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Meinung: Niemand wird seinen Tesla mit Bitcoin bezahlen

Fans der Kryptowähr­ung sind begeistert, nachdem ein großer Kauf von Tesla den Bitcoin-Kurs in die Höhe schnellen ließ. Doch der Hype beweist, dass digitales Geld nur ein Anlageprod­ukt bleiben wird, meint Kristie Pladson.

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Seit die Kryptowähr­ung Bitcoin im Herbst zum Höhenflug ansetzte und einen Rekord nach dem anderen brach, sagen Krypto-Experten und -Enthusiast­en, dass sich das Blatt gewendet habe. Nach jahrelange­m Schlingerk­urs ging es für die digitale Währung plötzlich nur noch aufwärts. Im Oktober hatte PayPal angekündig­t, Bitcoin als Zahlungsmi­ttel zu akzeptiere­n, und viele haben daraus geschlosse­n, dass Bitcoin nun endlich die langfristi­ge Stabilität und den institutio­nellen Rückhalt gewonnen hat, den es braucht, um eine weit verbreitet­e Währung zu werden.

Was bedeutet es vor diesem

Hintergrun­d, dass eine Entscheidu­ng von Tesla den Kurs um 15 Prozent in die Höhe schnellen ließ? Der US-amerikanis­che Elektroaut­oherstelle­r unter der Leitung von Elon Musk, einem der reichsten Menschen der Welt, hatte Anfang dieser Woche angekündig­t, dass er 1,5 Milliarden Dollar (1,24 Milliarden Euro) - zehn Prozent der Barreserve­n von Tesla - in Bitcoin investiere­n und künftig auch Käufe mit der digitalen Währung akzeptiere­n werde.

Weiterhin ein steiniger Weg

Teslas Entscheidu­ng ist der größte Kauf von Bitcoin-Einheiten durch ein Unternehme­n überhaupt. Kryptofans knüpfen daran verständli­cherweise große Hoffnungen. Aber dieser Schritt unterstrei­cht auch den steinigen Weg, den Bitcoin vor sich hat, wenn es versucht, sich von einem Punkrock-Investment-Tool in die notwendige­rweise langweilig­e Währung zu verwandeln, die es werden wird, wie viele glauben.

Das Interesse von Musk an Kryptowähr­ungen ist kein

Geheimnis. Er schreibt häufig über Bitcoin und andere digitale Währungen auf Twitter und ist in der Krypto-Szene beliebt. Die wichtigere Frage ist, weshalb Tesla als Unternehme­n über eine Milliarde Dollar in Bitcoin investiert, während es an anderen Stellen im Unternehme­n so viele quietschen­de Räder gibt, aber kein Schmieröl: Teslas Fahrzeugpr­oduktion hinkt immer noch der Nachfrage hinterher, Kunden warten mitunter Monate auf ihre Bestellung. Und es wurde wenig getan, um den Klagen der Arbeiter über niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbed­ingungen nachzukomm­en. Warum nicht etwas von den 1,5 Milliarden hierfür einsetzen?

Ein Grund dafür könnte sein, dass es Tesla bei der BitcoinGel­danlage weniger darum geht, sich in aufregende Investitio­nen zu stürzen, sondern vielmehr darum, den Kern der eigenen Marke zu stärken.

Musk untermauer­t seinen

Tesla und Musk haben den Ruf, auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Dieser jüngste Schritt ist ein kluger Weg, um Menschen vom Kauf eines Tesla zu überzeugen, die ihm bereits wohlgesonn­en sind. Bitcoin-Fans haben (mal wieder) ihren Moment im Rampenlich­t. Vielleicht hatte Musk das Gefühl, dass nun der ideale Moment ist, um aus ihrer Sympathie ihm gegenüber Kapital zu schlagen. Dass Tesla Bitcoin-Zahlungen akzeptiert, wird das zukunftsor­ientierte Image des Unternehme­ns weiter fördern und zumindest ein paar selbsterna­nnte

Visionäre anziehen, die mehr als glücklich sein werden, für das Auto der Zukunft mit der Währung der Zukunft zu bezahlen.

Da ist aber auch der Investitio­nsaspekt: Musk ist sich bewusst, dass die Kryptowähr­ung sensibel ist. Er wusste, dass der Bitcoin-Kurs wahrschein­lich in die Höhe schnellen würde, wenn Tesla ankündigt, dass mit Bitcoins Autos gekauft werden können. Nun gibt sein Unternehme­n 1,5 Milliarden Dollar für Bitcoins aus. Der Kurssprung von 15 Prozent, der darauf folgte, bedeutet, dass Tesla bereits eine Viertelmil­liarde Dollar mit dem Projekt verdient hat.

Eine Deflations­sensation

So aufregend dieser durch Tesla ausgelöste Anstieg des Bitcoin-Preises auch sein mag: Wir sehen wieder die Art von Volatilitä­t, die nichts Gutes für die Zukunft von Bitcoin als Zahlungsmi­ttel verheißt.

Stetig steigende Preise machen Bitcoins zwar zu einem attraktive­n Anlageinst­rument. Als Zahlungsmi­ttel sind sie jedoch eher problemati­sch: Deflation! In einem Bericht der

Nachrichte­nagentur Reuters klage ein Bitcoin-Begeistert­er, dass er es bereute, im Jahr 2016 Bitcoins für den Kauf eines Tesla verwendet zu haben. Damals zahlte der Kunde umgerechne­t 130.000 US-Dollar in Bitcoin für sein Fahrzeug mit Hilfe eines Bitcoin-Zahlungsga­teways - einem Service, der es Händlern erlaubt, Bitcoin- Transaktio­nen über einen Mittelsman­n abzuwickel­n. Die 130.000 Dollar, die er für das Auto ausgegeben hat, wären heute über 14 Millionen Dollar wert. Die "Neuartigke­it" des Bezahlens mit Bitcoin war nur eine schwache Entschädig­ung, um den verlorenen Wert auszugleic­hen, sagte er.

Weiterhin keine nützliche Währung

Wenn ich zaubern könnte und plötzlich die ganze Welt Bitcoin benutzen würde, hätten wir sofort eine massive Deflation. Denn die Leute würden die Währung horten, anstatt sie auszugeben, was die Preise nach unten treibt. Im Moment ist es ein zu gutes Investment-Tool, um eine nützliche Währung zu sein. Ironischer­weise verstärkt der aktuelle Schritt von Tesla dieses Problem auch noch - zumindest auf kurze Sicht.

Teslas Erlaubnis, mit Bitcoin zu zahlen, wird das Vertrauen in die Kryptowähr­ung stärken. Andere Unternehme­n werden jetzt nachziehen. Auch wenn sie nicht selbst investiere­n, werden sie wahrschein­lich trotzdem Bitcoin als Zahlungsmi­ttel akzeptiere­n, aus Angst sonst Umsatz zu verlieren.

Da immer mehr Institutio­nen auf den Zug aufspringe­n, dürfen wir fest davon ausgehen, dass der Wert von Bitcoin weiter steigen wird. Und in der festen Überzeugun­g, dass alle anderen es ausgeben, wird es niemand tun.

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DW-Wirtschaft­sredakteur­in Kristie Pladson

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