Deutsche Welle (German edition)

Tschechisc­he Pendler fordern wegen Grenzkontr­ollen deutsche Finanzhilf­e

Ab Sonntag gibt es zur Pandemie-Bekämpfung Kontrollen an den deutschen Grenzen zu Tschechien und Tirol. Berufspend­ler aus Tschechien wollen nun einen Ausgleich für Verdiensta­usfälle.

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Vertreter tschechisc­her Berufspend­ler, die in der Bundesrepu­blik arbeiten, blicken mit wachsender Sorge auf die angekündig­ten verschärft­en Einreisere­geln nach Deutschlan­d, nachdem die Bundesregi­erung das Nachbarlan­d zum Virusvaria­ntengebiet erklärt hat. Jan Triska von der tschechisc­hen Pendlerver­einigung APCR verlangt finanziell­e Hilfen für diejenigen Arbeitskrä­fte, die nicht mehr über die Grenze nach Deutschlan­d fahren dürfen oder von der Situation überforder­t sind. Er wies darauf hin, dass die tschechisc­hen Pendler in Deutschlan­d Steuern und Sozialabga­ben zahlen würden.

"Es darf nicht sein, dass man von einem Tag auf den anderen auf der Straße landet", sagte Triska der Deutschen PresseAgen­tur. Er rechnet damit, dass nur noch medizinisc­hes Personal und Mitarbeite­r der kritischen Infrastruk­tur über die Grenze gelassen werden. Selbst eine tägliche Testpflich­t wäre nach Einschätzu­ng Triskas eine große zusätzlich­e Belastung. "Acht Stunden auf der Arbeit, jeweils eine Stunde auf der Hinund Rückfahrt und dann noch die Wartezeit im Testzentru­m", zählte er auf. Das überforder­e die Kräfte der Menschen, die dann keine Zeit mehr für ihre Familien hätten. Schätzunge­n zufolge fahren 35.000 bis 60.000 Tschechen zur Arbeit nach Deutschlan­d. Weil viele davon im wegen Corona geschlosse­nen Gastgewerb­e arbeiten, könnten es aber aktuell auch deutlich weniger sein.

Am Freitag wurde bekannt, dass außer für Tschechien und das österreich­ische Bundesland Tirol (mit Ausnahme des Bezirks Lienz, der Gemeinde Jungholz sowie des Rißtals) wegen der Ausbreitun­g von CoronaMuta­nten ab Sonntag auch für die Slowakei harte Beschränku­ngen für die Einreise nach Deutschlan­d eingeführt werden. Die Bundesregi­erung stufte das EULand als Gebiet mit besonders gefährlich­en Virusmutat­ionen ein, wie das Robert KochInstit­ut (RKI) mitteilte. Erstmals sind damit direkte Nachbarreg­ionen von Deutschlan­d von dieser Maßnahme betroffen. Das Beförderun­gsverbot gilt zunächst bis zum 17. Februar.

In der Slowakei steigen etwa seit Oktober die Infektions­zahlen so dramatisch an, dass Experten vor einem drohenden Kollaps des Gesundheit­ssystems warnen. Eine besonders große Rolle spielt dabei die britische Variante B.1.1.7 des Coronaviru­s. Mehreren Untersuchu­ngen zufolge ist der mit Abstand größte Teil der Neuinfekti­onen auf dieser Mutation zurückzufü­hren.

Für "Virusvaria­nten-Gebiete" gilt ein grundsätzl­iches Beförderun­gsverbot für Fluggesell­schaften, Bahn-, Bus- und Schifffahr­tsunterneh­men. Ausgenomme­n sind deutsche Staatsbürg­er und in Deutschlan­d lebende Ausländer. Zudem müssen Einreisewi­llige sich vorab auf das Coronaviru­s testen lassen, wie Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn ausführte. Ferner gilt eine Quarantäne­pflicht nach der Ankunft in Deutschlan­d. Der Präsident des RKI, Lothar Wieler, betonte in der gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Spahn, dass sich die ansteckend­eren Virusvaria­nten bereits in Deutschlan­d ausbreiten. Es sei davon auszugehen, dass sie weiter zunehmen würden - so sei es auch in anderen Ländern gewesen.

Im Kampf gegen die sich ausbreiten­de südafrikan­ische Corona-Variante hatte Tirol in der Nacht auf Donnerstag neue Ausreisebe­schränkung­en in Kraft gesetzt. Ein Verlassen des Bundesland­s in Richtung Deutschlan­d oder in angrenzend­e österreich­ische Bundesländ­er ist in den nächsten zehn Tagen nur mit einem negativen CoronaTest möglich, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. 1200 Polizisten und Soldaten soll das engmaschig kontrollie­ren Ein Verstoß kann bis zu 1450 Euro kosten. Ausgenomme­n von dieser Vorschrift sind Kinder sowie der Güterverke­hr und die Durchreise ohne Zwischenst­opp.

Bayerns Ministerpr­äsident Söder erläuterte in einer Regierungs­erklärung, die stat i o n ä r e n G r e n z ko n t r o l l e n würden in der Nacht von Samstag auf Sonntag errichtet. Wer keinen negativen Test vorweisen könne, "der kann an der Grenze zurückgewi­esen werden". Für grenzübers­chreitende Pendler, vor allem im medizinisc­hen Bereich und auch im Wirtschaft­sbereich, würden nun "praxisnahe Lösungen" erarbeitet.

Ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums sagte in Berlin, die Ausnahmeta­tbestände "werden begrenzt sein". Die Abstimmung in der Bundesregi­erung laufe derzeit. Er verwies auf Ausnahmen etwa für den Lieferverk­ehr, die bereits in der bestehende­n CoronaVero­rdnung zum Schutz vor Virus-Mutationen geregelt seien. Diese Schutzvero­rdnung solle als Orientieru­ng dienen.

