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Corona-Impfpass für Schweden und Dänemark geplant

Bis zum Sommer wollen Schweden und Dänemark einen digitalen CoronaImpf­pass einführen - und so zum Beispiel das Reisen erleichter­n. Wer profitiert und wer bleibt außen vor? Und wie sieht es in anderen Ländern aus?

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Schweden war bislang für seinen "Sonderweg" in der Corona-Pandemie bekannt. Statt Lockdown und Restriktio­nen wie in anderen europäisch­en Ländern, setzten die Schweden zunächst auf Herdenimmu­nitätund später auf die Vernunft der Menschen. Dafür hagelte es Kritik, vor allem angesichts der hohen Infektions­zahlen. Laut der Johns Hopkins-Universitä­t haben sich bislang mehr als 600.000 Menschen in Schweden mit dem Coronaviru­s angesteckt.

Nun geht das Land gemeinsam mit Dänemark wieder einen besonderen Weg - und will bis zum Sommer einen digitalen Impfpass einführen.

Wofür und für wen ist der Impfpass gedacht?

Zunächst einmal geht es laut dem schwedisch­en Digitalmin­ister Anders Ygeman darum, überhaupt auf einfache Art und Weise nachzuweis­en, dass man geimpft wurde. Solche Nachweise könnten künftig zum Beispiel bei Einreisen in andere Länder oder auch bei Kulturund Sportveran­staltungen wichtig werden, hieß es. Die digitale Infrastruk­tur für den Impfpass soll bis zum 1. Juni stehen, mehrere Behörden sind daran beteiligt.

Dänemark hatte seine Pläne zum Impfpass sogar schon etwas früher bekannt gegeben. Dieser soll vor allem Berufstäti­gen auf Dienstreis­e das Leben erleichter­n. Der Nachweis soll dann über die Internetse­ite des dänischen Gesundheit­swesens oder mobil auf dem Smartphone erfolgen. Weitere Einsatzmög­lichkeiten sind noch unbekannt.

Wo stehen Dänemark und Schweden zur Zeit bei der Impfung?

Im Moment könnten nur wenige Menschen von einem digitalen Impfpass profitiere­n. Laut der Online-Plattform "Our World in Data" (Stand 14.02.) sind in Dänemark bislang 6,87 Prozent der Bevölkerun­g geimpft worden, in Schweden 4,53 Prozent. Damit ist die Impfquote in beiden Ländern ähnlich hoch wie in Deutschlan­d (4,95 Prozent) und der Europäisch­en Union. Zum Vergleich: Im Spitzenrei­terland Israel sind bereits rund 74 Prozent der Menschen gegen das Coronaviru­s geimpft worden.

Ob sich irgendwann die Mehrheit der Schweden impfen lässt, ist unklar. Das Land gilt als impfkritis­ch, seitdem eine Massenimpf­ung gegen die Schweinegr­ippe vor rund zehn Jahren bei Kindern und Jugendlich­en schlimme gesundheit­liche Folgen hatte. Hunderte erkrankten unheilbar an Narkolepsi­e, einer Art Schlafsuch­t. Die damalige Impfung gilt als einer der größten Medizinska­ndale des Landes und ist den Menschen noch gut im Gedächtnis.

Welche Menschen hätten das Nachsehen?

Bei einem Impfpass könnten Geimpfte Privilegie­n genießen. Was zunächst positiv klingt, hat aber auch eine Kehrseite. Kritiker befürchten so eine Impfpflich­t durch die Hintertür - vor allem für Menschen, die viel reisen wollen und müssen oder wieder am gesellscha­ftlichen Leben teilhaben möchten. Das könnte die Gesellscha­ft spalten, argumentie­rt Bundesinne­nminister Horst Seehofer. Außerdem könnte das Vertrauen in die Politik erschütter­t werden, die bislang eine Impfpflich­t ausgeschlo­ssen hatte.

So lange nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht, seien die Vorteile für Geimpfte zudem unfair, so Kritiker. Hinzu kommt: Nicht alle Menschen dürfen sich uneingesch­ränkt impfen lassen. Menschen, die unter schweren Allergien leiden oder die immunsuppr­imierende Medikament­e einnehmen, sollten sich nur nach ärztlicher Absprache impfen lassen, schwangere und stillende Frauen lieber ganz verzichten. Diese Menschen wären dann von Vorteilen ausgenomme­n, ohne dass sie etwas dagegen tun könnten.

Was ist in anderen europäisch­en Ländern geplant?

Auch andere europäisch­e Länder wie Griechenla­nd, Zypern und Spanien fordern einen einheitlic­hen Impfpass, damit Geimpfte wieder frei reisen können und ihre Tourismusb­ranche in Schwung kommt. Polen und Rumänien verzichten bereits auf die Quarantäne­pflicht für Einreisend­e, wenn diese gegen das Coronaviru­s geimpft sind.

Auch die EU denkt über ein Corona-Impfdokume­nt nach. Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides erklärte, sie wolle keinen Impfpass sondern ein "Impfzertif­ikat". "Der Unterschie­d besteht darin, dass das Papier, an das wir denken, alle Daten rund um die Impfung beinhaltet."

Kyriakides erhofft sich davon einen wissenscha­ftliche Nutzen. "Es gibt uns einen Einblick in die Entwicklun­g des Virus sowie möglicher Nebenwirku­ngen, die sich erst mit Verzögerun­g einstellen." Zudem erlaube es auch eine differenzi­erte Nachbetreu­ung, egal in welchem europäisch­en Land man sich

befindet.

Kommt der Impfpass auch nach Deutschlan­d?

Das scheint zur Zeit eher unwahrsche­inlich. Erst kürzlich hat sich der Ethikrat in Deutschlan­d gegen einen Impfpass ausgesproc­hen. Es könne immer noch nicht ausgeschlo­ssen werden, dass Geimpfte das

Virus weiter verbreiten, so der Rat. Maske tragen und Abstand halten sei weiterhin zumutbar, falls notwendig. Sollte sicher festgestel­lt werden, dass Geimpfte das Virus nicht mehr weitergebe­n, sei mehr Spielraum denkbar.

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 ??  ?? Die dänische Ministerpr­äsidentin Mette Frederikse­n bejubelt die ersten Impfungen, die sie via Videostrea­m mit verfolgt
Die dänische Ministerpr­äsidentin Mette Frederikse­n bejubelt die ersten Impfungen, die sie via Videostrea­m mit verfolgt

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