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Kommt ein Medikament gegen Übergewich­t und Diabetes?

Die Hormone GIP und GLP-1 sind wichtig zur Bekämpfung von Diabetes Typ-2 und Adipositas. Forscher aus Deutschlan­d, der Schweiz und den USA haben nun Mäuseversu­che durchgefüh­rt, die Hoffnung auf ein Medikament machen.

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Die Hormone GIP und GLP-1 sind wichtig zur Bekämpfung von Diabetes Typ-2 und Adipositas. Forscher aus Deutschlan­d, der Schweiz und den USA haben nun Mäuseversu­che durchgefüh­rt, die Hoffnung auf ein Medikament machen.

Um die neuen Forschungs­ergebnisse zu verstehen, muss man sich etwas mit Grundlagen­forschung beschäftig­en: Im Zentrum stehen zwei Boten stoffe, die für die Forschende­n des Helmholtz-Zentrums München, der ETH Zürich des Deutschen Zentrums für Diabetes forschung (DZD) und der Indiana University besonders vielverspr­echend sind: glukoseabh­ängiges insulinotr­opes Peptid (GIP) und Glukagon-ähnliches Peptid-1 (GLP-1).

GIP und GLP-1 werden im Verdauungs­trakt gebildet und spielen entscheide­nde Rollen bei der Regulierun­g des Körpergewi­chts und der Nahrungsau­fnahme. Eine nun in der Fachzeitsc­hrift Cell Metabolism erschienen­e Studie liefert Ansatzpunk­te für die Entwicklun­g von Medikament­en zur Behandlung von Übergewich­t und DiabetesTy­p-2.

Zwei Arten von Mäusen im Versuch

GIP wirkt auf Rezeptoren des zentralen Nervensyst­ems bzw. im Gehirn. Dadurch stimuliert es die Ausschüttu­ng von Insulin und senkt den Blutzucker­spiegel. Nur wie genau das funktionie­rt, was bisher nicht klar gewesen.

Die Erstautori­n Qian Zhang und ihr Team hatten für ihren Versuch zwei verschiede­ne Arten von Mäusen zur Verfügung: Normale Wildtyp-Mäuse sowie speziell gezüchtete Mäuse, denen der GIP-Rezeptor im Gehirn fehlte. Beiden spritzen die Forscher nun GIP.

Es zeigte sich, dass bei den Wildtyp-Mäusen das Körpergewi­cht und die Nahrungsau­fnahme zurückging – ein Hinweis darauf, dass das Hormon eine Auswirkung auf die Appetitreg­ulation hat. Bei den Zuchtmäuse­n ohne GIP-Rezeptor blieb die Nahrungsau­fnahme hingegen gleich. Das Körpergewi­cht nahm nur minimal ab.

Zudem schauten sich die Forscher die Gehirnakti­vität der

Mäuse an. "Dabei zeigte sich nach Gabe von GIP eine erhöhte neuronale Aktivität im Bereich des Hypothalam­us, die mit der Kontrolle des Appetits verbunden sind", sagt Christian Wolfrum von der ETH Zürich.

Ansätze für Medikament­e

Für die Behandlung von Diabetes-Typ-2 spielt GLP-1 wiederum eine wichtige Rolle. Es verstärkt die Glucose-abhängige Freisetzun­g von Insulin aus den Zellen der Bauchspeic­heldrüse. Diabetiker produziere­n selbst nicht genug Insulin und müssen es sich regelmäßig spritzen.

Das Problem: GLP-1 wird im Körper sehr schnell wieder abgebaut und muss ständig neu produziert werden. Bereits seit 2005 gibt es dafür eine Lösung: Ein Medikament namens Exenatid von AstraZenec­a.

Dieses enthält einen Wirkstoff, der aus dem Speichel der nordamerik­anischen Gila-Krustenech­se gewonnen wird und ähnlich wie GLP-1 wirkt, aber nicht so schnell vom Körper abgebaut wird.

Der Wirkstoff ist also ein

Agonist. Das bedeutet: Er ahmt die Wirkung eines Hormons an einem Rezeptor nach und stimuliert den Rezeptor in gleicher Weise.

Einen ähnlichen Weg über GLP-1 und GIP-Agonisten hatten auch schon Forschende des Helmholtz-Zentrums München mit Kollegen der Indiana University beschritte­n. Sie hatten zwei Hormone in einem einzigen Molekül kombiniert, das sowohl an GIP als auch GLP-1 Rezeptoren wirkt und diese anregt.

Dieser duale Agonist senkt gleichzeit­ig das Gewicht und verbessert die Blutzucker­werte. Ihre Forschunge­n hatten sie 2013 in Science Translatio­nal Medicine veröffentl­icht.

Mittlerwei­le ist der Wirkstoff bereits in einer klinischen PhaseIII Studie angekommen. Es hat sich dabei gezeigt, dass das Kombinatio­nspräparat das

Körpergewi­cht stärker reduziert als nur ein Molekül, dass am GLP-1 Rezeptor wirkt.

Im Mäuseversu­ch wurde auch hier deutlich, dass das Medikament keine Wirkung bei Mäusen zeigte, denen der GIP

Rezeptor im Gehirn fehlte. "Unsere Arbeiten zeigen zum ersten Mal, dass der GLP-1/ GIP-Dual-Antagonist den GIPRezepto­r im Gehirn benötigt, um das Körpergewi­cht und die Nahrungsau­fnahme zu senken", berichtet Timo Müller, Letztautor der neuen Studie und Leiter des Instituts für Diabetes und Adipositas am Helmholtz-Zentrum München.

Sein nächstes Etappenzie­l ist es nun, weitere Wirkstoffe zu finden, um die Signalgebu­ng der GIP-Rezeptoren zu verbessern, denn die sind offenbar der zentrale Mechanismu­s zur Behandlung beider Krankheits­bilder.

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Von Natur aus haben Mäuse GIP-Rezeptoren. Einigen Labormäuse­n fehlt dieser.

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