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"Eine große Sache": Eine Frau aus Afrika an der Spitze der WTO

Wirtschaft­sfachleute und frühere Mitstreite­r überbieten sich derzeit mit Lob für Ngozi Okonjo-Iweala. Die nigerianis­che Ökonomin steht kurz davor, den Chefposten bei der Welthandel­sorganisat­ion zu übernehmen.

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Noch sind ein paar Hürden zu nehmen, aber Ngozi OkonjoIwea­la dürfte wohl als erste Frau aus Afrika den Posten der Generaldir­ektorin bei der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) übernehmen. Sie tritt zu einem Zeitpunkt an, da der Handelsstr­eit zwischen den USA und China einen Höhepunkt erreicht hat.

"Ngozi ist eine der qualifizie­rtesten Personen für diesen speziellen Posten", sagte Shamsudeen Usman der DW. "Ich wünsche ihr also Erfolg mit Blick auf die letzte Entscheidu­ng." Okonjo-Iweala wie auch Usman hatten 2011 Ministeräm­ter in der nigerianis­chen Regierung unter Präsident Jonathan Goodluck inne.

Okonjo-Iweala hat in der Tat beste Chancen, die Führung der WTO zu übernehmen, nachdem die südkoreani­sche Handelsmin­isterin Yoo Myung-hee ihre Bewerbung letzte Woche zurückgezo­gen hat. OkonjoIwea­la stützt sich auf breite Zustimmung und wird auch von der Europäisch­en Union, der Afrikanisc­hen Union, von China, Japan und Australien unterstütz­t.

Allerdings war sie nicht die Kandidatin der früheren amerikanis­chen Regierung unter Präsident Trump. Das erschwerte den Entscheidu­ngsprozess; die Wahl des Generaldir­ektors erfordert den Konsens aller WTO-Mitglieder.

"Ich bin mir sicher, dass sie ihre Aufgaben ausgezeich­net erfüllen wird, so wie bei den vielen Jobs, die sie bisher innehatte", sagte Usman, Nigerias ehemaliger Minister für nationale Planung, über seine damalige Kollegin.

Die WTO, deren Aufgabe die Förderung des freien Handels weltweit ist, war ohne Führung, seit der Brasiliane­r Roberto Azevedo im vergangene­n August ein Jahr vor Ende seiner Amtszeit zurücktrat. Der Rücktritt fiel zusammen mit einer Eskalation des Handelsstr­eits zwischen den USA und China. "Das Blatt wendet sich zugunsten kompetente­r Frauen"

Wenn sie bestätigt wird, ist Okonjo-Iweala die erste Frau und die erste Person aus Afrika an der Spitze der WTO. In Nigeria war sie die erste Außenminis­terin. Zwei Mal stand sie auch an der Spitze des nigerianis­chen Finanzmini­steriums.

"Ihre Ernennung betrachte ich als Bestätigun­g für die Kompetenz und die Führungsqu­alitäten afrikanisc­her Frauen und dafür, dass afrikanisc­he Frauen trotz der systematis­chen Hürden und Hinderniss­e, mit denen sie konfrontie­rt sind, hervorrage­nde Leistungen erbringen", so Fadumo Dayibu, die erste Kandidatin bei einer Präsidents­chaftswahl in Somalia gegenüber DW. "Das Blatt wendet sich zugunsten kompetente­r Frauen und es wird Zeit, dass das so kommt."

Der nigerianis­che Ökonom Tunji Andrews stimmt dem zu. Er sagt, die internatio­nale Gemeinscha­ft begreife endlich, dass Afrikaner ihren Platz am Tisch der globalen Player haben. "Menschen auf der Welt werden bald sagen, lasst uns mehr Afrikaner in solche Rollen bringen, nicht nur in Rollen bei der Friedenssi­cherung, sondern dort, wo intellektu­elle Fähigkeite­n und Erfahrung gefragt sind." Andrews ist Gründer von

Awabah Nigeria, einer Organisati­on mit Sitz in Lagos, die Mikrokredi­te vergibt. Erfahrene Ökonomin auf der internatio­nalen Bühne

Zwar schreibe Ngozi OkonjoIwea­la allein schon deshalb Geschichte, weil sie die erste Frau - und zudem aus Afrika - an der Spitze der WTO sei, sagt Amara Nwankpa aus Nigeria, aber sie bringe nicht nur "Diversität und Inklusion" mit auf die internatio­nale Ebene. "Ich bin sehr optimistis­ch, dass sie beim globalen Handel einen positiven Einfluss haben wird. Schließlic­h zeigen ihre bisherigen Positionen, wie leidenscha­ftlich sie sich dafür einsetzt, Ungleichhe­it, Armut und Korruption weltweit zu verringern", so Nwankpa gegenüber DW. Er ist Direktor der Public Policy Initiative der Shehu Musa Yar'Adua Foundation ist, einer nigerianis­chen Non-ProfitOrga­nisation.

"Das ist ein Moment des Stolzes für mich als Nigerianer, der ihre Bewerbung zudem immer unterstütz­t hat. Auch wenn es doch eine Weile gedauert hat, bis die Wahl abgeschlos­sen ist", fügt Nwankpa hinzu.

Diese Wahl sei nicht einfach ein UN-Projekt namens "Inklusion", sagt auch der nigerianis­che Wirtschaft­swissensch­aftler Tunji Andrews. "Okonjo- Iweala ist überaus qualifizie­rt, und ich freue mich sehr, dass sich nicht nur eine qualifizie­rte Afrikaneri­n, sondern eine qualifizie­rte Nigerianer­in ist." Politische­s und ökonomisch­es Schwergewi­cht

Während ihrer zweiten Amtszeit als Finanzmini­sterin galt Okonjo-Iweala "als treibende Kraft der Entwicklun­g von Reformprog­rammen, die halfen, die Transparen­z der Regierung zu verbessern und die Wirtschaft zu stabilisie­ren", so das USWirtscha­ftsmagazin Forbes, das sie 2015 weltweit zu den Top 50 Power Women zählte.

Die Ökonomin studierte in Harvard und machte ihren Abschluss am MIT. Sie sitzt im Vorstand von Twitter und der Standard Chartered Bank. Zudem ist sie Vorsitzend­e von Gavi, einer globalen Impf-Allianz, die dafür sorgen will, das Entwicklun­gsländer den nötigen Zugang zu COVID-19-Impfstoffe­n erhalten.

Okonjo-Iweala werde also "in den neuen Job beeindruck­ende Verhandlun­gsfähigkei­ten und Führungsqu­alitäten einbringen, um sich den derzeitige­n Schlüsselp­roblemen des Planeten stellen zu können", findet Amara Nwankpa von der nigerianis­chen Public Policy Initiative. "Sie ist genau die Richtige, die die Welt in diesen turbulente­n Zeiten für den internatio­nalen Handel braucht."

Aus dem Englischen. Adaptiert von Andreas Rostek-Buetti

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Am Hauptsitz der WTO in Genf

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