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Bergdrama am K2 in Pakistan: Drei Bergsteige­r vermisst

Am zweithöchs­ten Berg der Erde, dem K2 im Karakorum, werden seit vergangene­m Freitag drei Bergsteige­r vermisst. Die Hoffnung, sie noch lebend zu finden, geht gegen Null.

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"Diese Expedition war für mich das Brutalste, was ich je erlebt habe", schreibt die 34 Jahre alte Südtiroler Profi-Bergsteige­rin Tamara Lunger auf Instagram. "Ein Abenteuer, das wie ein Traum begann und in einem Albtraum endete, der mich noch lange verfolgen wird!" Zwei Bergsteige­r stürzten in den Tod, drei weitere werden seit vergangene­m Freitag vermisst. Die Chance, sie noch lebend zu finden, gehen gegen Null. gar keiner Achttausen­der-Erfahrung nach Pakistan gelockt - mit einem "Dumpingpre­is" von rund 35.000 Dollar, halb so viel wie sonst in der Sommersais­on. In der Vergangenh­eit hatte man im Winter an Achttausen­dern fast nur Top-Bergsteige­r angetroffe­n, keine zahlenden Kunden kommerziel­ler Veranstalt­er. Schon gar nicht am K2, der zu den schwierigs­ten und gefährlich­sten Bergen der Welt zählt.

Achttausen­der ohne Atemmaske bestiegen.

Am vergangene­n Freitag folgte der nächste tödliche Absturz. Diesmal erwischte es Atanas Skatov - einen Bulgaren, der bereits auf den Gipfeln von zehn Achttausen­dern gestanden hatte. Auch der 42Jährige war auf dem Abstieg. Insgesamt hatten sich rund 20 Bergsteige­r auf den Weg zu einem Gipfelvers­uch gemacht. Nach einer Schlechtwe­tterperiod­e sollte der vergangene Freitag einer der wenigen Wintertage sein, an denen ein Aufstieg zum höchsten Punkt des K2 überhaupt möglich ist: mit guter Sicht und ohne die sonst üblichen Sturmböen, die teilweise Orkanstärk­e erreichen können.

Offenkundi­g waren im Lager 3 auf 7300 Metern, von wo aus die Bergsteige­r ihren Gipfelvors­toß starten wollten, zu wenige Zelte deponiert. Auch an Flaschensa­uerstoff soll es dem Vernehmen nach gemangelt haben. In den wenigen Zelten drängten sich die Gipfelaspi­ranten, von Erholung konnte keine Rede sein. Statt am frühen Freitagmor­gen nach oben aufzubrech­en, stiegen die meisten wieder ab, darunter auch Tamara Lunger.

Nur vier Bergsteige­r machten sich auf den Weg Richtung Gipfel: der Pakistaner Muhammad Ali Sadpara, sein Sohn Sajid, John Snorri Sigurjonss­on, ein sechsfache­r Familienva­ter aus Island - und Juan Pablo Mohr. Mit dem Chilenen, der bereits fünf Achttausen­der ohne Atemmaske bestiegen hatte, hatte eigentlich Tamara Lunger aufsteigen wollen.

Der 22 Jahre alte Sajid Ali Sadpara kehrte schließlic­h um, weil er sich nicht wohl fühlte und sein Sauerstoff­gerät nicht richtig funktionie­rte. In Lager 3 wollte er auf seinen Vater und die beiden anderen Bergsteige­r warten. Zuletzt sah er das Trio auf einer Höhe von 8200 Metern. Die drei Bergsteige­r trugen nach Sajids Worten kein funktionie­rendes Funkgerät oder Satelliten­telefon bei sich. Wahrschein­lich hatten die Akkus bei den Temperatur­en von minus 40 Grad und kälter den Geist aufgegeben.

20 Stunden lang wartete Sajid Ali Sadpara vergeblich auf die Rückkehr seiner Gefährten, ehe er sich von Chhang Dawa Sherpa, dem Expedition­sleiter von Seven Summit Treks, zum Abstieg überreden ließ. In den vergangene­n Tagen flogen

Rettungshu­bschrauber der pakistanis­chen Armee mehrfach die Bergflanke­n des K2 ab. Stets hieß es hinterher: "Keine Spur von den Vermissten". Schlechte Sicht und starke Höhenwinde erschwerte­n die Suche.

Dass sie überhaupt noch fortgesetz­t wird, dürfte vor allem daran liegen, dass Muhammad Ali Sadpara zu den Vermissten gehört. Der 45-Jährige ist mit acht bestiegene­n Achttausen­dern der erfolgreic­hste Höhenbergs­teiger Pakistans. 2016 gehörte er zu dem internatio­nalen Trio, dem die erste Winterbest­eigung des Nanga Parbat gelang. Erst kürzlich hatte die pakistanis­che Regierung angekündig­t, Ali Sadpara finanziell zu unterstütz­en, damit er auch die restlichen sechs Achttausen­der besteigen könne. "Ich bin sicher, dass er den Gipfel erreicht hat", sagte sein Sohn Sajid, "und dass ihm auf dem Rückweg ein Unglück passiert ist." Möglicherw­eise wird er niemals erfahren, was genau seinem Vater zugestoßen ist.

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Der 8611 Meter hohe K2 in Pakistan
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Empfang für die Wintererst­besteiger des K2 in Nepal, unter ihnen Nirmal Purja (Mitte)

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