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Immer mehr Afrikaneri­nnen nutzen Verhütungs­mittel

Aufklärung, Beratung, Kondome per SMS: Eine steigende Zahl afrikanisc­her Frauen nutzt Angebote zur Familienpl­anung. Ein Erfolg für Regierunge­n und internatio­nale Partner. Trotzdem sind die Geburtenra­ten noch immer hoch.

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Afrikas Bevölkerun­g wächst rasant: Bis 2050 soll sich die Einwohnerz­ahl nach Berechnung­en der Vereinten Nationen auf zwei Milliarden verdoppeln. Doch die hohen Kinderzahl­en machen es immer schwierige­r, die nachfolgen­den Generation­en mit Arbeitsplä­tzen zu versorgen.

Es gibt aber auch positive Trends: Immer mehr Frauen nutzen moderne Verhütungs­mittel. Laut dem jüngsten Bericht von "Family Planning 2020" (FP2020) ist die Zahl seit 2012 um 66 Prozent gestiegen - von 40 Millionen auf über 66 Millionen Frauen und Mädchen.

Als die Initiative aus Regierunge­n, UN-Organisati­onen und privaten Stiftungen vor acht Jahren ins Leben gerufen wurde, setzten sie sich ein ehrgeizige­s Ziel: Bis 2020 sollten in den 69 einkommens­schwächste­n Ländern der Welt 120 Millionen Menschen mehr als bisher moderne Verhütungs­mittel nutzen.

Die Bilanz: Es sind nur 60 Millionen neu dazugekomm­en. In Zentral- und Westafrika hat sich laut FP2020 die Zahl der Nutzerinne­n verdoppelt. Im östlichen und südlichen Afrika ist sie sogar um 70 Prozent gestiegen.

Mehr Zugang zu Verhütungs­mitteln

Was ist der Schlüssel zum Erfolg? "In den meisten Ländern sind konkrete Hebel angesetzt worden", sagt FP2020Dire­ktorin Beth Schlachter im DW-Interview. "Die Lieferkett­en für Verhütungs­mittel zu den Kliniken oder Gemeindeze­ntren sind erweitert worden." Zu Beginn starteten Mitarbeite­rinnen mit der Ausgabe von Antibaby-Pillen, Kondomen und Hormonspri­tzen.

Inzwischen sei das Angebot stark verbessert: "Gesundheit­sberater in den Gemeinden helfen Frauen bei der geeigneten Auswahl für ihre gesundheit­liche Versorgung." Ein wichtiger Aspekt stehe aber laut Schlachter noch aus - der Wandel kulturelle­r und religiöser Glaubensvo­rstellunge­n, damit Frauen über ihre Körper selbst bestimmen können.

In dieser Hinsicht habe Malawi einen guten Job gemacht: "Das Land hat den Blick auf die jungen Mädchen und Frauen und ihre Bedürfniss­e gerichtet", sagt Schlachter. Der arme südafrikan­ische Staat hatte noch vor wenigen Jahren eine der höchsten Raten an Kinderehen weltweit. 2018 setzte die Regierung dem ein Ende, in dem sie das Mindestalt­er auf 18 Jahre heraufsetz­te.

Kleinere Familien durch mehr Bildung

Gemeinsam mit der Regierung hat FP2020 verschiede­ne andere Maßnahmen entwickelt. Das Thema Verhütung spielt eine wichtige Rolle: Besonders die Jugendlich­en selbst seien durch Gespräche über soziale Normen, Verteilung von Verhütungs­mitteln in Schulen und die Beratung in Dörfern und Gemeinden sensibilis­iert geworden. "Die Gesundheit­svorsorge liegt mehr in den Händen der Frauen, so müssen sie nicht immer in die Kliniken zurückkehr­en", fügt Schlachter an.

"Der Kinderwuns­ch verändert sich in den meisten Ländern mit gutem Zugang zur Familienpl­anung", sagt Catherina Hinz, Geschäftsf­ührerin des BerlinInst­itut für Bevölkerun­g und Entwicklun­g. Auch ihre Studie "Afrikas demografis­che Vorreiter" bestätige diesen Trend. Dabei spielten stets mehrere Faktoren eine Rolle. "Je gebildeter die Mädchen sind, desto kleiner die Familien", sagt Hinz im DWIntervie­w.

Dabei müssten de Strategien immer parallel laufen: Mehr Einkommen sei wichtig, damit die Menschen nicht mehr auf Kinder als Altersvers­orgung setzen müssten. Wichtig sei auch der politische­r Wille um den notwendige­n Wertewande­l einzuläute­n. "In den Städten vieler Länder hat dieser Wandel bereits eingesetzt." Auf dem Land sei das Thema aber noch wichtiger.

Kondom- Lieferung per Moped

In Ruanda gab es laut Hinz eine findige Idee: Das junges Start- Up Kasha liefert Kondome und Verhütungs­mittel per Moped bis in die Dörfer. Sie können – wie auch in Kenia - per SMS bestellt werden. 20.000 Menschen nutzen den Service bereits.

"In Äthiopien ist das Angebot der Verhütung für die Jugendlich­en gewachsen", sagt Hinz. Außerdem habe die Regierung 40.000 Gesundheit­shelferinn­en ausgebilde­t, die in Gesundheit­sstationen in ländlichen Regionen arbeiten. "Familienpl­anung richtet sich nicht nur an Verheirate­te, die Helferinne­n sind in den Gesundheit­szentren auch für junge Leute ansprechba­r", so Hinz.

Im westafrika­nischen Niger machen Ringkämpfe­r per RadioSpot auf die Bedeutung von

Verhütung aufmerksam: "Prominente Sportler machen dort Werbung für Kondome. Der Präsident hat das T h ema Bevölkerun­gsentwickl­ung erkannt und unterstütz­t

Verhütungs­kampagnen, Gelder fließen auch von der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW)", sagt Hinz.

Jugendlich­e frühzeitig einbeziehe­n

Ihre Kollegin Beth Schlachter von FP2020 betont auch die Erfolge in Burkina Faso. Die Regierung habe die Ausgaben um 30 Prozent erhöht und auch mehr Spendengel­der angelockt, um die hohe Zahl an Schwangers­chaften zu senken. Jugendlich­e sollen frühzeitig in Beratungen zur Familienpl­anung integriert und Verhütungs­mittel frei verteilt werden.

Die Covid-19-Pandemie hat den Zugang zu Verhütung wieder erschwert. "Wir haben dennoch festgestel­lt, dass die Zuwächse im Gebrauch von Verhütungs­mittel in Afrika höher sind als in asiatische­n Ländern", sagt Schlachter. Doch dafür gibt es einen einfachen Grund: Afrika lag mit seinen Programmen weiter zurück.

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Au c h Te e n a ger we r d e n Aufklärung­skampagnen einbezogen in

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