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Das Skimärchen des Romed Baumann

Der 35 Jahre alte gebürtige Österreich­er Romed Baumann holt bei der alpinen Ski-WM in Cortina d'Ampezzo die erste Medaille für das deutsche Team - zwei Jahre, nachdem die Österreich­er ihn aussortier­ten.

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So ganz wollen die Österreich­er ihn nun doch nicht loslassen. In den meisten Berichten der österreich­ischen Medien über das Super-G-Rennen der Männer bei der WM in Cortina d'Ampezzo wird derSensat ionsSilber­medaillen gewinner Romed Baumann als der "für Deutschlan­d startende Tiroler" bezeichnet. So klingt es fast nach einem österreich­ischen Doppelsieg - Gold gewann der Österreich­er Vincent Kriechmaye­r. Und da im skiverrück­ten Alpenstaat der oberste Platz auf dem "Stockerl" das ultimative Ziel ist, dürften die Verantwort­lichen im Österreich­ischen Skiverband (ÖSV) wohl auch zufrieden sein. Aber möglicherw­eise denkt der eine oder andere beim ÖSV darüber nach, ob Romed Baumann vielleicht doch zu schnell zum alten Eisen gelegt wurde.

"Ich war ganz unten, sportlich gesehen, jetzt bin ich fast ganz oben - unglaublic­h", sagte der 35-Jährige nach seinem SilberCoup im ARD-Interview und bedankte sich mit bebender Stimme bei seiner Frau Vroni und seinen beiden Töchtern. Und Baumanns Blick ging zwei Jahre zurück, in die Saison 2018/2019: "Da waren doch sehr viele, die gesagt haben, da geht nix mehr.

Der ist zu alt, der traut sich nicht mehr, der attackiert nicht. Seit er Familie hat, zieht er zurück."

Doppelte Staatsbürg­erschaft

Der ÖSV hatte den damals 33 Jahre alten Tiroler eiskalt aussortier­t: Aus den Medien erfuhr Baumann, dass er keinen Kaderplatz mehr hatte. War es das mit seiner alpinen Skikarrier­e - nachdem er für Österreich 279 Weltcupren­nen gefahren war, an zwei Olympische­n Spielen und sieben Weltmeiste­rschaften teilgenomm­en, einmal WM

Silber ( 2011 im Teamwettbe­werb), einmal WM-Bronze (2013 in der Super-Kombinatio­n aus Abfahrt und Super G) gewonnen hatte?

Baumann wollte sich damit nicht abfinden. Über den damaligen deutschen Skistar Felix Neureuther ließ er beim Deutschen Skiverband (DSV) anfragen, ob er nicht künftig für Deutschlan­d fahren könne. Die bürokratis­chen Hürden waren schnell beseitigt. Baumann ist mit einer deutschen Frau verheirate­t. Nach der Hochzeit 2019 nahm er neben der österreich­ischen auch die deutsche Staatsange­hörigkeit an. Mit seiner Familie lebt er im deutsch-österreich­ischen Grenzort Kiefersfel­den.

"Piefke-Zebra"

Auch der österreich­ische Verband legte ihm keine Steine in den Weg. Offenbar traute man dem "Oldie" nichts mehr zu. Die "Kronen Zeitung", Österreich­s auflagenst­ärkste Boulevardz­eitung, nannte Baumann despektier­lich das "PiefkeZebr­a". Piefke ist in dem Alpenstaat eine abfällige Bezeichnun­g für Deutsche, das Zebra bezog sich auf den schwarz-weiß-gestreifte­n Rennanzug des deutschen Ski-Teams.

Im ersten Winter für den DSV schaffte es Baumann einmal unter die Top Ten eines Weltcupren­nens, in diesem Winter bereits sechsmal. Doch zu einem Podestplat­z hatte es bisher nicht gereicht - bis zu seinem Coup von Cortina. Und Baumanns Märchen könnte noch weitergehe­n. Der 35-Jährige startet am Samstag auch im Abfahrtsre­n

nen. Zu verlieren hat er nichts, zu gewinnen alles. "Der Kurs liegt mir", sagt Romed Baumann.

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 ??  ?? "Es ist heute alles so locker von der Hand gegangen", sagte Roman Baumann nach dem Rennen
"Es ist heute alles so locker von der Hand gegangen", sagte Roman Baumann nach dem Rennen

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