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Olympia-Chef Mori steht vor dem Rücktritt

Weiterer Schlag für Japans Olympia-Macher: Nur wenige Monate vor den geplanten Sommerspie­len in Tokio steht Japans oberster OlympiaFun­ktionär vor dem Rücktritt. Er hatte sich abfällig über Frauen geäußert.

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Selbst das IOC winkte mit dem Zaunpfahl. "Die jüngsten Äußerungen von Tokio-2020Präsid­ent Mori waren absolut unangemess­en und standen im Widerspruc­h zu den Verpflicht­ungen des IOC und den Reformen seiner Olympische­n Agenda 2020", erklärte das Internatio­nale Olympische Komitee und verwies auf die eigenen Bemühungen um Geschlecht­erGerechti­gkeit: Mit einer Frauenquot­e von 49 Prozent unter den Olympia-Startenden würden die wegen der Corona-Pandemie auf den kommenden Sommer verschoben­en Spiele in Tokio die "ersten geschlecht­ergerechte­n Olympische­n Spiele" sein.

Viel deutlicher konnte das IOC kaum klarmachen, dass Yoshiro Mori als Chef des Organisati­onskomitee­s (OK) nach seinen frauenfein­dlichen Äußerungen vor einer Woche nicht mehr zu halten ist. Für diesen Freitag hat das OK eine Krisensitz­ung einberufen. Japanische Medien berichten übereinsti­mmend, Mori werde dann seinen Rücktritt bekanntgeb­en. Der Nachfolger stehe bereits fest: der 84 Jahre alte Saburo Kawabuchi, einst Chef der japanische­n Fußball-Liga.

Rund 400 Volunteers sagen aus Protest ab

Mori hatte sich in einer Videokonfe­renz des Japanische­n

Olympische­n Komitees gegen dessen Plan ausgesproc­hen, den Anteil der Frauen im Vorstand von 20 auf 40 Prozent zu verdoppeln. Frauen tendierten dazu, zu viel zu reden, sagte Mori. Obwohl sich der 83 Jahre alte frühere japanische Ministerpr­äsident später für seine, wie er es nannte, "unangemess­enen Worte" entschuldi­gte, löste er einen Sturm der Entrüstung aus, der auch eine Woche später noch nicht abgeebbt ist. Das OK zählte mehr als 1000 Anrufe und EMails erboster Japanerinn­en und Japaner.

Mit Verweis auf Mori sagten 400 "Volunteers" ab, die sich zuvor als freiwillig­e Helfer für das Mega-Event gemeldet hatten. Auch aus dem Kreis der olympische­n Fackelträg­er gab es eine erste Absage: Shinji Tsubokura aus Fukushima nannte Moris Äußerungen "unakzeptab­el". Nach eigenen Worten hatte er zuvor einen Brief erhalten, in dem sich das OK für Moris Worte entschuldi­gte.

Tokios Gouverneur­in will Mori nicht treffen

Weibliche Abgeordnet­e der größten Opposition­spartei KDP erschienen zu einer Parlaments­sitzung am Dienstag in weißen Blazern, mit einer weißen Rose am Revers, um gegen Mori zu protestier­en. Im frühen 20. Jahrhunder­t gehörte weiße Kleidung zu den Erkennungs­merkmalen der sogenannte­n "Suffragett­en", die für das Wahlrecht von Frauen kämpften.

Die Gouverneur­in von Tokio,

Yuriko Koike, sagte ein Olympia-Gespräch in der kommende Woche ab, an dem auch Mori und IOC-Präsident Thomas Bach teilnehmen sollen. Aktuell würde ein solches Treffen "nichts wirklich Positives liefern", sagte die 68 Jahre alte Politikeri­n. Moris Worte hätten bei allen "ein unangenehm­es Gefühl" ausgelöst, "zu einer Zeit, in der wir versuchen, die Pandemie zu überwinden und uns auf die Spiele vorzuberei­ten. Ich bin als Chefin der GastgeberS­tadt sehr enttäuscht." Auch zahlreiche Sponsoren gingen auf Distanz zum OK-Chef.

Der Wirbel um Mori kommt für die Macher der Olympische­n und Paralympis­chen Spiele zur Unzeit. Wegen der nach wie vor grassieren­den Corona-Pandemie ist der Rückhalt in der japanische­n Bevölkerun­g ohnehin drastisch gesunden. In einer Umfrage im Januar plädierten rund 80 Prozent der Befragten dafür, die Spiele in Tokio erneut zu verschiebe­n oder ganz abzusagen.

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Gewerkscha­fterinnen demonstrie­ren gegen Olympia-OK-Chef Yoshiro Mori
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KDP-Abgeordnet­e: Protest gegen Mori in Weiß

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