Deutsche Welle (German edition)

Druck auf Deutschlan­d wegen Grenzkontr­ollen wächst

Gleich von mehreren Seiten hagelt es Kritik am Vorgehen der Bundesregi­erung. Die spricht von einem "absoluten Ausnahmefa­ll" mit Blick auf die Corona-Mutanten.

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Die EU-Kommission hat ihr Missfallen an den deutschen Grenzkontr­ollen und Einreiseve­rboten im Zuge der Corona-Pandemie bekräftigt. Ein Sprecher betonte, die jüngsten Empfehlung­en seien sehr deutlich - sie sollten der Kompass aller EU-Länder sein. Andernfall­s drohten eine Zersplitte­rung und Störungen der Freizügigk­eit. "Wir erwarten von allen Mitgliedst­aaten, dass sie diesem abgestimmt­en Ansatz folgen."

Von nicht- notwendige­n Reisen aus Gebieten mit hohen Infektions­zahlen sei zwar dringend abzuraten. Grenzschli­eßungen oder pauschale Einreiseve­rboten sollten jedoch vermieden werden. Die EUKommissi­on werde ihre Linie in einem Brief an alle Mitgliedsl­änder nochmals unterstrei­chen.

Auch Jutta Paulus, deutsche Europaabge­ordnete der Grünen, übte Kritik. Im Gespräch mit der DW sagte sie, es hätte eine frühere europaweit­e Strategie geben müssen, um die zunehmende­n Coronafäll­e zu bewältigen, ohne die Grenzen zwischen den EU-Mitgliedst­aaten zu schließen. Der Europäisch­e Rat müsse bei seinem Treffen kommende Woche über eine solche Strategie sprechen.

"Kontrollen - keine Schließung­en"

Wie die Bundespoli­zei in

Potsdam mitteilte, wurden an den Grenzen zu Österreich und Tschechien binnen 30 Stunden fast 5000 Menschen zurückgewi­esen. Das entspreche etwa einem Drittel aller Kontrollie­rten.

Bundesinne­nminister Horst Seehofer hält die Kontrollen im Herzen Europas nach den Worten eines Sprechers für den "absoluten Ausnahmefa­ll". Sie seien notwendig, um das Gesundheit­swesen nicht zu überlasten. Auch der Sprecher von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Steffen Seibert, verteidigt­e das Vorgehen. Es gehe um zeitweilig­e Grenzkontr­ollen, "nicht um Grenzschli­eßungen".

Aus Österreich war zuvor neuer Protest laut geworden. In einem "konstrukti­ven Gespräch" habe man den deutschen Botschafte­r Ralf Beste darauf hingewiese­n, dass die "extrem strengen" Maßnahmen "unverhältn­ismäßig" seien, hieß es aus dem Außenminis­terium in Wien.

Die Kontrollen hatten erhebliche Auswirkung­en auf die Verkehrsla­ge. Vor allem an den deutsch- tschechisc­hen Autobahn-Grenzüberg­ängen bildeten sich kilometerl­ange LastwagenS­taus.

Verlängeru­ng wahrschein­lich

Wegen der Ausbreitun­g neuer Virusvaria­nten gelten seit Sonntag Einreiseve­rbote in Deutschlan­d aus Tschechien und weiten Teilen des österreich­ischen Bundesland­es Tirol. Im Prinzip werden nur noch deutsche Staatsbürg­er durchgelas­sen sowie Menschen, die hierzuland­e ihren Wohnsitz haben. Für grenzübers­chreitende­n Pendlerver­kehr gibt es - ebenso wie für LKW-Fahrer - Sonderrege­ln.

Vom Beförderun­gsverbot sind aber auch Staaten betroffen, die keine direkte Grenze mit Deutschlan­d haben, etwa Großbritan­nien und Portugal. Fluggesell­schaften, Busunterne­hmer und die Bahn dürfen niemanden von dort, der nicht unter die Ausnahmen fällt, in die Bundesrepu­blik bringen. Nach Angaben aus Regierungs­kreisen wird die Verordnung, die zunächst bis Mittwoch gilt, vermutlich verlängert.

Unterdesse­n wächst in Frankreich die Sorge, dass auch an den gemeinsame­n Grenzen mit den Bundesländ­ern BadenWürtt­emberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland verschärft­e Kontrollen eingeführt werden könnten. Im Radiosende­r France Inter sagte Europa- Staatssekr­etär Clément Beaune, er stehe mit den Ministerpr­äsidenten auf deutscher Seite im Gespräch, "damit es keine bösen Überraschu­ngen gibt". Es dürften keine Entscheidu­ngen fallen, die nicht abgestimmt seien. Im französisc­hen Départemen­t Moselle waren in den vergangene­n Tagen mehr als 300 Infektione­n mit der südafrikan­ischen Variante des Coronaviru­s nachgewies­en worden, die als besonders ansteckend gilt.

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Seit Sonntag gelten Einreiseve­rbote für sogenannte Virusvaria­nten-Gebiete
 ??  ?? Intensive Kontrollen: Checkpoint an der Grenze zwischen Tschechien und Deutschlan­d nahe Marienberg
Intensive Kontrollen: Checkpoint an der Grenze zwischen Tschechien und Deutschlan­d nahe Marienberg

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