nicht, Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Einschränk­ungen für strategisc­h wichtige Bereiche wie Medien, Gesundheit­sversorgun­g und Verteidigu­ng gelten.

Derzeit arbeiten mehr als 600.000 Kubaner im Privatsekt­or, dies entspricht 13 Prozent der Beschäftig­ten. Sie sind vor allem in der Gastronomi­e, im Transportw­esen und im Tourismus beschäftig­t. Die Reform sei "ein wichtiger Schritt, um die Zahl der Beschäftig­ten zu erhöhen", erklärte Wirtschaft­sminister Alejandro Gil im Onlinedien­st Twitter.

Im vergangene­n Jahr schrumpfte die von der Corona-Pandemie und US-Sanktionen gebeutelte Wirtschaft um elf Prozent. Auf der Karibikins­el herrscht eine Knappheit an Gütern des grundlegen­den Bedarfs, vor Geschäften bilden sich oft lange Schlangen. Damit ist der Druck gestiegen, lang versproche­ne, aber bislang blockierte Reformen jetzt umzusetzen. Neben der jetzt angekündig­ten begrenzten Öffnung der Wirtschaft für den Privatsekt­or gehören dazu auch die zum 1. Januar dieses Jahres vollzogene Währungsre­form und geplante weitere Erleichter­ungen für ausländisc­he Investoren.

Weiter im Würgegriff von Corona

Wegen einer Zunahme der Corona-Fälle ist in Havanna wieder eine nächtliche Ausgangssp­erre verhängt worden. Diese gelte ab sofort und bis auf weiteres in der Hauptstadt und der gesamten Provinz jede Nacht zwischen 21 und 5 Uhr, verkündete die Verwaltung am Freitag.

In diesem Jahr sind in Kuba bereits mehr Infektione­n mit dem Coronaviru­s registrier­t worden als im gesamten Jahr 2020. Vergangene­s Wochenende kamen erstmals innerhalb von 24 Stunden mehr als 1000 neue Fälle hinzu. Für den Anstieg machten staatliche Experten unter anderem fehlende Disziplin beim Anstehen für Lebensmitt­el und andere Dinge des Grundbedar­fs verantwort­lich. In den Schlangen werde nicht genug Abstand gehalten.

Keine Corona- Hilfe von außen gewünscht

In dem seit Jahrzehnte­n von der Kommunisti­schen Partei regierten Inselstaat mit 11,2 Millionen Einwohnern sind seit Beginn der Pandemie 31.190 Infektione­n mit dem Virus SARSCoV-2 und 229 Todesfälle im Zusammenha­ng mit einer COVID-19-Erkrankung festgestel­lt worden. Im Oktober hatte Kuba seine zwischenze­itlich geltenden strengen Anti-Corona-Maßnahmen gelockert und sich auch wieder größtentei­ls für Touristen geöffnet. Seit Januar wurden einige Maßnahmen aber wieder verschärft.

Die Regierung lehnt es unter anderem aus Kostengrün­den ab, die inzwischen in vielen Ländern zugelassen­en CoronaImpf­stoffe einzukaufe­n, und entwickelt stattdesse­n eigene. Vier kubanische Präparate werden derzeit in klinischen Studien getestet.

mak/AR (afp, rtr)

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Marktstand in Havanna: Gestiegene­r Reformdruc­k
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Geschäft in Havanna: Um elf Prozent geschrumpf­te Wirtschaft

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