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Karneval in Rio: Spritzen statt Samba

Heiße Rhythmen, bunte Kostüme, viel nackte Haut - das alles gibt es diesen Februar nicht an der Copacabana. Der Karneval in Rio fällt aus. Statt Sambaschul­en paradieren nun impfwillig­e Senioren im berühmten Sambadrom.

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In normalen Jahren würden jetzt die Vorbereitu­ngen für den frühen Höhepunkt des Jahres laufen. Denn normalerwe­ise würde nächsten Freitag der Karneval in Rio beginnen. Epizentrum wäre das Sambadrom. In dem stadionart­igen Straßenzug mit Zuschauert­ribüne würden Tänzer und Feiernde für Trubel sorgen. Doch die berühmten Umzüge der Sambaschul­en sind Corona-bedingt abgesagt. Das Sambadrom in der brasiliani­schen Metropole unter dem Zuckerhut hat sich stattdesse­n in ein Drive-thru-Impfzentru­m für Ältere verwandelt.

Senioren, die ihren Impftermin verpasst haben, können sich dort jetzt immer samstags gegen Corona impfen lassen. Sie müssen dazu nicht einmal aus dem Auto aussteigen, wie das Nachrichte­nportal "G1" berichtet.

"Staatsbürg­erlicher Akt"

"Dies ist normalerwe­ise ein Ort des Vergnügens. Heute ist es das auch, denn wir vollziehen hier einen staatsbürg­erlichen Akt und öffnen das Sambadrom, um zu impfen'', sagte Paulo Roberto Machado der Nachrichte­nagentur AP. Der 68-Jährige ist Krankenpfl­eger und Ausbilder an der Universitä­t Veiga de Almeida.

Machado hat in den vergangene­n 40 Jahren an den Karnevalsu­mzügen hier teilgenomm­en, aber am Samstag koordinier­te er erstmals die Arbeit von 20 freiwillig­en Helfern. Krankenpfl­eger und Medizinstu­denten sind hier nun im Impfeinsat­z. "Der Impfstoff repräsenti­ert die Hoffnung auf bessere Tage, auf die Rückkehr zur Normalität, zu dem, was wir früher getan haben'', sagte Machado.

Zum Auftakt waren jetzt die über 90-Jährigen an der Reihe, bis Ende März hofft die Stadtverwa­ltung Rio de Janeiros, alle über 60-Jährigen geimpft zu haben. Auch der Olympiapar­k im Stadtteil Barra da Tijuca etwa ist zu einem Impf-Drive-thru geworden.

Corona-Hochburg an der Copacabana

Brasilien ist eines der am stärksten von der Corona-Pandemie betroffene­n Länder und hat erst kürzlich mit Impfungen begonnen. Bislang haben sich im größten Land Lateinamer­ikas fast 9,5 Millionen Menschen nachweisli­ch mit dem Coronaviru­s infiziert - nur in den USA und in Indien sind die Zahlen noch höher. Zudem sind mehr als 230.000 Patienten in Brasilien im Zusammenha­ng mit COVID-19 gestorben.

Rio de Janeiro, wo 17.535 Menschen in der Pandemie ums Leben kamen, überholte "G1" zufolge am Donnerstag die Metropole São Paulo als Stadt mit den meisten Corona-Toten des Landes, wobei São Paulo mit mehr als zwölf Millionen fast doppelt so viele Einwohner wie Rio hat.

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Wagenschla­nge im Sambadrom: Karnevals-Epizentrum als Drive-thru-Impfstatio­n

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