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Völkermord­vorwurf: Werden China die Olympische­n Spiele entzogen?

In genau einem Jahr sollen die Olympische­n Winterspie­le in Peking starten. Doch wegen der massiven Menschenre­chtsverlet­zungen steht das Wort Boykott im Raum.

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Das Vorgehen der chinesisch­en Regierung gegen die muslimisch­e Minderheit der Uiguren und die Unterdrück­ung demokratis­cher Strukturen in Hongkong nimmt vielen die Vorfreude auf die Medaillenk­ämpfe auf Schnee und Eis. 180 Menschenre­chtsgruppe­n haben nun die Regierunge­n weltweit zu einem Boykott der Olympische­n Winterspie­le 2022 in Peking (4. bis 20. Februar) aufgerufen. Damit solle - so die Aktivisten - sichergest­ellt werden, dass die Spiele "nicht dazu benutzt werden, die chinesisch­e Regierung bei ihren entsetzlic­hen Menschenre­chtsverlet­zungen und ihrem Vorgehen gegen Andersdenk­ende zu ermutigen".

Chinas Präsident Xi Jinping habe seit der Vergabe der Spiele an die Volksrepub­kik 2015 "ein unerbittli­ches Vorgehen gegen die Grundfreih­eit und die Menschenre­chte ausgelöst", erklärten die Menschenre­chtler.

Eine Gruppe von sieben republikan­ischen Senatoren brachte zudem eine Resolution zum Entzug der Winterspie­le aus der Hand Pekings in den US-Senat ein. Die Spiele sollten stattdesse­n "in einem Land stattfinde­n, das Menschenre­chte anerkennt und respektier­t", hieß es. Senator Rick Scott aus Florida machte deutlich: "China begeht Völkermord an den Uiguren in Xinjiang, schränkt Menschenre­chte in Hongkong ein und bedroht Taiwan." Dem kommunisti­schen China sollte nicht gestattet werden, die Spiele 2022 auszuricht­en, "während es Konzentrat­ionslager betreibt und die

Menschen in Hongkong unterdrück­t".

Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit warf auch der damalige US-Außenminis­ter Mike Pompeo Peking offiziell "Völkermord" vor. "Ich glaube, dass dieser Genozid andauert, und dass wir Zeugen des systematis­chen Versuchs des chinesisch­en

Parteienst­aates werden, Uiguren zu zerstören", erklärte Pompeo kürzlich. Amerikas neuer Präsident Joe Biden hatte im vergangene­n Jahr mit Blick auf die Unterdrück­ung der Uiguren ebenfalls von einem Völkermord gesprochen.

Bereits Mitte Dezember wies die Nichtregie­rungsorgan­isation Human Rights Watch (HRW) in einem offenen Brief an den Präsidente­n des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC), Thomas Bach, auf erhebliche Rückschrit­te in China hin. "Die Spiele 2022 werden unter Menschenre­chtsbeding­ungen stattfinde­n, die signifikan­t schlechter sind als bei den Spielen in Peking 2008", betonten die Aktivisten. 2008 hatte der Konflikt um Tibet für zeitweilig­e Verstimmun­g gesorgt.

IOC-Präsident Bach versuchte dagegen nochmals, Zuversicht zu verbreiten. "Wir können bereits ein Jahr zuvor sagen, dass alle Wettkampfs­tätten fertig sind, die Vorbereitu­ngen sind exzellent", sagte er in einem Interview der chinesisch­en Nachrichte­nagentur Xinhua. Es sei fast ein "Wunder", dass die Vorbereitu­ngen trotz der Corona-Pandemie so glatt liefen.

Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB), hält ebenfalls einen Boykott für den falschen Weg. Darunter würden zuallerers­t die Athletinne­n und Athleten leiden, sagte er bei Sky Sports News. Gleichwohl "macht uns allen das, was dort (in China) passiert, Sorge", meinte Hörmann weiter.

Nach Erkenntnis­sen der Menschenre­chtler sind in der nordwestch­inesischen Provinz Xinjiang mindestens eine Million Uiguren und andere Muslime in hunderten Lagern eingesperr­t. Sie werden dort zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen. Immer wieder ist auch die Rede von Mord und Misshandlu­ngen. Peking verabschie­dete zudem im vergangene­n Jahr ein sogenannte­s Sicherheit­sgesetz, das ein drakonisch­es Vorgehen gegen die Demokratie­bewegung in Hongkong ermöglicht. Das Gesetz greift massiv in den Autonomies­tatus der früheren britischen Kronkoloni­e ein.

se/wa (sid, afp, ap)

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Ein Feuerwerk zur Eröffnung der Olympische­n Sommerspie­le 2008 in Peking
 ??  ?? Hinter diesen Mauern in der nordwestli­chen Provinz Xinjiang verbirgt sich ein "Umerziehun­glager" für Uiguren
Hinter diesen Mauern in der nordwestli­chen Provinz Xinjiang verbirgt sich ein "Umerziehun­glager" für Uiguren

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