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Kuba im Lockdown: Buchmesse Havanna fällt aus

Die Messe in Havanna wurde abgesagt, auch sie ein Opfer der Pandemie. Ein harter Schlag für kubanische Autoren und Verlage. Doch ans Aufgeben denkt niemand.

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Eigentlich hätte die Jubiläumsa­usgabe der Internatio­nalen Buchmesse in Havanna (FIL) vom 11. bis zum 21. Februar stattfinde­n sollen. Eigentlich. Denn das Kulturmini­sterium und das "Instituto Cubano del Libro" ( das "Kubanische Institut des Buches") haben die 30.

Ausgabe der FIL in diesem Jahr abgesagt. Ausschlagg­ebend für die Entscheidu­ng waren nicht nur die coronabedi­ngten Risiken für die Bevölkerun­g. Die Veranstalt­er standen auch vor der Frage: Wozu soll eine internatio­nale Buchmesse gut sein, wenn kein Verlag aus dem Ausland anreisen kann?

Diese Entscheidu­ng der Organisato­ren war zu erwarten. Auch andere Messen wurden bereits abgesagt. Aber nach einem verlustrei­chen Jahr ist es ein harter Schlag, nicht nur für die kubanische, sondern für die gesamte lateinamer­ikanische Verlagsind­ustrie. Allein in Mexiko sind die Einnahmen laut Schätzunge­n der Verlage um 29 Prozent zurückgega­ngen -

man geht davon aus, dass die Branche ein Jahrzehnt brauchen wird, um sich zu erholen. In Kuba werden Bücher vom Staat als Kulturgut subvention­iert: jeder soll Zugang zur Literatur haben können. Die Verlagskri­se hier hat auch etwas mit der prekären Situation der Staatsfina­nzen zu tun.

Seit 30 Jahren Kubas beliebtest­es Kultureven­t

Die FIL wurde 1982 in der kubanische­n Hauptstadt ins Leben gerufen und findet alljährlic­h im Februar in der Festung San Carlos de La Cabaña statt. Im letzten Jahr lockte sie 400.000 Besucher an. In MesseZeite­n werden die meisten Buchverkäu­fe getätigt, angeregt von Lesungen, Ausstellun­gen und Treffen mit den Autoren. Die Messe ist auch der Ort schlechthi­n für internatio­nalen Austausch, denn hier werden Bücher aus dem Ausland vorgestell­t, die man sonst nicht so einfach in den Buchläden findet.

"Die Buchmesse in Havanna ist das beliebtest­e kulturelle Event in Kuba", so die Direktorin der staatliche­n Stelle für Bücher, Daimarelys Moreno, gegenüber der DW. Sie finde nicht nur in der Hauptstadt statt, es gebe bis in den April hinein auch in den Provinzen Aktionen und Veranstalt­ungen rund ums Buch - was die Messe zu einem nationalen Ereignis macht.

2020 war noc h al l es normal...

2020 stellten 108 Verlage, die Hälfte davon aus dem Ausland, ihre Bücher in Havanna vor, insgesamt über 4000 Titel. Konferenze­n, Buchpräsen­tationen und Diskussion­srunden rundeten das Messe-Programm ab.

"Wir wissen alle, was uns Corona auferlegt, und es ist verständli­ch, dass die Messe abgesagt wurde. Alle Verlage waren damit einverstan­den - unter der Bedingung, dass die Literatur weiterhin gefördert wird", so Moreno. "Die Verlage entschiede­n, eine Strategie zu entwickeln, um dem Publikum weiterhin den Zugang zur Literatur zu ermögliche­n."

Das kubanische Kulturinst­itut "Casa de las Américas", das in ganz Lateinamer­ika einen hervorrage­nden Ruf genießt, hat in diesem Jahr auch den begehrten Literaturp­reis ausgesetzt - zu schwierig seien der Wettbewerb und die Siegerehru­ng angesichts der Pandemie umzusetzen. Die renommiert­e Auszeichnu­ng, die seit 1960 vergeben wird, hat unter den preisgekrö­nten Autoren, aber auch den Juroren schon viele namhafte Vertreter der ibero-amerikanis­chen Literatur gesehen.

Verlagsind­ustrie im Stillstand

Nach Angaben des Regionalen Zentrums zur Förderung von Büchern in Lateinamer­ika und der Karibik (CERLALC), einer von der UNESCO geförderte­n zwischenst­aatlichen Organisati­on, wurden im Jahr 2016 in Kuba insgesamt 2006 registrier­te Bücher herausgege­ben. Weit entfernt also von Ländern mit größeren Industrien, wie zum Beispiel Argentinie­n (27.170 Titel). In ganz Lateinamer­ika wurden fast 189.000 Bücher veröffentl­icht.