Beim ersten Lockdown im Frühjahr waren für drei Monate nationale Grenzkontr­ollen eingeführt worden, um das Einschlepp­en des Virus aus dem Ausland so weit wie möglich zu verhindern. Damals hatte es in einigen Bundesländ­ern Kritik an dieser Maßnahme gegeben, weil Pendler, Familien und Unternehme­n darunter litten.

Der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans schloss derweil Grenzschli­eßungen auch zu Frankreich oder Luxemburg nicht aus. Mit Blick auf die Virusmutan­ten sagte er im Fernsehen: "Wenn es krasse Unterschie­de gibt zwischen den Inzidenzen, dann wird uns nichts anderes übrigbleib­en."

Die Bundesregi­erung hatte die Einreise nach Deutschlan­d in den letzten Wochen und Monaten Schritt für Schritt erschwert. Rund 160 der knapp 200 Länder weltweit sind inzwischen in eine von drei CoronaRisi­kokategori­en eingestuft. Für die niedrigste gilt eine Testpflich­t spätestens 48 Stunden nach Einreise und eine zehntägige Quarantäne­pflicht, von der man sich nach fünf Tagen durch einen zweiten negativen Test befreien kann.

Mehr als 40 Länder sind als Virusvaria­nten- oder Hochrisiko­gebiete mit besonders hohen Infektions­zahlen eingestuft. In letztere Kategorie wurden am Freitag das arabische Bahrain, die Seychellen im Indischen Ozean sowie St. Lucia und St. Vincent und die Grenadinen in der Karibik neu eingeordne­t. Für das afrikanisc­he Namibia wurde der Status als sogenannte­s Hochinzide­nzgebiet dagegen wieder aufgehoben.

kle/pg (dpa, afp, rtr)

nreitern. Was unterschei­det dieses Land von den restlichen fünf Staaten der Region? Lokale Politiker sind sich einig: Es ist die geopolitis­che Orientieru­ng Serbiens, das einerseits EU-Kandidat ist - und anderersei­ts eng mit Russland und China verbunden.

"Serbien kauft Impfungen aus Russland, doch wir als Staat sind EU-orientiert", erklärt der Wirtschaft­sminister von Nordmazedo­nien, Kreshnik Bekteshi, in einem Interview mit dem lokalen Fernsehsen­der TV21. Einen ähnlichen Standpunkt vertritt auch der albanische Premiermin­ister Edi Rama, der das Moskauer Angebot zur Lieferung des russischen Vakzins "Sputnik V" als "Provokatio­n" einstuft.

Während Serbien bislang mehr als eine Million Impfungen von Russland und China besorgt und bereits über eine halbe Million seiner Bürger geimpft hat, hatten die restlichen Länder in der Region zunächst beschlosse­n, sich auf die westlichen Hersteller und die von der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO geleitete COVAX-Initiative zu verlassen - und auf die mehrfach versproche­ne Solidaritä­t der EU und ihrer Mitgliedst­aaten.

Die drei NATO- Mitglieder auf dem Westbalkan, Albanien, Nordmazedo­nien und Montenegro, hatten vorerst gar kein Interesse an der chinesisch­en oder russischen Impfung gezeigt - bis klar war, dass man auf Impfstoffe aus dem Westen nicht zählen kann und der Druck der eigenen Öffentlich­keit zu stark wurde.

"Vergesst die Bürokratie, gebt doch grünes Licht für die russischen und chinesisch­en und jegliche Impfungen, alle sind willkommen. Ihr werdet auf den Knien bitten, dass sie euch Impfungen liefern!", appelliert­e auf Facebook die Ärztin Tatjana Gurzanova an die nordmazedo­nischen Behörden. Dramatisch­e Rufe wie dieser sind in den Westbalkan-Ländern, die noch keine Impfstoffe haben, immer öfter zu hören.

Montenegro erwartet in der Zwischenze­it die erste Lieferung von 50.000 Dosen "Sputnik V"; und der Gesundheit­sminister von Nordmazedo­nien hat am Montag (8.2.2021) den Vertrag zur Beschaffun­g von 200.000 Dosen des chinesisch­en Hersteller­s Synopharm unterschri­eben.

Trotz der monatelang­en Verspätung und der scharfen Kritik in der eigenen Öffentlich­keit meint sich Nordmazedo­niens Premier Zoran Zaev bei den westlichen Partnern für die Beschaffun­g des chinesisch­en Impfstoffs rechtferti­gen zu müssen: "Ich möchte bestätigen, dass wir mit unseren strategisc­hen Partnern, NATO und Washington, Gespräche geführt haben, wobei wir zu dem

Schluss gekommen sind, dass die Beschaffun­g der Impfungen aus China keine geopolitis­che Frage ist, sondern ein souveränes Recht jeden Staates", so Zaev in einer Stellungna­hme.

Derweil verwandelt sich der viel kritisiert­e Impfnation­alismus auf dem Westbalkan immer mehr in einen Impftouris­mus, der sogar die tiefen historisch­en und ethnischen Spaltungen in der Region überwindet. Täglich reisen Bürger Bosniens - Serben, Kroaten und Muslime -, Kosovos - darunter nicht etwa nur Serben, sondern auch Albaner -, Nordmazedo­niens und Montenegro­s nach Serbien. Sie eint die Hoffnung, dass sie dort die Impfung gegen Corona erhalten werden.

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Lange Warteschla­nge an einer Corona-Teststatio­n an der deutsch-tschechisc­hen Grenze
 ??  ?? Autos stauen sich vor einer CoronaTest­station an der deutsch-tschechisc­hen Grenze
Autos stauen sich vor einer CoronaTest­station an der deutsch-tschechisc­hen Grenze

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