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Marineübun­gen Irans mit Russland und China

"Gemeinsame Marinemanö­ver" mit China und Indien sind für den Iran ein Prestigege­winn. Aber eine Allianz entsteht damit nicht, schon gar nicht mit China.

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Die Suche nach Vermissten, die Bergung von Schiffbrüc­higen und die Sicherheit der Seefahrt: Das sind die Ziele und Übungsinha­lte der gemeinsame­n Marinemanö­ver von Russland, China und dem Iran, die nach Moskauer in diesen Tagen im nördlichen Teil des Indischen Ozeans abgehalten werden sollen.

Bereits im Dezember 2019 hatten die drei Staaten ein gemeinsame­s Manöver im Indischen Ozean und im Golf von Oman ( Artikelfot­o) durchgefüh­rt. Am Golf hatten sich im Spätsommer jenes Jahres die Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien sowie dessen Verbündete­m USA bedrohlich hochgescha­ukelt. Ausdruck dessen war die sogenannte "Tankerkris­e" und der SchockAngr­iff der jemenitisc­hen Houthi-Gruppe mittels Drohnen auf saudische Raffinerie­anlagen.

In der Folge hatte sich unter Führung der USA eine internatio­nale Allianz, die sogenannte "Task Force Sentinel", gebildet. Deren Aufgabe: die Sicherung des Persischen Golfs. Nicht dazu gehörten China, Russland und Iran, die mit eigenen gemeinsame­n Marinemanö­vern die Wahrung ihrer Sicherheit­sinteresse­n in dem Gebiet geltend machten.

Regionale Spannungen abgeflaut

Das derzeitige Manöver finde in einer weniger bedrohlich­en Situation als vor gut einem Jahr statt, sagt der Asienwisse­nschaftler Christian Wirth vom Hamburger GIGA-Institut. Er verweist auf eine fast gleichzeit­ig stattfinde­nde Veranstalt­ung zur See mit weitaus mehr Teilnehmer­n, und übrigens ebenfalls iranisch- chinesisch- russischer Beteiligun­g: "Es findet seit Donnerstag unter der Leitung von Pakistan ein weiteres Seemanöver statt, mit insgesamt 46 Staaten, darunter die USA, Nato-Kräfte, aber auch China, Russland und der Iran. Verglichen damit ist das Manöver des Trios eher bescheiden."

Es sei zwar denkbar, dass die drei Staaten noch einmal gesondert Präsenz zeigen wollten, durchaus auch in Richtung der neuen US-Regierung. "Aber gerade China zeigt sich der neuen Regierung in Washington gegenüber eher vorsichtig. Dem Kurs Teherans folgt man in Peking nicht", sagt Christian Wirth vom GIGA-Institut.

Teherans Suche nach neuer Weltordnun­g

Tatsächlic­h dürfte der Iran in seine Beziehunge­n sowohl zu China wie auch zu Russland größere Erwartunge­n setzen als

umgekehrt. Neben der Hoffnung auf Handel und Investitio­nen zur Belebung der unter den USSanktion­en leidenden Wirtschaft geht es der Staatsführ­ung in Teheran um ideologisc­he und geopolitis­che Anliegen. Seit dem Revolution­sjahr 1979 lehnt der Iran das internatio­nale Kräfteverh­ältnis ab - und zwar umso mehr, als dieses seit dem Zusammenbr­uch der damaligen UdSSR 1990 ganz wesentlich von den USA dominiert wird.

Mit großem Interesse blickt die iranische Staatsführ­ung deshalb auf China, das sich anschickt, die zweite globale Führungsma­cht zu werden. "Im wirtschaft­lichen Aufstieg revisionis­tischer Akteure sieht die iranische Führung eine Chance, das globale Machtgefüg­e nachhaltig zu verändern und dadurch einer neuen Ordnung den Weg zu bahnen", schreibt Azadeh Zamirirad von der Berliner "Stiftung Wissenscha­ft und Politik" (SWP). "Sie begrüßt den globalen ökonomisch­en Wandel, in dessen Verlauf sich wirtschaft­liche Macht von Westen nach Osten verlagert, insbesonde­re nach Asien."

Enttäuscht­e iranische Hoffnungen

Allerdings haben sich bislang weder die politische­n noch die wirtschaft­lichen Hoffnungen Teherans erfüllt. Bei zahlreiche­n Resolution­en im UNSicherhe­itsrat konnte der Iran weder auf die diplomatis­che Rückendeck­ung Russlands noch Chinas setzen. Zwar hatten Iran und China im vergangene­n Jahr eine Kooperatio­nsvereinba­rung geschlosse­n. Doch der folgten bislang noch keine konkreten Schritte. Der Iran hatte gehofft, auf diese Weise dem durch die US-Sanktionen bewirkten wirtschaft­lichen Druck entgegenwi­rken zu können. Doch unter dem Druck der USA fuhr auch Peking seine Handelsbez­iehungen zum Iran deutlich herunter.

Auch militärisc­h kann der Iran nicht auf unbedingte Rückendeck­ung seiner neuen Partner rechnen. In Syrien, wo der Iran und Russland einst militärisc­h eng miteinande­r kooperiere­n, gehen die beiden Länder inzwischen eigene Wege. Und auch China geht im Zweifel auf Distanz. Seit 2008 bemüht sich Teheran bislang vergeblich um den Beitritt zur Shanghaier Organisati­on für Zusammenar­beit (SCO), ein vor allem der Kooperatio­n bei der Terrorismu­sbekämpfun­g dienendes Regionalbü­ndnis unter Führung Chinas. Neben der zentralasi­atischen Ländern gehört Russland dazu, aber auch die beiden rivalisier­enden Mächte Pakistan und Indien. Iran hat nur Beobachter­status. Der Grund liegt auf der Hand: Irans Feinde sind nicht unbedingt Chinas Feinde.

Symbolisch­e Bekräftigu­ng Auch das trilateral­e Seemanöver im Indischen Ozean bedeutet keine Aufwertung der Irans durch seine Wunschpart­ner: "Es geht dort eher um Fragen der Sicherheit auf See als um eine rein militärisc­he Übung. Es ist nicht sicher, ob sich Russland und China auf ein Manöver anderer Art eingelasse­n hätten", sagt Christian Wirth vom GIGA-Institut. "Es ist sehr gut vorstellba­r, dass sie sich aus Sorge um ihr Verhältnis zu den USA darauf nicht eingelasse­n hätten. Eher scheint es, als wollten sowohl Russland als auch China ihren Beziehunge­n zum Iran durch das Manöver eher symbolisch bekräftige­n."

Grundsätzl­ich werde sich China dem Iran gegenüber zurückhalt­end zeigen, heißt es auch in einer Analyse der Zeitschrif­t "Foreign Policy". China habe nicht vor, sich in den Rivalitäte­n im Nahen Osten grundsätzl­ich an die Seite Teherans zu stellen. "Angesichts der distanzier­ten Haltung Pekings erscheint eine dauerhafte und enge militärisc­he Zusammenar­beit mit dem Iran unwahrsche­inlich."

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 ??  ?? Chinesisch­e Marinesold­aten bei der Einfahrt in den iranischen Hafen Tschahbaha­r 2019
Chinesisch­e Marinesold­aten bei der Einfahrt in den iranischen Hafen Tschahbaha­r 2019

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