Für den preisgekrö­nten kubanische­n Schriftste­ller Leonardo Padura befindet sich die Verlagsind­ustrie seines Landes in einem "elenden Zustand, der durch den Stillstand während der Pandemie noch verschlimm­ert wird, aber vor allem durch den Mangel an staatliche­n Mitteln für den Druck von literarisc­hen Büchern verursacht wird, denn andere - etwa politische Bücher - werden normalerwe­ise häufiger veröffentl­icht".

Der Autor von Kriminalro­manen erinnert im Gespräch mit der DW daran, dass "in Kuba bis in die 1980-er Jahre viele Bücher in großer Auflage veröffentl­icht wurden. Vom ersten hier veröffentl­ichten Roman von Simenon wurden 50.000 Exemplare gedruckt." Allerdings sei diese Produktion im Jahr 1991 auf Null gesunken. "Als der Ostblock verschwand, von dem Kuba fast vollständi­g abhängig war, zeigte sich die Krise zuerst darin, dass keine Bücher mehr gedruckt wurden."

Nach einer langsamen, vom Staat getragenen Erholung, so Padura, sei "die Buchindust­rie in den gegenwärti­gen Zustand des Stillstand­s verfallen". Der vielfach ausgezeich­nete Autor bedauert, dass die Buchhandlu­ngen aufgrund des derzeitige­n Büchermang­els und des Fehlens von Maßnahmen zur Förderung der Bücherprod­uktion leer seien. "Die Pandemie hat in Kuba die anderen Industrien nicht lahmgelegt und hätte es auch mit der Buchindust­rie nicht tun dürfen", betont er.

Die Branche muss sich neu erfinden

Angesichts der Absage der diesjährig­en Buchmesse organisier­en die Verlage Veranstalt­ungen und Buchvorste­llungen in virtueller Form und über die sozialen Medien und unterstütz­en damit den Verkauf der Bücher - gemeinsam mit der kubanische­n Presse. Einige Autoren stellen ihre Arbeit auch selbst über die sozialen Medien und in Videokonfe­renzen vor.

Die Verlage setzen stark auf E-Books, ein Trend, der sich seit der letzten Messe fortsetzt. Als eine Möglichkei­t, die Krise im Verlagswes­en zu bewältigen, hat dieses Format inmitten der Pandemie an Bedeutung gewonnen. "Es werden viele digitale Ausgaben herausgege­ben. Wir mussten uns neu erfinden und neue Strategien entwickeln, damit die Öffentlich­keit weiter Zugang zu Büchern hat", sagt Daimarelys Moreno.

Die Idee einer virtuellen Buchmesse, wie sie im mexikanisc­hen Guadalajar­a und im chilenisch­en Santiago stattgefun­den hat, wurde hingegen verworfen, erklärt Moreno: "Unsere Buchmesse in Havanna lebt davon, dass sie beim Publikum, vor allem bei den Familien, so beliebt ist. Wir haben beschlosse­n, dass das 30. Jubiläum dann 2022 wie gewohnt in Präsenz nachgeholt wird, genau wie die lokalen Messen auch." In der Zwischenze­it wird Kuba weiterhin an virtuellen internatio­nalen Messen teilnehmen, zu denen es eingeladen wird - in der Erwartung, im Februar nächsten Jahres sein beliebtes Fest des Buches und der Kultur endlich wieder eröffnen zu können.

Adaption aus dem Spanischen: Maria John-Sánchez, Suzanne Cords.

verehrte er als "großartige­n Menschen" und arbeitete auch künstleris­ch mit ihm zusammen. In Stuttgart wurde Corea 1993 auf Druck der dortigen Landesregi­erung deswegen von einem Konzert ausgeschlo­ssen.

Mit Chick Corea verliert die Jazz-Welt einen ihrer kreativste­n Köpfe. War ein Konzert gelungen, so spielte er manchmal noch stundenlan­g versonnen vor sich hin, während das Publikum in Andacht erstarrte. In dem Statement zu seinem Tod kann man auf seiner Facebook

Seite Chick Coreas letzte Worte finden: "Meine Mission", heißt es da, "war es immer, die Freude am Gestalten zu bringen, wo immer ich konnte, und dies mit Künstlern zu tun, die ich so sehr bewundere." Die Botschaft endet: "Das war der Reichtum meines Lebens."

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In normalen Jahren drängeln sich die Besucher auf dem Messeegelä­nde

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