Deutsche Welle (German edition)

Wachsende Kritik am Corona-Krisenmana­gement

Zu wenig Impfstoff, Probleme mit den Impftermin­en, kein Plan für ein Ende des Lockdowns: Hat die Bundesregi­erung das PandemieMa­nagement noch im Griff? Laut ARD-Deutschlan­dtrend bröckelt der Rückhalt bei den Bürgern.

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Dreimal wurde der Lockdown in Deutschlan­d bislang verlängert, aktuell bis zum 14. Februar. Am kommenden Mittwoch wollen die Kanzlerin und die Ministerpr­äsidenten der Länder darüber entscheide­n, ob unter anderem die Gastronomi­e, große Teile des Einzelhand­els, Kunst- und Kultureinr­ichtungen, Schulen und Kindergärt­en auch weiterhin geschlosse­n bleiben müssen. Angela Merkel warnt vor schnellen Öffnungen, weil sie dann wieder rasant steigende Infektions­zahlen befürchtet.

Doch auch die Zahl der Bürger, die die Alltagsein­schränkung­en als zu weitgehend empfinden, nimmt zu. Im a k t u e l l e n A R D- D e u t - schlandtre­nd sind es 22 Prozent der repräsenta­tiv vom Meinungsfo­rschungsin­stitut infratest-dimap Befragten und damit fünf Prozent mehr als im Januar. 51 Prozent sind weiterhin der Meinung, dass die Einschränk­ungen angemessen sind. Die Zahl derer, die gerne noch härtere Maßnahmen hätten, sank von 30 auf 24 Prozent.

Impfkampag­ne und das Chaos bei der Terminverg­abe haben viele Bürger enttäuscht. 68 Prozent der Befragten geht es mit den Impfungen nicht schnell genug. Immer mehr Menschen wird klar, dass eine Immunisier­ung der einzige Weg zurück in eine wieder größere Normalität ist. Entspreche­nd ist die Bereitscha­ft gestiegen, sich impfen zu lassen, wie der aktuelle ARD-Deutschlan­dtrend zeigt.

Die Impfbereit­schaft ist unter den älteren Menschen sehr viel höher als unter den jüngeren. Während sich in der Gruppe der 18-39-Jährigen jeder zweite auf jeden Fall impfen lassen will, sind es bei den über 65-Jährigen 72 Prozent. der befragten Bundesbürg­er der Meinung, dass das gemeinsame Vorgehen der EU bei der Bestellung richtig war. Das gilt unabhängig von der Parteipräf­erenz. Nur die Anhänger der rechtspopu­listischen AfD sind überwiegen­d anderer Meinung und hätten einen deutschen Alleingang vorgezogen.

Die Bundeskanz­lerin geht davon aus, dass erst Ende September alle, die das wollen, ein Impfangebo­t bekommen können. Welche Folgen wird das für das Land und die Gesellscha­ft haben? Können sich nur diejenigen, die geimpft sind, wieder freier bewegen? Der deutsche Ethikrat lehnt eine Andersstel­lung von Geimpften derzeit ab. Die Bundesbürg­er sehen das mehrheitli­ch ähnlich. 68 Prozent sind dagegen, 28 Prozent wären dafür. Die meisten Fürspreche­r von individuel­len Regeln für bereits Geimpfte finden sich in den Reihen der FDP-Anhänger.

Nach wie vor sind gut vier von zehn Bundesbürg­ern in Sorge, dass sie selbst oder Angehörige mit dem Coronaviru­s infiziert werden könnten. Gut die Hälfte der Deutschen ist über die Ausbreitun­g neuer Corona-Varianten beunruhigt.

Zugleich verlieren die Bundesbürg­er die Nebeneffek­te der Pandemie- Bekämpfung nicht aus dem Blick: Deutlich gestiegen ist gegenüber dem ersten Lockdown die Zahl derer, die sich um die Entwicklun­g von Kindern aufgrund beschränkt­er Betreuungs- und Schulangeb­ote sorgen, nämlich auf 77 Prozent (ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zum Mai). Kaum weniger als die Hälfte (44 Prozent) sorgt sich um zu geringe Sozialkont­akte.

Jeweils drei Viertel der Menschen machen sich große bis sehr große Sorgen um die wirtschaft­liche Entwicklun­g. Bund und Länder haben sich in bislang ungekannte­m Maße verschulde­t, um Wirtschaft und

Gesellscha­ft in der Krise finanziell zu unterstütz­en. Die Schuld e n w e rd e n i rg e n d w an n zurückgeza­hlt werden müssen. Doch wer soll die Rechnung begleichen?

Die gestiegene Kritik am Impftempo bei schleichen­d wachsenden Zweifeln an den Corona-Maßnahmen hat nicht nur Folgen für die Bewertung des Corona- Krisenmana­gements, sondern für die Beurteilun­g der gesamten Berliner Regierungs­arbeit und der Regierungs­mannschaft.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) verliert mit drei Prozentpun­kten vergleichs­weise wenig Rückhalt und landet bei 69 Prozent Zustimmung. Auf 54 Prozent (ebenfalls minus drei) kommt der CSU-Vorsitzend­e Markus Söder, der für eine Kanzlerkan­didatur der CDU/ CSU im Gespräch ist. Sein Konkurrent, der frisch gewählte CDU-Vorsitzend­e Armin Laschet, verbessert sich auf 37 Prozent Zustimmung. Finanzmini­ster und SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz verliert neun Prozentpun­kte und kommt noch auf 46 Prozent Zustimmung.

Kaum Auswirkung­en hat die Kritik allerdings auf das langfristi­ge Wahlverhal­ten.

Die regierende Koalition aus CDU, CSU und SPD hätte damit noch eine knappe Mehrheit gegenüber den anderen im Bundestag vertretene­n Parteien. Deutlich größer würde der Zuspruch für eine Koalition aus CDU, CSU und den Grünen ausfallen.

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Die Bundeskanz­lerin verliert an Beliebthei­t - allerdings nur wenig

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